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Sketch des Monats: Die Hilfskräfte

Wußten Sie schon, daß in der Pfarrkirche Maria-Hilf in Wundersdorf eine bedeutende historische Orgel steht? Oh ja! Vermutlich sogar ein Instrument von Johann Simon Buchholz (*1758, Schloßvippach [!!], +1825, Berlin)! Daher ist die Orgel auch einbezogen in die entsprechenden Studiengänge des Instituts für Alte Musik und des Bereichs Tasteninstrumente an der Universität der Künste in Berlin.

Warum wir trotzdem schneller als erwartet wieder einmal auf die Umgebung von Wundersdorf blicken? Lassen Sie sich überraschen…

Die Hilfskräfte

Ein Sketchlet für fünf Schafe und beliebig viele Schafstatisten

 

(Auf der uns schon aus dem Advent bekannten Weide vor den Toren von Wundersdorf grasen die Schäfchen friedlich vor sich hin und denken sich weiter nichts. Da kommt ein offener Pritschenwagen den Feldweg entlanggetuckert und hält mit quietschenden Bremsen. Laut singend und jubilierend springen Wolle, Flocke und Kohle von der Ladefläche und gesellen sich zurück zu ihrer Herde.)

Wolle: Eh- he – he – heeeee …

Flocke (im Quintabstand folgend): …. Eh- he – he – heee …

Kohle (in der Baßlinie): … Eh- he – he – heeeere! Eeeeeeeeeeeeeeee ….

Wolle: Ehre sei Gott!

Flocke: Eeeeeeehre! Eeeeeeehre!

Kohle: Gott in der Höhe!

Wolle: Goooooooooo ….

Flocke: Gott in der Hööööööööööööööööö …

Kohle: Gott in der Höh’ sei Ehr!

(Die Schafe werden aufmerksam und traben auf die drei Neuankömmlinge zu. Nur Krutzi bleibt abseits stehen und versucht, die drei nicht zu beachten.)

Blütenweiß: Was singt ihr denn da Schönes?

Kohle: Das ist eine Doppelfuge …

Wolle: … aus der Markuspassion …

Flocke: … von Dietrich Ixtebude.

Blütenweiß (zieht eine Augenbraue hoch): Kann eigentlich nicht sein …

Grauchen: … In einer Passion kommt normal kein Gloria vor.

Wolle: Äh …

Flocke: … hier kannst du aber auch nicht mal so einfach …

Kohle: Ihr kennt euch verdammt gut aus!

Wolle (anerkennend): Durch die Bank fit im Kopf, die Wundersdorfer Schäfchen!

Blütenweiß: Tja!

Flocke: Also, ich glaube, am Schluß hat er noch was anderes geübt …

Kohle: … bestimmt dann schon für Ostern …

Wolle: Eh- he – he – heeee …

Flocke: Jetzt is’ gut!

Blütenweiß: Warum seid ihr noch mal in der Kirche gewesen?

Kohle: Bischöflich-schäfliche Hilfskräfte.

Wolle: Wir ersetzen die Heizung für die Organisten.

Flocke: Bei der Lausekälte kann vielleicht ein Student seine Unterrichtsstunde durchhalten …

Kohle: … aber der Professor nicht fünf hintereinander!

Grauchen: Ist die Kirche denn nicht heizbar?

Kohle: Die Kirche schon …

Wolle: … aber Corinna gewissermaßen nicht …

Kohle: … die ist nur reizbar.

Blütenweiß: Was hat denn Corinna damit zu tun?

(Wolle, Flocke und Kohle blicken Blütenweiß tiefsinnig in die Augen, sagen aber nichts.)

Blütenweiß: Ok, ok, verstehe, die Kontrolle – und die Kosten …

Kohle: Hätte das Denkmalamt übernommen.

Wolle: War schon als Extraposten eingestellt.

Flocke: Zehn Euro im Jahr zusätzlich.

Grauchen: Ui! Da geht es ja um richtige Summen!

Wolle: Du sagst es!

Blütenweiß: Dann ist doch alles in Ordnung. Warum brauchen sie dann euch?

Kohle: Irgendwie gab es Probleme mit dem Stromzähler …

Wolle: … oder dem Öfchen …

Flocke: … jedenfalls sollte es nicht.

Kohle: Und nachdem Professor Ehrlich eines Tages vor der Kirche irrtümlich von einem Polizisten angehalten worden ist …

Blütenweiß: … um Gottes Willen!

Wolle: … weil er ganz eingemummelt war und auch eine Gesichtsmaske trug …

Flocke: … haben Hochschule und Denkmalamt beschlossen, über außergewöhnliche Maßnahmen nachzudenken.

Blütenweiß: Aber, hat Herr Ehrlich denn dem Polizisten nicht gesagt, daß er der Orgelprofessor ist?

Flocke: Doch, klar!

Grauchen: Und?

Wolle: Der Polizist hat geantwortet: „Und ich bin der Kaiser von China!“

Blütenweiß: Der Kaiser von China? Echt? Der arbeitet hier bei der Polizei?

Kohle (stöhnt): Natürlich nicht!

Wolle: Das war ein dummer Spruch.

Blütenweiß: Ach so!

Grauchen: Verstehe!

Blütenweiß: Er hat ihm nicht geglaubt.

Wolle: Du hast’s erfaßt.

Flocke: Naja, und nachdem auf der Wache die Personalien festgestellt worden waren und Herr Ehrlich nach Hause gehen konnte, hat er an uns gedacht.

Wolle: Und jetzt werden wir immer, wenn er unterrichtet, nach Wundersdorf in die Kirche gefahren …

Kohle: … und legen uns dem Professor um die Füße und zur Seite.

Flocke: Dann hat er’s warm!

Blütenweiß: Ihr kreist ihn ein?

Grauchen: Das ist ja eine beliebte Methode! (Grinst.)

Kohle (grinst auch): So ist es!

Flocke: Aber jetzt will ich was essen!

Wolle: Ich auch! Hab Riesenkohldampf.

Blütenweiß: Klar! Singen macht hungrig und durstig!

(Alle traben zur Tränke und auf die Weide zurück und die drei bischäflichen Hilfskräfte beginnen zu grasen.)

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, ohne die Schafe geht es einfach nicht in Wundersdorf!

Bloß gut, daß unsere Weimarer Orgel so funkelnagelneu ist und der Einbau einer geeigneten Heizung beim besten Willen kein unüberwindliches Problem sein kann.

 

PS: Eigentlich dachten wir ja, wir bringen der geschätzten Leserschaft einen Beitrag aus der Sitzung des Wundersdorfer Gemeindefaschings, der PuLa vorliegt.

Was da los war! Wenn Sie wüßten! Schieflage auf dem Traumschiff, sozusagen.

Aber dann haben unsere Freunde von dort oben uns gebeten, das lieber doch diskret zu behandeln und sanftmütig wie wir sind…

12 Trackbacks/Pingbacks

  1. […] Weil wir schon dachten, daß Sie kommen, haben wir auch ein kleines Liedchen einstudiert […]

  2. Pulchra ut Luna › Sketchlet zum Wetter: Die Erklärung on Montag, 29. Oktober 2012 um 18:29

    […] übrigens: Keine Sorge! Die Schafe gibt’s auch noch; nur noch ein bißchen Geduld!) Geschrieben von Gereon-Gunter Lamers. […]

  3. […] und scharren zwischen den Schneeflecken nach den letzten Hälmchen. Da kommt der uns schon bekannte Pritschenwagen den Feldweg entlang getuckert, hält neben der Herde an, läßt Fixi und Huf abspringen und fährt […]

  4. Pulchra ut Luna › Die Denkmalschützer on Montag, 6. Mai 2013 um 07:08

    […] Heute, am 6. Mai wird der Welttag der Orgel begangen (hier und hier). Und übermorgen, am 8. Mai jährt sich die Einweihung der „Franz-Liszt-Gedächtnisorgel“ in Herz-Jesu-Weimar zum zweiten Mal. Dieses schöne Zusammentreffen nimmt PuLa zum Anlaß, in einer kleinen Reihe von Beiträgen zu schauen, wie das denn anderswo so funktioniert, der Umgang mit einem bedeutenden Instrument im gemeindlichen Kirchenraum… […]

  5. […] Jetzt singen sie auch […]

  6. […] unfrohe Wortgeplänkel wird glücklicherweise durch das vertraute Tuckern des Pritschenwagens unterbrochen, der Fixi und Huf aus der Stadt zurückbringt. Die beiden Lämmchen kommen, ihre […]

  7. […] Nicht mehr gebraucht? Aber wir sind doch die ‘Bischäflichen Hilfskräfte‘  und wärmen dem Orgelprofessor die Füße, wenn er sechs Stunden am Stück unterrichtet. […]

  8. […] Na, für Barock den Ixtebude. Kennt ihr doch: E – he – he – he – heeeee […]

  9. […] (ruhig): Ich sagte: Der Pritschenwagen ist […]

  10. […] (runzelt die Stirn): Er wird jetzt ständig vom Pritschenwagen abgeholt und ist bis in die Nacht hinein […]

  11. […] und scharren zwischen den Schneeflecken nach den letzten Hälmchen. Da kommt der uns schon bekannte Pritschenwagen den Feldweg entlang getuckert, hält neben der Herde an, läßt Fixi und Huf abspringen und fährt […]

  12. […] Ah! Na, das ist ja altbewährt. Aber ohne […]

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