Der Link zum Titel vorab!)
Am kommenden Samstag, dem 3. März 2012, findet, wie auch vermeldet wurde, ein Treffen der „haupt- und ehrenamtlichen ‚Mitgestalter‘ unserer Gemeindegottesdienste“ statt, zu dem alle Küster, Organisten, Lektoren, Kantoren, Kommunionhelfer und Diakonatshelfer“ eingeladen wurden, so steht es jedenfalls im Einladungsbrief (liegt PuLa vor) (die Klärung der Frage, ob wirklich „alle“ aus diesem Kreis eingeladen wurden, will ich hier und jetzt mal weglassen…).
Auf diesem ”Liturgienachmittag“ soll „über die Gestaltung unserer Gottesdienste nachgedacht und geredet werden können“: „Dies soll auch Gelegenheit bieten, Bewährtes zu bewahren, Überholtes zu beenden, Neuem Raum zu geben.“, so steht es da zu lesen.
Und weil ja der Pfarrgemeinderat für solche Fragen zuständig ist, denn er „unterstützt und berät den Pfarrer“ (u.a.) in der „Feier der Liturgie und der Sakramente“ (Statut für Pfarrgemeinderäte im Bistum Erfurt vom 1. Juli 2004, 2.2, 3. Anstrich) und er gibt „Anregungen und Vorschläge für die Gestaltung der Gottesdienste“ (ebd. 2.3, 3. Anstrich), hat das Schreiben neben Herrn Pfr. Kämpf der Vorsitzende des Pfarrgemeinderats Dr. M. Klein mit unterzeichnet.
Wie bitte? Was sagen Sie da? Dr. Klein ist gar nicht PGR-Vorsitzender? Mensch, stimmt ja; Danke!
Naja, da wird sich der PGR sicher genau berichten lassen, was dieses Ad Hoc Gremium da so überlegt hat, z.B. in seiner Sitzung am 6. März (die Sitzungen sind übrigens gemeindeöffentlich, Statut […] 8.2).
Als ich noch durfte, habe ich als Lektor auch mal an einem solchen Treffen teilgenommen, und da wurden, wie ich fand, gute Sachen überlegt und beschlossen, aber, angemessenerweise, eher Kleinigkeiten des Ablaufs, wie das gemeinsame Verbeugen der verschiedenen Dienste vor dem Altar, wenn sie sich „abwechseln“ und dergleichen mehr, wie gesagt, durchaus wichtige Kleinigkeiten, aber doch Details.
Hier dagegen spricht nicht nur das o.g. Zitat aus der Einladung, sondern vor allem eine gewichtige andere Tatsache dafür, daß es um mehr gehen könnte. Eingeladen ist nämlich aus Erfurt Prof. Benedikt Kranemann, seines Zeichens Liturgiewissenschaftler und zwar nicht irgendeiner, sondern ein sehr profilierter; schauen Sie z.B. hier sein Publikationsverzeichnis (das mir schon eher zu umfangreich ist, aber das ist Geschmackssache).
Prof. Kranemann ist auch Vorsitzender der ‘Arbeitsgemeinschaft katholischer Liturgiewissenschaftler’, AKL.
Das Thema seines Vortrags soll lauten:
”Gesendet in den Weinberg des Herrn.
Laien in der Katholischen Liturgie heute.“
Oha! Da hat man sich ja einiges vorgenommen.
Hm, wenn ich so den vergangenen Jahren nachsinne, woher kommt mir das bekannt vor, Einladung eines Wissenschaftlers aus Erfurt zur Unterstützung anstehender Entscheidungen? Ja, genau! Von der berüchtigten Gemeindeversammlung am 14. März 2009 her, als ein überaus sympathischer älterer Herr uns die Sache mit dem „Mahl-Geschehen“ erklären sollte, um so die „Altarinsel“ zu rechtfertigen.
Nun, das ist ja, GOtt sei Dank, nochmal gutgegangen, aber vor diesem Hintergrund fragt man sich doch, was liegen denn aktuell für Themen von vergleichbarem Kaliber an?
Vielleicht hilft es da ja, sich mit dem inhaltlichen Profil des Vortragenden zu beschäftigen? Mal gucken:
Zunächst erinnerte ich mich dunkel, im Umfeld des Papstbesuchs den Namen Kranemann gehört zu haben, und tatsächlich:
„Liturgiewissenschaftler kritisieren Vatikanpapier
In der Instruktion habe die „Kritik aus der Bischofskonferenz und von Theologen keinerlei Berücksichtigung gefunden“, sagte Benedikt Kranemann am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Erfurt. Es bestehe die Gefahr, daß damit Spannungen innerhalb der Kirche weiter verschärft würden, so der Erfurter Professor.
Die neue Instruktion verstärke den Papst-Erlaß zur Wiederzulassung der alten Messe von 2007 und mache die tridentinische Messe wieder zum Gegenstand der Priesterausbildung. Dadurch könnten sich Gruppen bestätigt sehen, die hinter das Zweite Vatikanische Konzil zurückwollten.
Der Liturgiewissenschaftler kritisierte, das Papier behandle einen „Nebenschauplatz“ und gehe an den Problemen der Kirche in Deutschland vorbei. Nötiger sei etwa, eine gottesdienstliche Sprache zu entwickeln, „die Gläubigen heute ermöglicht, Liturgie zu feiern“, sagte Kranemann. „Was der Mehrheit auf den Nägeln brennt, taucht in dieser Diskussion überhaupt nicht auf“. Die Instruktion würde „von der Mehrheit der Gläubigen und Bischöfe als Rückschritt empfunden“.“
So gibt, von mir leicht gekürzt, das domradio ein Interview von Prof. Kranemann aus dem Mai 2011 wieder.
Bei der in Frage stehenden Instruktion handelt es sich um „Universae Eccelsiae“, jenes treuen PuLa-Lesern wohlbekannte Papier, in dem der Vatikan seinem Unmut über die weitgehende Nichtbefolgung der großzügigen päpstlichen Absichten i.S. „Alter Messe“ Luft macht und die Stellung der einfachen Gläubigen in dieser Frage stärkt.
Dieses Riesen-Faß aufzumachen ist hier nicht der Ort, ich wiederhole nur gerne die einfache und grundlegende Frage: Wenn doch die Gegner des außerordentlichen Ritus so sicher sind, daß sie die Mehrheit hinter sich haben, wovor haben sie dann Angst? Warum tun sie alles, damit sich erstmal weite Teile des Gottesvolks in Deutschland überhaupt keine eigene Meinung bilden können? Man muß sich das immer wieder klarmachen: Seit 2007 wird uns ein Angebot, ein Geschenk vorenthalten und alles, was ich mir als Begründung vorstellen kann ist leider viel zu traurig und zu häßlich, um es hier auszusprechen.
Na, jedenfalls haben wir jetzt einen ersten Eindruck davon gewonnen, für welche Richtung der deutschen Theologie Prof. Kranemann steht.
Bei weiterer Recherche stellte sich heraus, es gibt ein ganzes Buch, das Prof. Kranemann mit herausgegeben hat, das fast genau den Titel des beabsichtigten Vortrags trägt: B. Kranemann, M. Wiljens (Hg.), Gesendet in den Weinberg des Herren, Laien in der katholischen Kirche heute und morgen, Erfurter Theologische Schriften, Bd. 35, Würzburg 2010. Darin: B. Kranemann, Veränderungen im Laienbild der katholischen Kirche im 20. Jahrhundert. Eine liturgiewissenschaftliche Perspektive, S. 93 – 106.
Ich habe diesen Beitrag gelesen, ich habe noch weiteres in diesem Buch und in anderen Büchern gelesen, sowie den ein oder anderen Aufsatz im Internet. Ich habe ziemlich viel Kranemann in relativ kurzer Zeit gelesen und bedauere das nicht, denn ich habe dabei viel gelernt und etliche Anregungen erfahren.
Und nach dieser Lektüre steht für mich als Ergebnis fest: Prof. Kranemann ist ein durchaus typischer Verfechter dessen, was man, wie ich finde zurecht, als „Hermeneutik des Bruchs“ bezeichnet, jener Denkschule also, für die das Vatikanum II einen solchen Neu-Anfang bedeutet, daß, zumindest in den praktischen Folgerungen, von dorther, bzw. von der eigenen Interpretation dessen, was das Konzil denn gesagt hätte, der entscheidende Maßstab des Handelns genommen wird. Das wäre ich ggf. bereit aus den Texten zu belegen, aber das führt hier zu weit.
Jedenfalls bemüht sich der Hl. Vater bekanntlich seit Beginn seines Pontifikats um die „Hermeneutik der Kontinuität“, bzw. der „Reform in der Kontinuität“ und diesem Ansatz fühle ich mich näher (vgl. z.B. hier).
Hier ist nicht der Ort für eine genuin theologische Auseinandersetzung (und ich bin dafür auch nicht qualifiziert!) aber beispielhaft will ich mich um immerhin einen textlichen Beleg nicht drücken, wohin die einseitige Orientierung am zweiten Vatikanum und das Gefühl von „Rom“ in seinen (deutschen) Kreisen gestört zu werden, führen kann!
Auf den Seiten 97 ff. setzt sich Prof. Kranemann mit der Instruktion „Liturgiam authenticam“ aus dem Jahr 2001 auseinander (ich hatte ja versprochen, daß wir bald auf sie zurückkommen 😉 ) und zwar als Beispiel dafür, wie durch das neuere römische Handeln (diesmal noch im Pontifikat des Sel. Johannes Paul II.) die berühmte Participatio actuosa, die tätige Teilnahme der Laien am/im Gottesdienst gefährdet würde:
„Man wird diese Instruktion nicht als gegen Laienpartizipation gerichtet lesen können, doch verändert sie die Konditionen für die Teilnahme. In der alten Übersetzerinstruktion konnte man die Teilnahme der Gläubigen als Bezugspunkt der Übersetzung erkennen, in der jetzigen stehen die ,liturgia authentica“ (Nr. 1) und der Ausdruck von überzeitlichen und -örtlichen Wahrheiten (”quae temporis ac loci fines exsuperant“) (Nr. 19) im Mittelpunkt. Die Voraussetzungen für eine gelingende Teilnahme werden ungünstiger; bei der Übersetzung stehen sie nicht mehr im Vordergrund.“
Also, ich finde, auch wenn man den ersten Satz des Zitats ausdrücklich würdigen muß, da läuft ganz gehörig etwas schief, wenn der „Ausdruck von Wahrheiten, die die Grenzen von Zeit und Raum überschreiten“ (wie ich lieber übersetzen würde) die Voraussetzungen für die gelingende Teilnahme der Gläubigen stört!
Ich jedenfalls gehe auch ziemlich genau des Ausdrucks dieser Wahrheiten wegen in die Messe. Sollte man da nicht lieber anfangen, darüber nachzudenken, ob die eigenen Kriterien für diese Teilnahme (noch) die richtigen sind? Stichwort: Teilnahme ist nicht identisch mit „Machen und Tun“ (vgl. J. Ratzinger/Benedikt XVI, Der Geist der Liturgie, Freiburg, 2. Aufl. 2007, bes. S.147ff.).
Nun werden Sie vielleicht einwenden, was soll uns das alles vor dem konkreten Hintergrund des bevorstehenden „Liturgienachmitags“, oder anders gefragt, kann man denn aus meiner knappen Kranemann-Lektüre erahnen, was er uns vielleicht sagen will?
Ja, ich glaube, man kann!
Denn direkt im Anschluß an die gerade zitierte Stelle geht es weiter: „[man kann] eine wachsende Kompetenzzuweisung an Laien auch in der Liturgie nicht übersehen. So sind im deutschen Sprachgebiet durch die Beauftragung von Laien mit der Leitung sonn- oder auch werktäglicher Wort-Gottes-Feiern neue Möglichkeiten und zugleich neue Formen der Partizipation eröffnet worden.“
Da liegt, so vermute ich, des Pudels Kern: Wort-Gottes-Feiern, Wortgottesdienste, WoGoDis! (vgl. auch Kranemann, Liturgie und Ortskirche, in: Den österlichen Mehrwert im Blick, Würzburg 2012, S. 115- 125, hier S. 122 f.).
Um es kurz zu machen: Das wäre so ziemlich das Letzte, was wir in Weimar brauchen, jedenfalls über das hinaus, was wir bereits haben (Krankenhaus, Altersheim), und am wenigsten an Sonntagen!
Wir brauchen akkurat keine (selbst-)ermächtigte Laienspielschar, deren „Angebote“ gar nicht umhin könnten mit der Feier der Hl. Eucharistie in (scheinbare aber faktische) Konkurrenz zu treten. Was wir vielmehr bitter nötig haben ist eine Katechese, die den Gläubigen klarmacht, wie sehr der katholische Christ, wie sehr die Kirche aus der Eucharistie lebt, und die klarmacht, dafür gilt es u.U. auch Opfer auf sich zu nehmen auf Seiten des Volks wie des Klerus! (Vgl. dazu die wunderbare Enzyklika „Ecclesia de Eucharistia“ des Sel. Johannes Paul II. v.a. die Nummern 1, 2, 10 und 29 -33)
Wir brauchen das umso weniger, als wir in Weimar unter keinem wirklich nennenswerten Priestermangel leiden, und statt ihn implizit oder explizit herbeizureden lieber für sein Nicht-Eintreten beten sollten (z.B. in Eucharistischer Anbetung).
Vor allem darf man sich von den Befürwortern der WoGoDis nicht einlullen lassen: Es gereicht in diesem Zusammenhang Prof. Kranemann zur Ehre, wenn er, als Befürworter!, selber schreibt: „es ist nicht zu übersehen, dass diese von manchen Laien auch als Profilierungsmöglichkeit verstanden worden sind, dass über die Bestreitung bestimmter Aufgaben und Befugnisse ein bestimmtes Kirchenbild propagiert werden sollte usw.“ (Kranemann, Veränderungen, S. 100), um dann allerdings fortzufahren, das könne bei Wort-Gottes-Feiern nicht auftreten (ebd.).
Mit Verlaub, genau daran vermag ich nicht zu glauben! Wenn eine solche Form erstmal in die Hände interessierter Kreise und der schrecklichen Vereinfacher gerät, ist dem Mißbrauch Tür und Tor geöffnet.
Und wenn ich bei Prof. Kranemann selbst lese: „Immerhin existieren mittlerweile kirchenoffizielle oder zumindest –offiziöse liturgische Bücher“ (ebd. S. 99, Anm. 27, Hervorhebungen von mir), dann wird für einen unvoreingenommenen Betrachter doch offenkundig, hier ist der Grund sehr wackelig, auf dem man zu stehen käme!
Übrigens: Bischof Zdarsa hat im Bistum Augsburg gerade die WoGoDis an Samstagabenden und Sonntagen untersagt! Lasse sich also auch niemand einreden, die Kirche in Deutschland sei ja einhellig auf diesem Weg, die Bischöfe seien sich einig, Nein, sind sie nicht, wie man sieht. (vgl. dazu wie immer hilfreich und präzise „Frischer Wind“ mit weiteren Nachweisen!)
Aber, wer weiß, vielleicht sehe ich ja auch nur Gespenster und es wird einfach nur ein Nachmittag, an dem ein ausgewiesener Wissenschaftler aus dem reichen Schatz seiner Forschung vorträgt; wir werden sehen, denn PuLa bleibt für seine Leser dran!
Zum Abschluß kann man sich im folgenden Video auch ein bewegtes Bild von Prof. Kranemann machen, das ich an der wie ich finde interessantesten Stelle, nämlich da, wo es just um die Eucharistie geht, starten lasse, hier ist aber auch der Link zum vollständigen Video.
So, und wenn jemand meinen sollte, er müsse nun, wie schon andere besuchende Professorinnen und Professoren aus Erfurt vor ihm, auch Prof. Kranemann vor den unguten Umtrieben von PuLa „unter der Gürtellinie“ (die da offenbar mit einem Stirnband verwechselt wurde :-)) warnen, so kann er sich die Mühe sparen, ich habe dem Herrn Professor bereits einen Link per Email zugesandt, denn ich schätze das offene Visier.
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[…] sog. „Liturgienachmittag“ scheint ja, nach allem, was man hören darf, eher so verlaufen zu sein, wie PuLa es ja als […]
[…] Statement eben, so im Nebensatz Nur daß der Satz leider nicht die Realität beschreibt, die uns, auch hier im Bistum Erfurt!, umgibt. Vielmehr wird das arme Konzil ständig zum „Superdogma“ erhoben, meist aus allzu […]
[…] über die könnte man nicht einen, sondern gleich mehrere Beiträge schreiben (auch ein bestimmter Erfurter Professor ist wieder dabei…) aber, wie gesagt (noch) nicht heute, auch weil es zu dem Thema ‚Neues […]
[…] zu fokussieren. Nebenbei bemerkt ist dies auch genau die Stoßrichtung der römischen Instruktion Liturgiam authenticam aus dem Jahr 2001, wenn sie in Nr. 41 schreibt: „Man soll sich darum bemühen, daß die […]
[…] [Wer dächte da nicht an die immer noch nicht ausgestandene Gefahr vermehrter „WoGoDis“ (vgl. hier) und an den in Weimar einmal „beliebten“ (und nie zurückgenommenen) Gebrauch des Terminus: […]
[…] die Rede davon, diese Entscheidung sei „mutig“. So auch z.B. in einem Beitrag des bekannten Prof. Kranemann in der schon mehrfach erwähnten Beilage zum “Tag des Herrn“ vom 14. September 2013. Und der […]
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