Hartmut Kaczmarek, stv. Chefredakteur der TLZ und Vorsitzender des Filialgemeinderats Bad Berka, hat mit Datum vom 15. April (hier) zu dem Artikel: „Der verhinderte Auftritt – vorösterliche Begebenheiten in Herz-Jesu-Weimar vom 11. April (hier) Stellung genommen. Wie angekündigt dazu nun die Entgegnung.
Vorab nochmal: Die Veröffentlichung in Form einer „Gegendarstellung“ geschah nicht aus Anerkenntnis einer Rechtspflicht, sondern aus Überzeugung. Das ist auch besser so, denn das Recht auf Gegendarstellung bezieht sich ausschließlich auf „Tatsachenbehauptungen“, also auf Sachverhalte, die zumindest theoretisch einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich wären. Das heißt im vorliegenden Fall, daß auch wenn man davon ausgeht, daß PuLa als „Presseerzeugnis“ anzusehen sei und daher zur Veröffentlichung von Gegendarstellungen verpflichtet wäre, bezöge sich diese Pflicht ausschließlich auf den Widerspruch gegen Tatsachenbehauptungen durch andere Tatsachenbehauptungen. Ich glaube eher nicht, daß Herr Kaczmarek dieses Kriterium in seinem Beitrag mit Datum vom 15. April vollständig eingehalten hat. Aber, wie gesagt, das ist egal, hier darf man, zumal als Reaktion, im Rahmen von Recht und Anstand, auch einmal Meinungen äußern, die mit meiner nicht überstimmen.
Weiterhin möchte ich vorausschicken, wie bemerkenswert hellsichtig und „auf den Punkt“ ich die Kommentare fand, die es zu den beiden Artikeln gegeben hat, sie haben genau die richtigen Fragen gestellt. Danke!
Nun also im einzelnen, wobei ich die von Herrn Kaczmarek gewählte Briefform aufgreife:
Sehr geehrter Herr Kaczmarek,
Ihre Reaktion auf den Beitrag: „Der verhinderte Auftritt“ ist sehr interessant – sowohl das, was Sie schreiben, als auch das, was Sie nicht schreiben. Zunächst zu einigen Punkten aus Ihrer „Gegendarstellung“ im einzelnen:
Sie schreiben zu Beginn, es sei falsch, daß der FGR (Filialgemeinderat) nicht wollte, daß unsere Freundin singe. Das hatte ich aber gar nicht als Faktum behauptet, sondern durch die Hinzufügung des Wörtchens „wohl“ klar als Vermutung gekennzeichnet. Diese Vermutung war, wenn der Vorsitzende eines Gremiums anruft, ja auch naheliegend, zumal Sie nach den mir vorliegenden Informationen in dem Telefonat sinngemäß durchaus formuliert haben sollen: „Wir wollen das nicht!“ (sc. die Ausübung des liturgischen Dienstes durch unsere Freundin).
Ich halte fest, daß Sie nach eigenem Bekunden Ihr Amt als Vorsitzender des FGR so auffassen, daß Sie in einem solchen Fall alleine handeln konnten, woran auch die Tatsache, daß Sie nachträglich (?) einige Mitglieder des Gremiums erreicht haben, die nach Ihren Worten Ihrem Vorgehen zugestimmt hätten, nichts ändert.
Hinsichtlich des genauen Inhalts des Telefonats mit der vorgesehenen Kantorin, gibt es Schilderungen des Gesprächs aus dem noch ganz frischen Eindruck, die mit Ihrer Darstellung der bloßen „Übermittlung von Bedenken“ nicht übereinstimmen. Aber das wird sich im einzelnen nicht mehr rekonstruieren lassen. Das ist aber wiederum gleichgültig, denn unabhängig von den Worten, die Sie im einzelnen gewählt haben mögen – eine bloße Bitte, die Sache noch einmal zu „überdenken“ konnte das nach den Gesamtumständen des Falls schlechterdings gar nicht sein: Welcher Mensch mit Fein- und Ehr(!)gefühl würde, mit einer solchen „Ansage“ konfrontiert, auf dem liturgischen Dienst beharren wollen?
Die von Ihnen nicht bestrittene Verwendung des Begriffs „Auftritt“ beinhaltet nämlich hinsichtlich der vorausgesetzten Motivlage einen schlimmen Vorwurf, um nicht zu sagen: Eine Unverschämtheit! Ich darf daran erinnern: Unsere Freundin ist um die Erfüllung eines liturgischen Dienstes gebeten worden und hat sich nicht etwa aufgedrängt! Sie hat, von allem anderen abgesehen, mehr als genug zu tun.
Ich vermute ja, und das möchte ich Ihnen bis zum Beweis des Gegenteils ausdrücklich zugute halten, daß Sie gar nicht selbst auf diesen Begriff verfallen sind, sondern, daß er schon an Sie herangetragen wurde. Herangetragen von den Menschen in dieser Pfarrei, die leider nachweislich (ich sage nur: „Akteure vor der Kamera“) in solch kranken Kategorien denken.
Und damit kommen wir zu dem, was Sie zu der ganzen Aktion bewogen hat. Sie schreiben insgesamt viermal (d.h. in jedem Absatz), Sie hätten „Bedenken aus der Gemeinde weitergegeben“, „die Initiative sei aus der Gemeinde selbst“ gekommen, „Bedenken“ oder eine „Bitte“ seien an Sie „herangetragen“ worden.
Das glaube ich Ihnen aufs Wort, daß die ganze Sache erst an Sie herangetragen werden mußte. Die Frage ist nur: Von wem? Wer wußte denn überhaupt von dem „Fall“? Selbst Sie, der Sie ja in Bad Berka mit anderen liturgischen Diensten engagiert sind, wußten es ja nach Ihrem eigenen Bekunden nicht, bevor Sie es gesagt bekommen haben. Um wieviel weniger dann „ganz normale“ Gemeindemitglieder! Das ist ja auch völlig klar: Zeigen Sie mir doch bitte mal die Gottesdienstankündigung, auf der die Lektoren, Kantoren und Organisten verzeichnet sind! Es gibt sie (jedenfalls in Herz-Jesu-Weimar) nicht. Damit geht die Plausibilität dafür, daß in irgendeiner Weise in breiteren Kreisen vorhandene „Bedenken“ oder „Sorgen“ von „ganz normalen“ Gemeindemitgliedern an Sie herangetragen worden sind, gegen Null.
Im Gegenzug sprechen nicht nur die logischen Schlußfolgerungen aus Ihren eigenen Worten, sondern auch die vielfache (und belegbare) Erfahrung mit den Methoden in dieser Pfarrei für einen ganz anderen Ablauf: Ja, Sie sind „aus der Gemeinde“ (insoweit ein ganz weiter Begriff) angerufen worden, aber eben von Jemandem, der a) von der Angelegenheit überhaupt wußte und b) ein Interesse an der Verhinderung dieses von dem Jemand als „Auftritt“ so gänzlich mißverstandenen Dienstes hatte! Sie wissen so gut wie ich (und alle eingeweihten Weimarer Leser auch), daß dafür überhaupt nur ein ziemlich kleiner Personenkreis in Frage kommt, vor allem der, der an der sog. „Dienstberatung“ teilnimmt.
Und höchst bedauerlicherweise haben Sie sich dann die Sicht der Dinge dieser Person zu eigen gemacht, denn sonst hätten Sie ja nicht zum Hörer gegriffen. Da Sie auch diesem Teil des ursprünglichen Beitrags nicht widersprochen haben, ist also klar: Sie teilen die Auffassung derjenigen, die meinen, „Unruhestifter“ müßten nach Kräften aus der Mitwirkung am Gemeindeleben ferngehalten werden. Da komme ich immer noch nicht drüber, wie ein nach seinem eigenen Selbstverständnis „kritischer“ Journalist in seinem Ehrenamt auf diese Weise an der Erhaltung einer Situation mitwirkt, in der manche möchten, daß gilt: „Ruhe ist die erste Pflicht der Pfarrkinder“. Da muß ich über die genaue Bedeutung des Begriffs „dekretiert“ (der keineswegs notwendigerweise einen „Beschluß“ impliziert) gar nicht im einzelnen nachdenken.
Würden Sie uns, den Lesern und Kommentatoren dieses Blogs, wohl den Gefallen tun, und charakterisieren, was für Sie dieses „Unruhestiften“ ausmacht? Was war die Basis, auf der Sie sich das Urteil: „Deren Auftritt muß verhindert werden“ zu eigen gemacht haben? Daß sich unsere Freundin konsequent für die Hebung des musikalischen Niveaus in der Liturgie einsetzt? Daß sie im letzten Jahr für den PGR kandidiert hat, obwohl sie nicht dazu aufgefordert wurde? Daß sie ebenfalls dafür eintritt, „der Gemeinde die Vielfalt und Qualität der gerade hier in Weimar möglichen ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht weiter vorzuenthalten (vgl. in diesem Sinne bereits den Beitrag ‚Boshaft? ‘)“, wie hier schon im Mai 2012 zu lesen war? Oder einfach, daß sie aus christlichem Empfinden und aus Gerechtigkeitsgefühl zu ihren Freunden steht und zwar öffentlich?
Allgemein habe ich zum Thema „Unruhe“ schon vor fast einem Jahr eigentlich alles Notwendige geschrieben: „‘Ruhe‘ kann es auch geben, wenn alle hilflos mit den Zähnen knirschen, ‚Frieden‘ gibt es nur in der Wahrheit, auch wenn die unbequem ist.“ (hier). Ja, diese ‚Unruhe‘ ist notwendig, sie ist Lebens-notwendig!
Weiter: Ich halte an der Charakterisierung Ihres Eingreifens als eines, das „unzuständigerweise“ geschah, fest. Ja, ich bin inzwischen noch mehr der Meinung, daß die Angelegenheit auch kirchenrechtlich nicht statthaft war, möchte aber auf die Begründung im einzelnen hier verzichten, aus mehreren Gründen, vor allem aber, weil das im ursprünglichen Gang meiner Argumentation klar erkennbar nur einen Randaspekt ausgemacht hat. Wenn Sie möchten, nennen Sie bitte konkret die Rechtsgrundlage aus den einschlägigen Ordnungen zur Arbeit der Laiengremien, auf die Sie sich stützen, ich werde das veröffentlichen und wir können es diskutieren.
Abschließend gesagt konnte ja auch meine Wendung: „Vollstrecker der zementierten Unversöhnlichkeit“ wohl schwerlich als Tatsachenbehauptung verstanden werden, aber ich sage es auch gern explizit: Das war eine Wertung. Sie ist es leider unverändert, ja noch mehr als vor ein paar Tagen. Aber ich finde das außerordentlich bedauerlich!
Lassen Sie sich doch nicht von denen, die nur Interesse am Erhalt ihrer Vorstellung von „Ruhe“ haben, vor einen Karren spannen. Sie, weil Ihnen die traditionsorientierte Ausrichtung von PuLa nicht gefällt, andere, weil ihnen einfach Angst gemacht wird! Es geht darum, daß Sie mit Ihrem Handeln leider objektiv zum Erhalt einer eng verwobenen Machtstruktur beitragen, der es um Inhalte allenfalls (!) sekundär geht. Das haben Sie doch in keiner Weise nötig. Machen Sie sich frei davon, dann kann auch „derselbe“ kritische Hartmut Kaczmarek im Ehrenamt genauso wie in seinem Beruf agieren. Ich würde mich aufrichtig darüber freuen!
Mit guten Grüßen
G. Lamers
Sozusagen im Sinne eines Postskriptums möchte ich noch einen letzten Aspekt aufgreifen: Ich habe, erbost wie ich war, am 11. April relativ ruppig über den Filialgemeinderat und seine geringe Bedeutung geschrieben. Inhaltlich kann ich davon nichts zurücknehmen, denn ich glaube immer noch, daß die „Beruhigung der Gemüter“ im Zuge der Strukturreform eine zentrale Absicht bei der Schaffung dieses Gremiums war (und sehen Sie, A.R., wohin die Gremienexpansion auch führen kann?!). Es lag und liegt mir aber völlig fern, damit etwa das vielfache und vielfältige Engagement vor Ort herabwürdigen zu wollen, das sich, weil es ihn halt gibt, im FGR versammelt! Wenn ich so mißverstanden worden sein sollte, tut mir das sehr leid! Wer diesen Blog unvoreingenommen liest, kann sehen, wie hoch ich gerade stilles ehrenamtliches Engagement ohne „Ämter“ und Posten schätze, z.B. hier.
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[…] Chefredakteur ja indirekt schon lange (sonst schickt man ja keine Bitten um Gegendarstellung, vgl. hier). Dieses Kompliment ist uns auch weiterhin Ansporn noch besser zu werden für unsere geschätzte […]
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