Nein, das ist sie noch nicht, die diesjährige (bezogen auf das Kirchenjahr!) „Weimarer Weihnachtsbilanz“, die treue Leser sehr zu recht in diesen Tagen erwarten (vgl. hier und hier), doch, wie der Prophet Habakuk sagt: „Wenn sie sich verzögert, so warte auf sie, denn sie wird gewiß eintreffen und nicht ausbleiben.“ (Hab 2, 3b) 😉
Aber ein wenig waren leider auch wieder Weimarer Gottesdienste in der Zeit der weihnachtlichen Festtage Anlaß, sich erneut (hier und hier schon einmal) mit dem Thema „Embolismus“ zu beschäftigen. Besonders befremdlich war das Vorkommnis in einer Messe am Hochfest der Muttergottes, in der der Zelebrant doch tatsächlich vor dem Vaterunser „wagen wir zu sprechen“ gesagt hat. Donnerwetter, das hatte ich zum letzten Mal von niemand geringerem als Bischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg gehört (vgl. hier)! Es war aber leider ziemlich sicher keine gute (!) Absicht, sondern der Betreffende war offenbar vor den ungewohnten Rubriken des Tages schlicht „überrumpelt“, was man daran merken konnte, daß er die überaus deutliche erwartungsvolle Pause, die die Gemeinde völlig korrekt nach der letzten Bitte des Vaterunser einlegte, brutal ignoriert und alle zum unmittelbaren Anschluß der Doxologie geradezu genötigt hat!
Woran wieder einmal deutlich wurde: Egal, wie viele Lippenbekenntnisse abgegeben werden zu den vermeintlichen „Wünschen der Menschen“, wehe, sie wünschen sich was „Falsches“, dann ist ganz schnell Schluß mit der Bereitschaft, darauf einzugehen, ein charakteristisches Anzeichen jeder Art von Ideologie… 🙁
Der andere Anlaß, sich heute wieder mit dem Embolismus zu beschäftigen, war zum Glück erheblich erfreulicher!
Da hat doch tatsächlich jemand einfach nur das Stichwort „Embolismus“ gegoogelt und ist dabei zügig auf meinen kleinen Provinzblog gestoßen! In der Tat, als ich die Suche selber wiederholt habe, kam PuLa zu dem Stichwort bereits auf Rang 6… 🙂
Nur daß ich mich darüber nicht so richtig lange freuen konnte, denn das scheint leider vor allem ein Reflex der Tatsache, daß es allzuviel Vernünftiges zu dem Thema im Netz nicht zu geben scheint. Daher möchte ich, bevor wir auf die interessante Geschichte eingehen, die die betreffende Person zu ihren Erlebnissen mit dem Embolismus erzählt hat, zunächst noch einmal ganz kurz zusammenfassen, was wir zu dem Komplex schon jetzt, denn PuLa bleibt an dem Thema dran!, sicher festhalten können:
1) Der Priester hat (=muß!) den Embolismus vor der Doxologie alleine zu beten; diese Frage ist nicht in sein Belieben gestellt. Wer das, egal aus welchem Grund nicht tut, begeht eine „liturgische Ordnungswidrigkeit“; das ist aktuell gültiges kirchliches Recht.
2) Stichwort „Grund“: Ich habe bisher keine Begründung gefunden, den Embolismus wegzulassen, außer allgemeinen Befindlichkeitsfeststellungen („das kommt mir eigentümlich vor“) was natürlich einfach kein Argument ist und dem, was gerne „ökumenische Rücksichtnahme“ genannt wird. Darunter kann man sich aber leider auch nichts Sinnvolles vorstellen. Ökumenische Rücksichtnahme hat ihren Platz in ökumenischen Gottesdiensten, ja. Da jedwede Rücksichtnahme, die den Namen verdient, nun naturgemäß nur eine wechselseitige sein kann und man ja den jeweils anderen gerade auch in der Absicht „besucht“, dessen authentische Hervorbringungen zu erleben, kann die „ökumenische Rücksichtnahme“, was den Embolismus betrifft, den die Protestanten nicht kennen, dann nur darin bestehen, daß wir, wenn wir bei ihnen zu Gast sind auf ihn verzichten und sie, wenn sie bei uns zu Gast sind, ihn „ertragen“, denn er enthält ja schließlich auch für protestantische Ohren keine „theologischen Zumutungen“, sondern ist einfach nur kein Teil ihrer Tradition (mehr).
In einer „ganz normalen“ Heiligen Messe hingegen, ist für irgendeine Form der „Rücksichtnahme“ auf das, was Nichtkatholiken tun, schlicht kein Raum. Warum denn, bitte? Entweder, wir sind überzeugt davon, das, was wir tun ist richtig, dann müssen wir es tun, oder wir sind irgendwie in der falschen Veranstaltung!
In Wahrheit verhält es sich aber natürlich so, daß mit der Chiffre von der „ökumenischen Rücksichtnahme“ entweder ein diffuses Gefühl der (kulturellen oder noch schlimmer theologischen) Unterlegenheit gegenüber den Protestanten bemäntelt werden soll, oder es handelt sich bei der Phrase um den untauglichen Versuch, nicht die Ökumene, sondern einen falschen Ökumenismus voranzutreiben, der bereit ist, katholisches Glaubensgut aufzugeben.
Eine Begründung, die sozusagen „innerkatholisch“ genuin theologisch argumentiert (und sei die Argumentation auch noch so falsch) habe ich hingegen bisher nicht gefunden.
Wenn jemand davon weiß, wäre ich für einen Hinweis sehr dankbar, dann wollen wir uns hier damit auseinanderzusetzen versuchen.
3) Klar ist schließlich auch: Embolismus und Doxologie sind alte, sehr alte und würdige Bestandteile der Liturgie! Nach dem, was ich im Moment übersehe gewiß mehr als 1.600 Jahre alt. Ob das den „Helden der Heutigkeit“, wenn sie ihre kleinen Eigenmächtigkeiten begehen, klar ist? 1.600, in Worten eintausendsechshundert Jahre Kirchengeschichte incl. aller großen Heiligen dieser langen, langen Zeit mal so eben in die Tonne treten aus diffuser Befindlichkeit oder falsch verstandener „ökumenischer Rücksichtnahme“??!
So aber geschieht es, wir alle wissen es, überall in deutschen Landen nur allzu häufig und da setzt die Geschichte an, die mir dankenswerterweise Herr Paul Göbel aus dem Ahnatal bei Kassel per Kommentar auf den Beitrag „Embolismus reloaded (I)“ hat zukommen lassen. Lesen Sie selbst:
„Im Ökumenischen Kirchenzentrum Ahnatal bei Kassel, wo ich seit 12 Jahren zur katholischen Messe gehe, hat der Pfarrer den EMBOLISMUS immer weggelassen – vielleicht aus Ergebenheit an die wortgewaltigen „ökumenisierenden Kräfte“ in der katholischen Kirchengemeinde.
Seit Oktober 2013 haben wir einen Kaplan, der bei seiner ersten Messe versuchte, nach „sondern erlöse uns von allem Bösen.“, den Embolismus zu beten, damit aber nicht durchkam.
Ich war bei dieser Messe Küster und sagte dem Kaplan nach Abschluß der Messe, in meiner Heimatgemeinde in der Südeifel und auch an anderen Orten, wo ich die heilige Messe mitfeiere, werde der Embolismus IMMER gebetet.
Seither spricht dieser Kaplan den Embolismus jedesmal; bis jetzt in der Christmette die zahlenmäßig stärkeren quasi nur an Weihnachten zur Kirche kommenden Meßbesucher ihn mit dem für sie gewohnten: „Denn dein ist das Reich … “ überstimmten.
In dieser Christmette war einer der Ökumene-Befürworter (besser schriebe ich: Reform-Wütiger) Küster.
Der sagte mir nach der Messe erleichtert: „Endlich hat die Gemeinde den Kaplan beim Vater unser nochmal ausgebremst. Der kann doch nicht daherkommen und die alten Sitten wieder einführen wollen!“
Ich widersprach diesem Küster und sagte: „Das ‚Erlöse uns Herr … ‚ gehört aber nun einmal zur Liturgie. Und im Übrigen mußt du nicht dem Kaplan alleine seinen Versuch, am Embolismus festzuhalten, ankreiden: Ich selbst hatte ihn nach seiner ersten Messe hier in Ahnatal darin bestärkt; denn in anderen Gegenden wird das ‚Erlöse uns …‘ immer mitgebetet.“
„Du ! Du hast dem auch noch dabei geholfen!“, warf der Küster-Kollege mir vor und warf wutentbrannt das Tuch, mit dem er den Kelch abtrocknete, in eine Ecke.
[…]“
Wie weit soll die Ökumenisierung und Entheiligung der katholischen Messe denn noch gehen???“
(Lesen Sie ggf. den an dieser Stelle nur des Umfangs wegen ausgelassenen, ebenfalls sehr interessanten, Teil hier, im Kommentarbereich und bei der Gelegenheit auch die älteren Kommentare dort mit weiteren Links!)
Vielen Dank, Herr Göbel, das ist in mancherlei Hinsicht sehr aufschlußreich!
Beginnen wir mit einem kleinen aber sprechenden Detail, das, noch bevor wir uns mit dem Thema Embolismus befassen, ein grelles Schlaglicht auf den bedenklichen Gemütsszustand seiner Verächter im Ahnatal wirft. Ist es Ihnen aufgefallen?
„[…]und warf wutentbrannt das Tuch, mit dem er den Kelch abtrocknete, in eine Ecke.“
Ein Tuch, das, wenn auch nur indirekt, mit dem Allerheiligsten in Berührung gekommen ist, in die Ecke, also auf den Boden werfen?! Dieser Vorgang wäre nach meiner Überzeugung sogar einer rechtlichen Bewertung zugänglich, denn die Ablution („Reinigung der liturgischen Gefäße“) ist selbstverständlich detailliert geregelt (Missale Romanum, AEM, Redemptionis Sacramentum)! Doch ohne detaillierte Kenntnis des Gesamtvorgangs wäre das ein prekäres Unterfangen und darum geht es auch nicht in erster Linie. Aber ich kann nicht umhin festzustellen, daß jemand, dem so etwas möglich ist, sich von einem ganz normalen, ehrfürchtigen Empfinden, wie es aus der Glaubensüberzeugung von der wirklichen Anwesenheit des HErrn im Sakrament fließen muß, offenbar weit entfernt hat.
Dazu paßt das grundverkehrte Verständnis von der Rolle der Gemeinde in der Ordnung des Ablaufs der Hl. Messe „den Kaplan ausgebremst“, das ein eigentümliches Empfinden von „Machtspielchen“ zu offenbaren scheint.
Ich will nun ganz ehrlich sein und zugeben, die Ausdrücke „Entheiligung“ und „Ökumenisierung“, die Herr Göbel in seinem Kommentar gebraucht, erschienen mir beim ersten Lesen ein wenig sehr hart, aber nachdem ich das Ganze seiner Mitteilung so recht durchdacht hatte: Sie sind, leider, angemessen. Wenn nicht der (bewußten) Intention nach, so doch im Ergebnis!
Doch richten wir zum Ende den Blick auf die hoffungsvollen Elemente der Erzählung aus Osthessen!
Zunächst bestätigt sich erneut, was man vielerorts und immer wieder hört: Jüngere Priester, Kapläne haben vielfach den „Reform“-Staub der letzten Jahrzehnte aus ihren Gewändern geschüttelt und sind willens, der eingerissenen Verwilderung entgegenzutreten. Daß es diesen jungen Männern gelungen ist, das immer noch vielerorts an Universitäten und in Seminaren herrschende Klima des post-konziliaren Mehltaus unbeschadet zu überstehen, ist mit nichts weniger als dem Wirken des Hl. Geistes zu erklären!
Weiter: Man kann ihnen helfen! Und sie brauchen diese Hilfe… Wie das vorliegende Beispiel erneut zeigt, kann jede und jeder (s)einem Priester dabei helfen, die liturgischen Zustände in einer Gemeinde zu heilen: Durch direkten Zuspruch, durch mutiges Bekennen gegenüber anderen Gemeinde- mitgliedern, wie es beides Paul Göbel getan hat, durch Gebet ohnehin, durch den klug überlegten Besuch bestimmter Gottesdienste und, und, und! (und hoffentlich sogar durchs Bloggen 😉 )
Ich finde: Paul Göbel hat sich um die Kirche verdient gemacht, Danke! Und Danke, daß Sie das mit uns geteilt haben.
Und so sage ich erneut: Leistet Widerstand und laßt Euch darin nicht beirren!
„Alle haben entsprechend den Möglichkeiten in ganz besonderer Weise dafür zu sorgen, daß das heiligste Sakrament der Eucharistie vor jeder Art von Ehrfurchtslosigkeit und Mißachtung bewahrt wird und alle Mißbräuche vollständig korrigiert werden. Dies ist für alle und für jeden einzelnen eine sehr wichtige Aufgabe, und alle sind ungeachtet der Person zur Verwirklichung dieser Aufgabe gehalten.“ (Redemptionis Sacramentum Nr 183) (Hervorhebungen von mir)
Hl. Giuseppe Cafasso, Patron der Kapläne, bitte für alle jungen Priester, deren Herz für die Heiligkeit der Messe brennt und bitte für uns, daß wir nicht nachlassen, sie darin zu unterstützen!
5 Kommentare
Toller Artikel. Danke!
O, Danke! Freut mich sehr!
GL
Nur ergänzend: wenn jemand nach der Heiligen Messe den Kelch mit einem Tuch abtrocknet, ist das Tuch nicht mit dem Allerheiligsten in Berührung gekommen, auch nicht indirekt. Der Kelch wird in der Heiligen Messe purifiziert, eine Reinigung nach dem Gottesdienst dient meist der Hygiene oder auch der Optik (es gibt Priester, die „Lippenbekenntnisse“ hinterlassen). Daß man so ein Tuch nicht absichtlich auf den Boden werfen sollte, steht auf einem anderen Blatt, sakrilegisch ist es nicht zu nennen.
Ja, ein sehr interessanter und aufschlussreicher Artikel. Herzlichen Dank an Herrn Göbel für das Mitteilen seiner Erfahrungen in bezug auf eigenmächtige Eingriffe in die Liturgie – so traurig diese Tatsachen sind. Ich kann nicht verstehen, wie Menschen so wenig Respekt haben, selbst vor den heiligsten Dingen und meinen, die Kirche müsse sich ihren kruden Vorstellungen von Liturgie und Glauben anpassen.
Vielen Dank auch für Das-in-Erinnerung-Rufen des Aufrufs an jeden Gläubigen, „dafür zu sorgen, daß das heiligste Sakrament der Eucharistie vor jeder Art von Ehrfurchtslosigkeit und Mißachtung bewahrt wird“. Man sollte sich von dem ungerechten Vorwurf, der einem dann schnell von interssierter Seite unterstellt wird, nämlich, man würde sich als Denunziant gebärden, nicht beeindrucken lassen. In Fällen liturgischen Missbrauchs geht es nicht um irgendeine Lapalie oder etwas, das uns gleichgültig sein könnte, sondern es geht ja um das, was uns im Innersten unseres Glaubens betrifft, um das, was Jesus Christus uns als sein Testament hinterlassen hat. Und DAS ist aller Eigenmächtigkeit – sei es durch Laien oder durch Priester – entzogen. Gott sei Dank.
@ Braut des Lammes: Danke! Ja, aber es gibt da noch ein Detail… 😉
@ Frischer Wind: Danke! Ein Thema verdiente einmal einen längeren Beitrag!
Da sich auch P. Göbel noch einmal mit Details des Vorfalls gemeldet hat, werde ich in naher Zukunft noch einmal einen zusammenfassenden Beitrag „oben“ auf dem Blog schreiben.
Hoch lebe der Embolismus! 🙂
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[…] So, nach dem Ausflug auf das politische Parkett, den die Schafe da vorgestern gewagt haben (heute morgen hat die Hl. Ursul…, äh, die Bundesverteidigungsministerin den Einsatz in Afrika begrüßt… ), gibt es im Rahmen des PuLa-Normalbetriebs noch einen leider reichlich verzögerten notwendigen Nachtrag zu den Berichten über die liturgischen Gepflogenheiten im Ahnatal (zuletzt hier). […]
[…] es denn inhaltliche (theologische) Argumente geben könnte, die gegen sein Beten sprechen könnten (hier). Wie gesagt, das Netz gibt da nicht viel her, aber es gibt ja zum Glück auch noch Lexika und vor […]
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