Nach längerer Pause, in der das wirkliche (Berufs-) Leben seinen Tribut forderte, hat PuLa heute ein echtes Schmankerl für seine Leser.
Wir treffen nämlich das erste, aber bestimmt (!) nicht das letzte Mal auf liebe Brüder und Schwestern in der „kleinen Großpfarrei“ „Maria Hilf“, die sich mit ihrem Hauptsitz im schönen Städtchen Wundersdorf vom Speckgürtel der Hauptstadt bis in den Oderbruch erstreckt.
So sind die dortigen Pfarrkinder ein buntes Völkchen, das wir nach und nach kennenlernen werden.
Wie Sie sehen, handelt es sich zugleich um den ersten Gastbeitrag auf PuLa (ich könnte niemals so schreiben…).
Viel Vergnügen:
Tiefe Einsicht
Ein Sketch für drei Personen
Hanna steht aufgestützt am Küchentisch und liest Zeitung. Auf dem Herd köchelt eine Suppe. Karl und Tilman kommen Arm in Arm zur Tür herein gewankt. Sie tun, als wären sie sturzbesoffen.
Karl und Tilman (grölend): Hooooooo! Viva, viva la musica! Viva, viva la musica! Viva la musica.
Tilman (will gerade den nächsten Kanon-Einsatz anstimmen. Als sein Vater nicht mehr mitsingt, verstummt er auch.): Viva, vi …
Hanna (blickt erschrocken von der Zeitung auf): Was ist denn mit Euch los? Ich denke, ihr wart im Pfarrheim.
Tilman: Wwwwarnwirja-aaaaauch.
Karl: WwwwwirhamnnnnnullkkkkommasechssssssssPrrr-promille! (Er grinst)
Hanna (zieht die Augenbrauen hoch): Aber bei 0,6‰ ist man doch nicht in so einem Zustand!
Karl (guckt sie aus nächster Nähe an): Oh, nnnnnnachddder Ffffffffasdnzssssseitgehdasmmmmmanchmalgganschnnnnelllllllll!
Tilman: Mmmmmmiddem ersssdn Aaaaalohol.
Hanna (rollt die Augen): Könnt ihr jetzt bitte wieder normal sein? Sonst fahr’ ich euch in die Klinik!
Karl: AaaaberTtttäubchen! Wwwwwirffffreununsdochnnnur!
Tilman: Üüüübberddden Eeeetat ffffürdddie Ki – Kikikkkirchenmusik!
Hanna: Ihr habt den Haushalt eingesehn?
Karl: Kkkklar!
Tilman: Ppppparagraph 3, Aaaaabsatz 1!
Karl: Aaausder „GgggewwaltinderVvversetzungdeskkkkatholischen Kkkirchenvermögens“
Hanna (rührt in der Suppe, leicht genervt): Das „Gesetz über die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens“. Ja. Kenne ich. Und? Was kam raus?
Karl: DdderEtatffffür die Kkkirchenmusik bbbeträgt nnnnnnullkkommannnullsechs Pppproßent ddes Gggesamtvolumens!
Tilman (hebt den Zeigefinger): Nnnnnnullkkommannnullsechs Pppproßent.
Karl: Ebn nnnnullkkkkommasechssssssssPrrr-promille …
Tilman: … wwwwiewwwir schschschonsssagdn!
Hanna: 0,06 % des Gesamtetats? Das kann doch gar nicht sein! Das ist doch viel zu wenig.
Karl (mit gekrauster Stirn und erhobenem Zeigefinger, deklamierend): „…bbböseMmmmenschnkkkkennn’kkkkeineLllllieder!“
Hanna: Karl! Jetzt ist es aber gut!
Tilman: Bbbbetrunkene unn Nnnnnarren sssssagen die Wwwwwahrheit!
Karl (wichtig): Ggggenau: „in vvvero vvvinitas“
Tilman: dddummmmmeinß: „in vvveniae vvvenustas“
Karl: „in Vvvvveneri vir“ (grinst)
Hanna: Karl!
Karl: äääh! … vvvviriditas! Tschulligung!
Tilman (stimmt den Sprechgesang der Allerheiligenlitanei an): Hhhhheilige Cäcilia!
Karl und Tilman (singen): Bitte für uns!
Tilman: Ihr Heiligen alle!: Bit…
Hanna: Schluß jetzt! Das ist ja nicht zum Aushalten! Ihr werdet jetzt wieder normal, oder ich eß meine Suppe alleine!
Karl (geht zum Besteckfach): Oh! Das geht nicht!
Tilman (holt Teller und Gläser aus dem Schrank): Ich habe Hunger!
Karl (deckt Besteck auf): Und wie das duftet!
Tilman (stellt eine Flasche Wasser auf den Tisch): Keine Suppe – das ist es nicht wert!
Hanna: Na bitte, warum nicht gleich so.
Hanna tut jedem auf und sie beginnen zu essen.
Hanna: 0,06% – ich kann mir das gar nicht vorstellen! Musik ist doch nicht bloß irgendeine Zutat, die man genauso gut weglassen kann … Seid ihr sicher, daß ihr euch nicht verguckt habt?
Karl (kaut ein Stückchen Brot): Ganz sicher!
Hanna: In der Zeile verrutscht?
Karl: Neenee. Wenn hier was verrutscht ist, dann der Maßstab!
Tilman: Dieser winzige Etat erklärt jedenfalls einiges.
Hanna: Gut, es kann ja sein, daß es mit dem Bau zusammenhing – es war doch der Haushalt von 2010?
Karl: Hmja. Aber derselbe Betrag wie im Vorjahr.
Tilman: Sah schwer nach „kopieren und einfügen“ aus.
Hanna: Laßt uns mal abwarten. Vielleicht wird es jetzt besser, wo der Bau abgeschlossen ist.
Tilman: Hoffen wir’s!
Karl (wiegt den Kopf): Du, ob hoffen da reicht?
ENDE
Cornelie Becker-Lamers, Weimar
Ja, so geht es zu in Wundersdorf! Ob bei uns in der Musikstadt Weimar wohl mehr Mittel für die Kirchenmusik etatisiert sind?
Na, jedenfalls war vor kurzem eine vorbildliche Initiative zu beobachten, um die finanzielle Lage genau dieses Haushaltssegments zu verbessern: Nach einem Konzert am 28. April stand dieses Sammelkörbchen am Ausgang (die schlechte Bildqualität bitte ich zu entschuldigen, PuLa übt noch…).
„Zur Förderung der Kirchenmusik und des kirchenmusikalischen Nachwuchses an der Pfarrkirche ‚Herz Jesu“ stand da zu lesen.
Selbst die 5 Euro sind ja ein Anfang und wenn wir jetzt mit neuer Orgel regelmäßig mehr Besucher begrüßen dürfen, darf man ja hoffen!
Ein Trackback/Pingback
[…] (öffnet die Hände): Na, die jungen Leute sind weggezogen … Studium, Beruf, keine Ahnung. Tilman, den du jetzt wahrscheinlich meintest […]
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