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Normal kommt von normativ!

Wer die folgende schauerliche Geschichte bis zum Schluß durchhält, der fragt sich vielleicht, was das mit „Katholisch in Weimar“ zu tun hat.

Sehr zu Recht! Ich bitte alle PuLA Leserinnen und Leser um Nachsicht. Es ist nur so, daß es genau, aber ganz genau die Sorte Leute ist, um die es im weiteren geht, die mich gefühlte 20 Jahre Leben mit der Kirche gekostet hat, und wenn ich so etwas lese, kommt die ganze Trauer und Wut darüber eben hoch!

 

Doch keine Sorge! Schon in wenigen Tagen gibt es hier den nächsten „Sketch des Monats“. Wir besuchen wieder unser Brüder und Schwestern in Wundersdorf und betrachten, wie sie versuchen, bei der Bewältigung der vielfältigen Aufgaben in der Großgemeinde (der dortigen) das Verhältnis von Haupt- und Ehrenamt auszutarieren.

Freuen Sie sich schon jetzt auf: „Die Beichthotline“!

 

Aber jetzt geht es zunächst nach Erftstadt. Nie gehört? Macht nichts, glauben Sie mir, ich kenne die Gegend…

 

Der Entzug der kirchlichen Lehrerlaubnis für David Berger durch den Kölner Erzbischof hat ja auch in der Blogozese bereits verschiedentlich Niederschlag gefunden. Ich habe es zuerst bei Johannes auf Vita in Deum gesehen, (dann noch hier, hier und hier, z.B.) und es ging mir wie ihm: Auch ich hätte mich dazu am liebsten gar nicht geäußert. Das Outing des armen Berger nach seiner „Karriere als konservativer Theologe“ ist ein schwieriges Thema, zu dem ich mich keineswegs hinreichend kompetent fühle. Allerdings muß ich, auch gegenüber einigen positiven Wertungen von Bergers Werken durch die „Kollegen“, sagen, daß manche seiner Schriften, wie z.B. der „Thomismus“, bei mir immer schon ein eigentümliches Gefühl erzeugt haben; es durchzieht sie ein spezifischer, gänzlich unthomasischer Eifer,  ein Mangel an innerer Mitte, finde ich.

Doch schon vor (!) den Blogs hatte ich einen Artikel in der Samstagsausgabe der FAZ vom 7. Mai (S. 39) dazu gelesen und dachte, zu den dort zitierten Äußerungen von vor Ort, dem schönen Liblar, einem Ortsteil von Erftstadt, muß man sich ja geradezu verhalten.

Im Ergebnis enthüllte sich das übliche Elend der Mainstream-Medien, wenn es um katholische Themen geht und leider auch ein eklatanter Mangel an Sorgfalt bei einer „Qualitätszeitung“ wie der FAZ.

 

Dabei ist die Sache selbst ja ganz simpel: Joachim Kardinal Meisner ist einfach als der zuständige Seelsorger der Aufgabe nachgekommen, in seinem Bistum die Verbreitung der Lehre nur in solchen Händen zu lassen, die sein Vertrauen haben. Dafür konnte es nach der Buchveröffentlichung von Berger und etlichen Interviewäußerungen nun einmal keine Grundlage mehr geben (Pressemitteilung des Erzbistums).

Der Erzbischof hat sich also ganz schlicht „normal“ verhalten, d.h. der Norm (dem Kirchengesetz) entsprechend. Daher kommt nämlich der Begriff und nicht von einem wie auch immer zu verstehenden Verhalten entweder einer großen Zahl (manchmal sogar der Mehrheit) oder einer besonders lautstarken Gruppe (meistens einer Minderheit), nein, „normal kommt von normativ“.

 

Darauf nun reagierte der örtliche Pfarrer laut FAZ mit einem „tief betroffen“. Gut, dachte ich, das kann ja vieles meinen; halten wir ihm vorerst „the benefit of doubt“ zugute.

Als aber auch noch ein CDU Stadtverordneter namens Christian Kirchharz mit den Worten zitiert wurde: ‚Meisners Entscheidung sei für ihn „nicht nachvollziehbar“, Bergers öffentliches Bekenntnis zu seiner Homosexualität hingegen verdiene „unser aller Respekt“ wurde ich langsam neugierig. Daß der oben geschilderte normale Vorgang für einen Angehörigen einer christlichen Partei (naja!) „nicht nachvollziehbar“ sei, konnte ich wiederum nicht nachvollziehen.

 

Wenig später landete ich auf den Seiten des Kölner Stadtanzeigers, der offenbar die Quelle der Zitate in der FAZ war.

 

Und da sah die Sache ganz anders aus.

Zunächst zum örtlichen Geistlichen. Ich erinnere daran, Priester versprechen bei der Weihe ihrem Bischof Respekt und Gehorsam.

Pfarrer Winfried Jansen:

„Ich bin tief betroffen über die Entscheidung der katholischen Kirche, dem Erftstädter Lehrer David Berger wegen seines Bekenntnisses zur Homosexualität die Lehrerlaubnis für katholischen Religionsunterricht an Schulen zu entziehen. Ich wusste von den Querelen, und deshalb kommt für mich die Entscheidung aus Köln nicht überraschend. Allerdings hatte in Erftstadt niemand Probleme mit Berger. Aber nach seiner Buchveröffentlichung und der Kritik an der Amtskirche war klar, dass etwas passiert. Das Imperium schlägt jetzt zurück. Die Mächtigen sind sich einig und haben gehandelt. Ich hingegen hätte es für gescheit empfunden, wenn das Erzbistum das Gespräch mit Berger gesucht und die Zusammenarbeit fortgesetzt hätte. Das Image der Kirche wird weiter angekratzt, und vielleicht gibt es wegen der Entscheidung noch ein paar weitere Kirchenaustritte.“

Von der Tatsache, daß ein Pfarrer natürlich auch Teil der „Amtskirche“ ist, mal ebenso abgesehen, wie von der Frage, wie viele „Kirchen“ außer der „katholischen Kirche“ dieser Geistliche denn noch so kennt, wollen wir übersetzen und zusammenfassen: Kardinal Meisner ist ein zweiter Darth Vader und gehört zur „Dunklen Seite der Macht“, er ist nicht recht gescheit und die erste Sorge hat dem „Image“ der Kirche zu gelten.

Aha. Und was lernen wir daraus? Wer die Worte „tief betroffen“ gebraucht, dem hört man offenbar besser schon gar nicht mehr weiter zu.

Doch war das schon alles? Kann man die Sache jetzt mit einem Stoßgebet: „HERR, Schenke uns heilige Priester und bewahre uns vor dem Rest!“ abschließen?

Leider nicht. Das Grauen ist noch steigerungsfähig!

Doch zunächst zur Frage der Äußerungen des Stadtverordneten Kirchharz.

Nun, der ist in der FAZ schlicht falsch zitiert worden! Ihm sind nämlich die Worte des zuständigen Schuldezernenten, Volker Erner, in den Mund gelegt worden:

„Das öffentliche Bekenntnis David Bergers zu seiner Homosexualität hat unser aller Respekt verdient. Ich hätte mir gewünscht, dass gerade die katholische Kirche dem Thema mehr Toleranz entgegengebracht hätte. Diesen Wunsch verbinde ich mit der dringenden Bitte an Kardinal Joachim Meisner, die in meinen Augen nicht nachvollziehbare Entscheidung umgehend zu revidieren.“

Naja, ich vermute, diese gewichtige Wortmeldung aus Erftstadt wird das Erzbistum schwer erschüttern, nicht?

Aber nun, nach diesem Ritardando, kommt der einsame Höhepunkt der Wortmeldungen aus Erftstadt erst noch; es gibt dort nämlich auch noch den Bliesheimer Pfarrvikar und „bekannten Buchautor“ Willi Hoffsümmer (doch, doch, der heißt wirklich so und er hat wirklich 100 (!) Bücher geschrieben, bzw. herausgegeben).

„Ich könnte jetzt einen Brief an den Kardinal schreiben. Aber der würde nirgends abgedruckt.“

Die Sorge um das Abgedruckt-Werden scheint bei dem Herren habituell geworden zu sein.

„Alle Fachbücher lehren etwas anderes, aber Köln macht, was es will.“

„Alle Fachbücher“? Welche Kommentare zum Kirchenrecht meint denn „der Bliesheimer“? Oder denkt er eher an die selber geschriebenen Werke?

Vielleicht an „Geschichten wie Brücken zum Leben, Mainz 1992“ oder an „7 x 12 Symbolpredigten für Familiengottesdienste durch das Kirchenjahr, Mainz  2005“ oder gar an „77 Traumfenster, Ostfildern 2010“ ?

 

Gut, bis hierher alles Realsatire, aber dann wird es richtig ärgerniserregend:

Willi Hoffsümmer:

„Herr Meisner argumentiert immer, dass es ihm um die Wahrheit gehe. Aber was ist denn die Wahrheit, wer hat sie denn?“

Pontius Pilatus:

„Was ist Wahrheit?“ (Joh. 18, 38)

Der Mann ist seit über 40 Jahren Priester. Wenn ihn in der Zeit seine Reflexion über das Wahrheitsthema nicht weiter geführt hat, wird es aber langsam Zeit, finde ich.

Doch das Beste kommt immer noch erst!

Zum Abschluß hebt der „Fernsehpfarrer und bekannte Buchautor“ nämlich zu einem wahren Finale Furioso des Gut-Menschen-Sprech an, wie man es in so reiner Ausprägung nur noch selten findet:

„Die katholische Kirche wird hier nur verlieren können, weil sie nur ausgrenzt. Das mit anzuschauen tut so weh. Im Himmel gibt es keine Mauern zwischen rechts und links, dort zählt nur die Liebe.“

Da schweigt des Sängers Höflichkeit…

Was für ein deprimierendes Ergebnis: Eine Provinzzeitung, die alles tut, nur nicht zur Sache informieren, eine Qualitätszeitung, die schlampig zitiert und zwei Geistliche, die offenkundig besser bei den Trappisten aufgehoben wären (vorausgesetzt, von dort dürfte man neben dem Schweigegebot auch nicht noch mehr Bücher auf die Welt loslassen…).

 

Arme „West-Kirche“! Denn leider ist dieses Bild nicht gerade untypisch. Nicht nur wir in der „Diaspora“ müssen „Missions-Kirche neuen Typs“ (Bischof Wanke) werden, scheint mir!

 

2 Trackbacks/Pingbacks

  1. Pulchra ut Luna › Ignoranz oder Infamie ? on Freitag, 22. Juni 2012 um 06:38

    […] eine überregionale Tageszeitung zu halten, die den Anspruch des „Qualitätsmediums“ ja auch gemeinhin einlöst. Umso erschütternder der Kurz-Kommentar des in der Blogoezese ja schon bekannten […]

  2. […] vor allem aus dem Mund von Geistlichen, lassen auch heute noch schaudern! Kleiner Grusel gefällig? Hier entlang! Geschrieben von Gereon-Gunter Lamers. Veröffentlicht am Donnerstag, 13. Juni 2013 […]

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