„In die Woche gesprochen“ wird aktuell die gute alte Geschichte mit den „Drei Sieben des Sokrates“, überliefert in vielen Versionen und beliebt in Kreisen der Katholischen Jugend. Freilich, die Wahrscheinlichkeit, daß sie von Sokrates oder überhaupt nur aus dem alten Griechenland stammt ist gering, die Zahl möglicher Quellen hoch.
Merke: Auch große Philosophen haben ihre Apokryphen 😉
Aber es bleibt eine gute Geschichte mit einer beherzigenswerten Lehre, der sich auch PuLa verpflichtet fühlt, selbst wenn mir ihre spezifische Verbindung mit dem Dreifaltigkeitssonntag auch nach der Erläuterung nicht aufgegangen ist, aber das mag an mir liegen.
Nun ist es ja ein Kennzeichen guter Geschichten, wenn sie einen ins Nachdenken bringen. Ins Nachdenken auch über ihre Grenzen, ja vielleicht sogar ihre Gefahren.
Im vorliegenden Fall ist ja z.B. die Einseitigkeit der Darstellung unverkennbar: Der „junge Mann“ redet über Sokrates‘ „Freund“, d.h. die Geschichte würde sich (vorwiegend) mit einer Person aus dem emotionalen Nahraum beschäftigen. Er kann weiterhin keines der Kriterien, die durch die „Siebe“ symbolisiert werden, erfüllen.
Weiterhin können natürlich (mindestens) die Kriterien der „Güte“ und der „Notwendigkeit“ mehrdeutig sein und das Resultat der Geschichte hängt schließlich ab von der relativen Gewichtung der Kriterien, die keinesfalls unverbunden nebeneinander stehen.
Das klingt vielleicht arg theoretisch, aber das Gemeinte wird sofort klar, wenn man die Geschichte nur ein bißchen anders erzählt:
„Höre, Sokrates, hast du das gehört, was der Bankvorstand XY getan hat? Das muß ich dir gleich erzählen.“
„Moment mal“, unterbrach ihn der Weise. „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Drei Siebe?“ fragte der Andere voller Verwunderung.
„Ja, mein Guter, drei Siebe. Laß sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht.
Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“
„Ja, ich habe mir alle Mühe gegeben, den Wahrheitsgehalt zu prüfen, so gut es mir möglich war.“
„So, so! Und sicher hast du es auch mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst – nachdem Du versucht hast, seinen Wahrheitsgehalt zu prüfen -, auch gut?“
Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil, aber ich wollte es Dir unter möglichster Schonung der Person berichten .“
„Aha!“ unterbrach Sokrates. „So laß uns auch das dritte Sieb noch anwenden und laß uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich erregt?“
„Ja, leider ist es sehr notwendig, denn unter dem Tun des Amtsträgers leiden viele unserer Mitbürger.“
„Dann“, sagte der Weise betrübt, „wenn das, was du mir das erzählen willst, zumindest wahrscheinlich wahr, nicht gut, aber notwendig ist, so mußt Du es mir wohl erzählen, damit wir überlegen, was wir dagegen tun können!“
Wie so häufig haben die Angelsachsen eine erheblich kürzere Art der Darstellung gefunden, um auf die mögliche Problematik der „Drei Siebe“ hinzuweisen, hier, letzter Satz.
Und dann ist mir noch folgender Satz aufgefallen in den Vermeldungen zum Hochfest Fronleichnam:
„Unsere Filialgemeinden Bad Berka und Buttstädt werden auf diesem Wege herzlich eingeladen, am Gottesdienst, an der Prozession und am Gemeindefest teilzunehmen. Die Weimarer freuen sich, mit ihnen wieder einmal ins Gespräch zu kommen!“
Ich lasse mal das vereinnahmend gönnerhafte „Die Weimarer freuen sich […] wieder einmal (!) ins Gespräch zu kommen“ weg, schon, weil ich mich tatsächlich freuen würde, aber auch ohne dem muß man sich diesen Abschnitt auf der Zunge zergehen lassen:
„Herzliche Einladung“: Einladungen kann man annehmen oder auch nicht. Ein Blick in den Gottesdienstplan zeigt aber, daß kaum etwas anderes übrigbleibt, als nach Weimar zu fahren. Wer Fronleichnam feiern will, wie man Fronleichnam eben feiert, der muß nach Weimar kommen.
Warum, bitte, wird hier nicht offen gesagt, wie es ist: Der Weg zur endgültigen Gemeindefusion ist weit fortgeschritten und dies hier ist schlicht ein Vorgriff auf die zukünftige Realität!
Auf der anderen Seite werden wir 2012 immerhin gemeinsame Gremien wählen (PuLa berichtete), was ja auch heißt: Berkaer und Buttstädter werden Einfluß in Weimar nehmen, nicht wahr?
Angesichts dieser „Nebelkerze“ bleibt nur zu hoffen, daß die „Einladung“ nicht nur „auf diesem Weg“ erging, denn sonst könnte sie ein paar Menschen sauer aufgestoßen sein.
Wie wäre es denn übrigens, wenn man darüber nachdächte, auch künftig in den Filialorten immer wieder einmal Fronleichnamsprozessionen durchzuführen? Ich würde den Weg gerne machen!
Fazit: Man sollte auch um den 17. Juni, dem Gedenktag der Hl. Euphemia, herum nicht versuchen, sie mit einem Euphemismus zu ehren, denn das geht schief…
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