Vor einiger Zeit hatte PuLa auf einen Artikel von Martin Mosebach in der WELT hingewiesen, in dem dieser den „Gottfernen Zustand“ der großen Mehrheit im Osten Deutschlands mit einer dem Protestantismus innewohnenden Tendenz zur Säkularisierung im allgemeinen und den Folgen des Preußentums im besonderen in Verbindung brachte. Eine durchaus „steile These“, an der ich in zumindest einer Hinsicht auch ein Fragezeichen anzubringen hatte.
Nun gibt es doppelten Anlaß, sich dieser Wortmeldung wieder zuzuwenden, was ich außerordentlich erfreulich finde, denn eigentlich sollen hier ja inhaltliche Beiträge erscheinen oder gar Debatten stattfinden, bzw. zumindest mal gespiegelt werden…
Zunächst einmal also hat sich „KGE“, schon Ende April ebenfalls in der WELT und dann auch im Rahmen des Katholikentags in Mannheim, mit Mosebach auseinandergesetzt (oder an ihm abgearbeitet?). Ach, Sie wissen nicht, wer „KGE“ ist? Entschuldigung, PuLa ist eben doch ein Thüringer Provinzblog… 😉 aber der lokale/regionale Schwerpunkt ist ja auch Programm!
Also, es handelt sich um Katrin Göring-Eckardt, Thüringer Grünen Politikerin, stv. Bundestagspräsidentin und Präses der Synode der EKD. Und daß man sich aus dieser Position heraus gegen Mosebachs Thesen zur Wehr setzt, das ist schon sehr verständlich!
Schade nur, daß die Auseinandersetzung typisch „politisch“ verläuft, nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“:
„Göring-Eckardt: Mosebachs Behauptung halte ich für absurd. Er scheint zu meinen, dass die Ästhetisierung des Glaubens im Sinne der alten lateinischen Messe das ist, was das Christentum festigt, aber so etwas hat nichts mit der realen Situation im Kernland der Reformation zu tun. Dass durch die Reformation die Menschen mündig wurden, hat sie mitnichten von Gott weggetrieben.“
Du liebe Güte, das strotzt ja nur so vor den altbekannten konfessionellen Vorurteilen, gemischt mit dem subtilen Vorwurf des „Feuilleton-Katholizismus“, bzw. Ästhetizismus. Man kann gar nicht so schnell auf alles eingehen. Aber finden Sie es nicht auch zumindest „bemerkenswert“ den Menschen aus 1.500 Jahren der (gemeinsamen) Christentumsgeschichte die „Mündigkeit“ abzusprechen? Augustinus, Th. v. Aquin, Franziskus, Bonaventura… alle „unmündig“? Also bitte, dieses Niveau läßt ja im weiteren Verlauf des „Reformationsjubiläums“ noch einiges erwarten. Wie hieß es doch in diesen Zeilen vor einiger Zeit: „Das Katholikenbashing ist der blinde Fleck der political correctness.“ Wenn das so weiter geht kündige ich nur schon mal an, mir fällt auch noch so einiges an konfessioneller Polemik ein, wenn‘s sein muß 😉
Und was den „Ästhetizismus“ angeht: Mosebach selbst bekennt sich gewissermaßen zu diesem „Vorwurf“, nur daß es für ihn keiner ist! Ich kann es mir da zum Glück ganz leicht machen und verweise nur auf den vor kurzem verlinkten Artikel von Chr. Stölzl, in dem dieser darlegt, warum christlicher Kultus sich vor dem Banalen hüten und höchste Anstrengungen auch und gerade in ästhetischer Hinsicht fordern muß. Prof. Stölzl ist Lutheraner…
Und Lutheraner ist auch Dr. R. Kipper, der sich im Kommentarbereich m.E. wesentlich intelligenter und besser begründet mit einer Kritik an Mosebach zu Wort gemeldet hat; Nachlesen dort lohnt!
Leider gibt es aber an der Göring-Eckardtschen Kritik noch einen Aspekt, einen gewissermaßen innerkatholischen, der Erwähnung verdient. Woher haben die Journalisten, die über ihren Auftritt berichtet haben, die Zusammenfassung ihrer Thesen (einschließlich der Druckfehler…)? Von der Website des Katholikentags. Natürlich unkommentiert. Na, nachdem uns der Präsident des ausrichtenden ZdK seine Meinung zur „Alten Messe“ ja zum Abschluß der Veranstaltung schon mitgeteilt hat („gehört nicht dazu!“) verwundert diese indirekte Selbstbeschimpfung auch nicht mehr. Mich vertritt das ZdK auch nicht, kann ich da nur sagen!
Aber so bloß ernst möchte ich heute eigentlich gar nicht schließen.
Hm!
Ah! Jetzt hab ich‘s!
Also, wie meint Frau Göring-Eckardt: Mosebach vertrete die Ästhetisierung des Glaubens im Sinne der alten lateinischen Messe und suche in der Rückkehr zur tridentinischen Liturgie das Heil, wohingegen tatsächlich nur der Glaube „vor der Kirchentür“ in der Welt wirksam werden könne.
Ok, nachdem ich gerade nur mühsam ein Gähnen unterdrücken konnte, kann ich da nur (zum ca. 573ten Mal) sagen: Diese uuuralte Entgegensetzung: „In der Kirche passiert nicht wirklich etwas, sondern nur draußen“ ist ein grundlegendes Mißverständnis! Und zwar in allen christlichen Konfessionen! Ich würde mir jedenfalls niemals herausnehmen, so etwas in Bezug auf einen evangelischen Gottesdienst zu behaupten, aber: In der katholischen Liturgie ereignet sich/geschieht nun wirklich etwas (natürlich in beiden Formen des Ritus!). Sie ist kosmische Liturgie und deswegen ist dort tatsächlich das Heil zu finden; ganz genau dort, Frau Präses!
Und deshalb hat unser Freund aus Brighton denn auch recht, wenn er singt:
„So save the liturgy and save the world! “
Enjoy!
2 Kommentare
Ist Präses für KGE per politisch korrekte terminus technicus? Müßte es nicht PräsesIn oder Präsesa oder so heißen? 😉
Moin, Herr Kollege!
Auch wenn ich den „Kniep-Smiley“ wohl gesehen habe: Da haben sich unsere Brüder und Schwestern, äh, Verzeihung, Schwestern und Brüder, meine ich natürlich, bei der anderen Feldpostnummer sehr wohl Gedanken gemacht!
Ich habe mal in die aktuellen rechtlichen Dokumente der neuen „Nordkirche“ geschaut. Daraus geht klar hervor, es heißt die oder der Präses, bzw. in der Tat Herr oder Frau Präses!
„Artikel 50: Präsidium
(1) Das Präsidium der Kirchenkreissynode besteht aus der bzw. dem Präses und
zwei Vizepräsides.“ (Fundort)
Im Einführungsgesetz zur Verfassung „klappert“ es dementsprechend jedesmal wieder ermüdend vor sich hin: „die, bzw. der Präses…“ Naja.
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[…] eigentlich wird es ja langsam ein bißchen langweilig, aber nachdem wir hier das Thema: Kritik an Martin Mosebachs These zum Zusammenhang von Protestantismus, Säkularisierung und Glaubensverlust im Osten Deutschlands […]
[…] wohl z.B. von hier aus zu stellen (vgl. die Diskussion um M. Mosebachs Äußerungen auf PuLa hier und […]
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