Aus zwei Gründen setzt PuLa heute mit der dienstäglichen Serie zu den Wahlen einmal aus:
Erstens ist durch die notwendige Sonderberichterstattung am Sonntag ein gewisser Überdruß an dem Thema eingetreten, auch bei mir, aber vor allem gibt es derartige, sehr verständliche Leserreaktionen (vgl. hier)! Aber nächste Woche geht’s natürlich weiter; der Gegenstand ist alles andere als ausgeschöpft…
Zweitens möchte ich ein „Dankeschön“ sagen und zugleich ein bißchen etwas erläutern und muß dafür die Form des „Offenen Briefs“ wählen, denn der Anlaß dieses Danks ist anonym verfaßt, aber allgemein zugänglich.
Für die, die in der Blogoezese nicht so zu Hause sind, muß ich ein bißchen ausholen: In diesem Jahr verleiht Hw. Alipius auf „Klosterneuburger Marginalien“ nach 2010 wieder den „Schwester-Robusta-Award“. Eine Auszeichnung , vergeben in verschiedenen Kategorien, für katholische Blogs die, na, sagen wir mal, im vergangenen Jahr besonderes Profil gewonnen haben. Schauen Sie hier!
Namensgeber ist eine Comic-Figur, eben „Schwester Robusta“ die der hwe. Herr Alipius entwickelt hat, und die auch unabhängig von dem Preis stete Aufmerksamkeit verdient! Hier eine kleine Kostprobe (zusammen mit Hw. Himmelhoch) und hier geht’s zum Robusta-Archiv.
Weil es sich bei der „Robusta“ also um so etwas wie den Blogoezesen-Oskar handelt, ist schon, ganz wie bei den Motion Picture Academy Awards, allein die Nominierung ehrenhaft.
Und da muß ich nun, leicht rot angelaufen, berichten, daß PuLa in der Kategorie „Sonderpreis“ nominiert worden ist (und sogar schon am ersten Tag, ähem!):
„Sonderpreis: „Pulchra ut Luna“ für das Zeugnis heroischen Kampfes in der Diaspora, der einem klarmacht, daß es noch so viel schlimmer sein könnte.“
schrieb dort eine Anonyma oder ein Anonymus.
Klar, daß ich mich freue, oder? Aber ich hätte hier nicht extra drauf aufmerksam gemacht (ehrlich!!), wenn es da nicht m.E. das Potential für ein Mißverständnis gäbe, das ich gern ausräumen möchte. Daher hier der „Offene Brief“:
Sehr geehrte liebe Anonyma oder sehr geehrter lieber Anonymus!
Über Ihre frühe Nominierung von PuLa für den Sonderpreis des diesjährigen Schwester-Robusta Awards habe ich mich sehr gefreut und danke Ihnen! Es ist ein schönes Gefühl, wenn man merkt, man wird nicht nur gelesen, sondern offenbar auch verstanden und: Da fühlt jemand mit! Angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die man sich vor allem seit kurz vor Ostern so sagen lassen mußte (und muß) tut das mehr als wohl! Nochmals „Danke“ und seien Sie versichert: Das ist mir und uns ein Ansporn weiterzumachen, hier auf PuLa sowieso, vielleicht aber auch noch andernorts…
Nun möchte ich einem möglichen Mißverständnis vorbeugen, das ich Ihnen ausdrücklich nicht als Meinung unterstelle, das aber bei flüchtigem Lesen auftreten könnte, und was mir sehr leid täte.
Dem Mißverständnis nämlich, das, was wir hier in Weimar gelegentlich erleben müssen, habe ursächlich mit dem Diaspora-Katholizismus mitteldeutscher Prägung als solchem zu tun. Das glaube ich nämlich nicht!
Ich muß nun hier sehr vorsichtig sein, denn als ursprünglich rheinischer Katholik habe ich die natürlich prägenden 40 Jahre staatlichen Atheismus‘ nicht erleben/erleiden müssen und schreibe daher auch nur quasi „tastend“ und sozusagen unter Vorbehalt von meinen Eindrücken.
Aber die sind nun einmal nicht die einer Ortskirche, die kräftig den „Aufbruch in Permanenz“ mit liturgischem Gedöns und allgemeinem Verlust an Ernsthaftigkeit und Sakralität forciert. Ganz und gar nicht! Dafür ist es hier viel zu „nüchtern“ und viel zu normal. Manches Mal u.U. ein bißchen sehr „nüchtern“ und „normal“ (sprich, es dürfte gerne gelegentlich feierlicher sein!) aber 40 Jahre Druck scheinen mir im Ganzen eben doch eine gesunde Konzentration auf das Wesentliche befördert zu haben und daß es immer relativ wenig Geld und Personal gab hat dabei gewiß nicht gestört (höre ich da jemanden „Entweltlichung“ rufen? Genau!). Es ist ein wenig die uralte Einsicht: Die ecclesia pressa leistet mehr.
Ich wünsche z.B. jedem, der es (noch) nicht kennt den starken spirituellen Eindruck eines Kirchenbaus, der quasi noch dem Stalinismus abgerungen werden mußte und vielfach unter hohem persönlichem (Arbeits-) Einsatz der Gemeinden zustande kam! Wie unser „Karmel“, wie die Kirche in Oranienbaum bei Dessau mit ihrer kleinen aber sooo gastfreundlichen Gemeinde!
Und über diese „Normalität“ ergießen sich jetzt eben seit gut 20 Jahren verschiedene Phänomene der deutschen „West-Kirche“ und sorgen dabei für ein spezifisches „Fremdeln“, das ich gut nachvollziehen kann! Jedenfalls hat die Kirche in der mitteldeutschen Diaspora nicht gewartet auf die abgelegten und gescheiterten Konzepte der Kinder (oder Enkel!) der Konzilsgeneration, jenes vermuffte aber sich dauerjugendlich gebende längst überwundene Paradigma des Traditionsbruchs! Dafür hat man hier nicht treu zur Welt!-Kirche gestanden, um sich jetzt von Schlaubergern aus dem Westen, die dabei leicht peinlich berührt gucken, erklären lassen zu müssen, das sei ja alles ganz nett gewesen, aber „eigentlich“ müsse man sich ja von solchen „altmodischen“ Anhänglichkeiten frei machen, wie man das im „fortschrittlichen“ Westen schon lange getan habe. Kommt gar nicht gut!
Ein Beispiel dafür, das die ganze Komplexität aufscheinen läßt, ist eine hier anzutreffende Einstellung zum Vatikanum II, die mir gewissermaßen „näher dran am Original“ scheint, an der Zeit, in der, woran man hier vielleicht einmal erinnern darf, ein aufstrebender junger Theologe namens Joseph Ratzinger als Konzilsperitus tätig war, und die von daher eher positiv geprägt ist. Aber anders als Joseph Ratzinger (der Positionen aus gutem Grund änderte) mußte man die traumatischen Wirkungen der Nach-Konzilszeit eben nicht so intensiv erdulden wie die „West-Kirche“. Und nun berufen sich auf der einen Seite die o.g. „Dauer-Bewegten“ auf das Konzil (oder gar den „Geist“ desselben 🙁 ) und wollen lauter Sachen, die man sich so bisher aber gar nicht vorgestellt hatte, und auf der anderen Seite stehen Menschen, mit denen man sich praktisch gut versteht, die aber den „Geist des Konzils“ ein Gespenst ohne Verbindlichkeit nennen und auf seine „Beschwörung“ allergisch reagieren.
Und so erlebe ich auch immer wieder, daß es nicht leicht fällt Verständnis zu wecken für die Haltung, die z.B. auf PuLa gepflegt wird, und die sich neben anderem ja auch durch eine gewisse erfahrungsgesättigte Ungeduld mit so manchen Phänomenen auszeichnet, die hier so eben nicht erlebt worden sind. Anders gesagt: manchmal muß man klar zu machen versuchen, daß die latente „Kampfeslust“ nicht auch bloß ein weiteres schwer verständliches westliches Phänomen ist, sondern der Versuch, es hier in vielerlei Hinsicht erst gar nicht so weit kommen zu lassen, z.B. mit der drohenden jetzt innerlichen Entfernung von der Weltkirche, an die man doch in praktischer Hinsicht gerade erst wieder Anschluß gefunden hatte.
Das ist ein von Fall zu Fall schwieriger Prozeß, der aber auch immer wieder Freude bereitet und bereichert!
Ich bin, liebe Anonyma oder lieber Anonymus
mit bestem Gruß und Segenswünschen
Ihr
GL
6 Kommentare
Gut, der Brief!
Danke! Freut mich.
Ist das die Karmelkirche?
Nein, liebe Kollegin, das ist die Kirche in Oranienbaum, die im Text erwähnt wird! Wir dürfen dort mindestens zweimal im Jahr zu Gast sein und ich freue mich jedes Mal wieder auf den Raum!
Den Karmel in Weimar Schöndorf findet man in diesem Beitrag abgebildet (mit Links)!
Herzlichen Gruß!
Lieber Gereon Lamers,
nein, nein, ich hatte da gar keine geographischen, politischen, historischen Übertragungen reingelegt, mir hat einfach imponiert, wie hier konkret widrigen Umstände mit Hinnahmefähigkeit, Geduld, Humor und in Treue begegnet wird, ein schönes Zeugnis!
Ich hatte bei Alipius unterschlagen, daß mich das gemahnte, in äußerlich besseren Bedingungen,nicht allzu schnell in Ungeduld und sogar Zorn zu verfallen.
Also ein Sonderpreis auch für Demutsstärkungs – Anmahnung, die ich hier rein text (blog) – immanent erschlossen habe! Danke an Pula u.a. dafür!
Und keinesfalls also war das ein Stoßseufzer im Stile von „Ein Glück, daß ich kein Ossi bin, Halleluja…!“
Echt nicht 🙂
Und nochmal: vielen Dank für Blog und Offenen Brief!
Auch Ihnen allen Segen!
Ihr (noch-) Anonymus 1!
Lieber Herr Lamers!
Ich bin auf Ihren Blog erst jetzt gestoßen.
Irgendwie beschlich mich beim Lesen Ihres Offenen Briefes das Gefühl, dass Sie eigentlich recht froh sein können, dort leben und wirken zu können, wo Sie sind:
In der Diaspora.
Bei uns im Westen (ED Freiburg) katholisch zu sein, ist nicht immer die wahre Freude.
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[…] lesenswert für diejenigen, die den „Offenen Brief“, den ich hier vor kurzem i.S. Eigenheiten der mitteldeutschen Diaspora-Kirche […]
[…] Weise Probleme hat mit der mitteldeutschen Diaspora-Kirche als solcher! Bitte ggf. nochmals den „Offenen Brief“ zu diesem Thema lesen und auch die Kommentare […]
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