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Der „Zwei katholische Bücher-Adventskalender“ – Tag 12, Nachkonziliare Orientierungssuche

Aus den Aufzeichnungen von Bischof Aufderbeck

„Ordensschwestern

Im Monat März waren in Heiligenstadt alle höheren Ordensoberinnen der DDR versammelt. Wir haben das Ordensdekret durchgesprochen, d. h. diejenigen Punkte, die für uns beachtenswert sind. Ich weiß nicht, wie diese Arbeit eigentlich recht weitergehen soll. Das Konzil öffnet hier ja wirklich Türen. Wenn es sagt, daß die Reform im Geiste der Gründer geschehen soll, dann können heute mit Hinweis auf diesen Satz die Ordensoberinnen Dinge tun, die die Gründer gern getan hätten, aber nicht tun konnten, weil es damals noch nicht ging. Das gilt ganz besonders für die Vinzentinerinnen und für alle krankenpflegenden Orden.

Es ist auf die Dauer ja unmöglich, eine ganze Ordensfrau zu sein mit allen Übungen, die eine Ordensfrau tun muß, die hauptamtlich Ordensfrau ist, und dazu mehr als vollberuflich tätig zu sein in einem Beruf. Diese Ko-Existenz bringt den Schwestern immer ein schlechtes Gewissen auf der einen und der anderen Seite. (16.4.1967)“

(Aus dem Land der Hl. Elisabeth, S. 247)

 

Ein hochinteressanter kleiner Text! Er zeigt einen Bischof, der hin- und hergerissen ist. Zwischen vom Konzil „geöffneten Türen“ und neuen Chancen der Wirksamkeit auf der eine Seite und der praktischen Unmöglichkeit, Ordens- und Berufsleben tatsächlich ohne Einbußen auf einer der beiden Seiten zu verbinden. Bischof Aufderbeck gesteht seine Ratlosigkeit offen ein: „Ich weiß nicht, wie diese Arbeit eigentlich recht weitergehen soll.“

Mir will scheinen, diese wenigen Sätze spiegelten geradezu symptomatisch so vieles, was in den Texten des zweiten Vatikanums mit guten Absichten versucht, und auf den „Geist der Gründer“ zurückbezogen, aber vielfach vielleicht auch nicht zu Ende gedacht und jedenfalls nicht hinreichend präzise formuliert worden ist. Wir alle wissen, was die Zeitströmungen dann höchst einseitig aus diesen widerstrebenden Ansätzen gemacht haben und wie der „Geist der Gründer“ vielfach gröblichst verletzt worden ist, ohne daß das „dem Konzil“ einseitig zum Vorwurf gemacht werden könnte (sehr im Gegensatz zu einigen „konziliaren Geister-Beschwörern“… 😉 ), aber eben auch so, daß es völlig unangemessen ist und bleibt „das Konzil“ unhinterfragt, „auf einen Sockel“ stellen und jeder Anfrage entziehen zu wollen!

Im vorliegenden Fall ist es heute ja eine offen zutage liegende Aufgabe, den Wert des (kontemplativen) Ordenslebens, des Gebets in den Klöstern, außerhalb der Welt, aber für die Welt!, wieder ins Bewußtsein zu rücken. Ein Bewußtsein, daß es im Abendland Jahrhunderte lang ganz selbstverständlich gab, und das andere Religionen und Kulturen ebenfalls kennen und pflegen.

Sehen Sie übrigens auch, wie man durch geschickte Auslassung und Umstellung diesen Abschnitt zu einem der üblichen „Konzils-Hipp-Hipp-Hurra-Texte“ hätte umbiegen können, ohne in dem Sinne zu „fälschen“? Ich habe dagegen den größten Respekt vor dem führenden Kirchenmann, der damals so differenziert und so ehrlich seine Gedanken und Besorgnisse niedergelegt hat! Wir werden in diesem Advent noch mehr Texten von ihm begegnen, die eine gewisse nachkonziliare Orientierungssuche widerspiegeln.

Danke, Herr Bischof!

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