Das Bonifatiusjubiläum am 23. Mai 1954
Dem Apostel Deutschlands in besonderer Weise verbunden ist nicht nur Fulda, wo der Heilige sein Grab gefunden hat, sondern auch Erfurt […]. Thüringen war eines der wichtigsten Missionsgebiete des hl. Bonifatius.
Darum folgten die Katholiken der Diaspora und des Eichsfelds in vorher nicht geahnter Zahl der Einladung ihres Weihbischofs Dr. Freusberg, an den Feierlichkeiten in Erfurt teilzunehmen. Schon zu den Arbeitstagungen, die am Mittwoch, dem 19. Mai, begannen, kamen Delegierte nicht nur aus dem Bereich des Generalvikariats Erfurt, sondern aus der gesamten DDR […] In Erinnerung an das Martyrium des hl. Bonifatius wurde am Freitagabend in der Kulisse des Hohen Chores im Erfurter Dom das Spiel vom Märtyrertod des hl. Thomas Becket (+1170) „Mord im Dom“ von T.S. Eliot aufgeführt.
Am Samstagabend versammelte sich die Jugend zu einer bis dahin für Erfurt einzigartigen Maiandacht, in der der Apostolische Nuntius für Deutschland, Erzbischof Münch, in begeisternden Worten zu den jungen Menschen sprach. Verständlich, daß sie ihm anschließend einen Huldigungsbesuch vor seinem Quartier machten. Lichter brannten in den Händen. Der Nuntius und die Bischöfe standen an den Fenstern. Lieder klangen durch die Nacht: Bekenntnislieder, Marienlieder. Da bricht der Nuntius zwei Blüten vom Fliederstrauß, der neben ihm steht, und wirft sie der Jugend hinaus; und nun ist es vorbei mit der Herrlichkeit in den Vasen der Propstei: der Weihbischof bringt selbst einen ganzen Arm voll Blumen und gibt sie Erzbischof Münch für die Jugend. „Und wenn ich zwei Käppchen hätte, dann würde ich euch auch eines davon herunterwerfen“, ruft der fröhliche Bischof von Fulda der Jugend zu.
Als sie endlich nach Hause müssen, stecken sie all ihre Kerzen in ein frisches unbepflanztes Blumenbeet vorm Haus. Da knien sich zwei Jungen nieder und fangen an, die Kerzen umzustecken und der Nuntius entziffert: Es – lebe – Papst – Pius – XII.
So Walter Hentrich, Pfarrer in Weimar von 1986 – 1998 , der in „Im Land der heiligen Elisabeth“ mit mehreren Texten vertreten ist (hier S. 142). Diese Feier des Bonifatiusjubiläums hatte für die Katholiken in Weimar ganz praktische Folgen, die bis heute nachwirken, aber dazu mehr beim nächsten Ausschnitt aus diesem „katholischen Buch“.
Bis dahin ist es vielleicht eines Gedenkens wert, was das Bekenntnis zum Papst, zumal zu diesem Papst!, gerade ein Jahr nach dem Tod Stalins für einen Mut erfordern mußte… Und der Nuntius war übrigens US-Amerikaner; „langweilige 50er Jahre“??!
Ein Trackback/Pingback
[…] Vorgestern hatte ich angekündigt, daß der ZkBAK auf das Bonifatiusjubiläums 1954 zurückkommen würde, insbesondere auf die Auswirkungen des für das katholische Leben in Weimar. Aber ich finde auch den ersten Abschnitt interessant, der einem wieder einmal vor Augen führt, wie die deutsche Teilung sich im Laufe der 50er Jahre in manchen Bezügen erst allmählich verschärfte. Hier schreibt Prälat Karl Schollmeier, der Verfasser dieses Abschnitts, ganz selbstverständlich von der Teilnahme an den Katholikentagen 1952 – 58. Wir werden aber im weiteren Verlauf der Einträge auch noch auf Formulierungen stoßen, die die Realität der Grenze, vor allem ab 1961, scharf erkennen lassen. […]
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