Wir hätten in unserer Pfarrkirche ein Konzert erleben können wie im Petersdom in Rom!
Doch, doch, ganz wörtlich ist das zu verstehen und warum es nicht dazu kam, das kann man im folgenden Gastbeitrag nachlesen:
Gemein wohl ?
Ein Tatsachenbericht
Am 4. April 2013 fand in unserer Pfarrkirche kein Konzert statt.
Herrje! – mögen Sie denken – das ist doch nichts Besonderes, das wird ja für die Mehrzahl der Tage eines Jahres gelten. Da haben Sie Recht. Erwähnenswert ist das mit dem 4. April dennoch, wir müssen nur weiter ausholen. Dann zeigen sich die Umstände des – wie Sie gleich lesen werden: verhinderten Konzerts nämlich als exemplarisch und folglich wert, auf PuLa einmal ausführlicher geschildert zu werden. Was es nicht gibt, thematisiert man eben nur, wenn’s entweder existenzbedrohend wird, oder aber wenn man weiß, daß mehr möglich oder gar angeboten war.
Also, am 4. April 2013 hätte es ein Konzert in Herz-Jesu geben können. Und was für eins!
Aber der Reihe nach: Am 1. Juni 2012 erreichte unsere „Gemeindeleitung“ eine mit der Wichtigkeit „hoch“ markierte Email (übrigens auf ihrem privaten Emailpostfach und nicht etwa auf „Kirchenvorstand@herzjesu-weimar.de“ ), in der das Sekretariat eines international renommierten Musikfestivals, das über Jahre in unserer Pfarrkirche gastierte, im Namen seines künstlerischen Leiters ein Programm mit dem Kiewer Knabenchor anbot. Terminvorschlag: Donnerstag 4. April 2013, 19.30 Uhr.
Auf diese Anfrage hat dann die „Gemeindeleitung“ sechs Wochen lang nicht reagiert.
Die Frage, warum eine einzelne Person, wenn sie mit ihren Aufgaben nicht rum kommt, nicht andere einbeziehen kann – dachte man doch immer, sie werde als Mitglied des Kirchenvorstands mit derlei Angelegenheiten befaßt und nicht etwa als Privatperson, als welche sie ja keinerlei Befugnis zu irgendeiner Entscheidung das Gemeindeleben oder gar den Kirchenraum betreffend hat – diese Frage haben wir ja schon des öfteren gestellt. Beantwortet hat sie bisher niemand.
Vielleicht bringt der Fortgang der Geschichte Licht in diese Finsternis. Darum hören Sie weiter: Sechs Wochen nach Eingang der Email, also am 16. Juli 2012 erging seitens unserer „Gemeindeleitung“ in altbewährter Zuvorkommenheit der folgende Bescheid an die Fragenden:
[Anrede] „nach Rücksprache mit dem Pfarramt teile ich Ihnen mit, dass in der Osteroktav des Jahres 2013 ein Konzert im Rahmen der Bachtage in unserer Pfarrkirche nicht stattfinden kann.“
Rums. Mit freundlichen Grüßen. Ende aus. Keine Erklärung, kein Wort des Bedauerns – unsere „Gemeindeleitung“, wie sie leibt und lebt eben, zur Erinnerung: Es handelte sich um einen langjährigen Partner. Und der schöne Satz, sie habe vor dieser Auskunft Rücksprache mit dem Pfarramt gehalten – was auch immer das bedeuten mag… (falls sie überhaupt stattgefunden hat).
Das Datum der Antwort ist aber noch aus einem ganz anderen Grund von Bedeutung: Seit 1. Juli 2012 waren bekanntlich die Laiengremien aufgrund der Strukturreform im Bistum Erfurt sämtlich aufgelöst und demzufolge bis zu den Neuwahlen Anfang September keines der bisherigen Mitglieder mehr im Amt (PuLa berichtete). Unsere „Gemeindeleitung“ war also zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht befugt im Namen der Gemeinde zu handeln! „ABER EGAAAL!!!“ (wie unsere 13jährige Tochter derzeit immer aus der „Mädchen-WG“ zitiert). Unserer „Gemeindeleitung“ ist es –leider hat man es nicht immer so deutlich und schriftlich nachweisbar – völlig wurscht, ob sie irgendwo hineingewählt ist oder nicht – sie macht als selbsternannter „Herr im Haus“ (gemeint war in diesem ihrem Originalzitat unsere Pfarrkirche Herz Jesu) ohnehin was sie will. Diesen Vorgang sollten sich daher nicht zuletzt diejenigen zu Gemüte führen, die immer und immer wiederholen: „…sie ist aber gewählt“.
Doch weiter im Text: Die Bemühungen des künstlerischen Leiters des Musikfestivals, über unseren Pfarrer doch eine Begründung der Ablehnung des Termins zu erfahren, blieben im vergangenen Jahr erfolglos, da dieser telefonisch nicht erreichbar war und den wiederholten Bitten um Rückruf, die der künstlerische Leiter hinterließ, zu keinem Zeitpunkt nachkam. Erst jetzt, nach Abschluß der gesamten Konzerttournee, berichtete mir der künstlerische Leiter, unser Herr Pfarrer habe auf die ganztägigen Beichtgelegenheiten in der gesamten Osterwoche hingewiesen, die in diesem wie sicherlich auch im nächsten Jahr einem Konzert in der Pfarrkirche leider im Wege stünden.
Der künstlerische Leiter war voller Verständnis. Er ist allerdings evangelischen Bekenntnisses. Katholiken stutzen an dieser Stelle möglicherweise. Beichtgelegenheit besonders in der Osterwoche? Irgendwie komisch, oder? Klar! Gab’s nach allen uns vorliegenden Informationen ja auch nicht. Am 4. April fand in der Pfarrkirche nicht mal eine Messe statt. Einfach nichts! Und gebeichtet wurde selbstverständlich vorwiegend in der Karwoche und auch dann keinesfalls täglich in der Pfarrkirche und auch keinesfalls ganztägig. Wir sind doch hier nicht beim Hl. Pfarrer von Ars ;-).
Aber weiter zum Konzert, das natürlich trotz allem in Weimar stattgefunden hat, schlußendlich jedoch zu einem anderen Termin. Unter Einbeziehung vielfältiger persönlicher Kontakte des betroffenen künstlerischen Leiters und einiger wohlmeinender Gemeindemitglieder ging nach der barschen Absage unserer „Gemeindeleitung“ die Suche nach geeigneten Räumlichkeiten los. Um es kurz zu machen: Der Kiewer Knabenchor – ein wahrhaft hörenswertes Ensemble, das auch unseren Altbischof Wanke bereits zu höchstem Lob hingerissen hat – gastierte zu guter Letzt im Festsaal des Stadtschlosses mit einem a-capella-Programm, das dann am 6. April in Santa Maria dell’Anima, Rom und als Teile der Meßliturgie am Weißen Sonntag in der Angelus-Messe des Petersdomes im Vatican erklang.
In der Rezension apostrophierte die Presse das in Rom auf Vermittlung des Päpstlichen Rates für die Kultur zustande gekommene Konzert als hochkarätige kulturübergreifende und ökumenische Begegnung. Kein ganz alltägliches geistliches Hörerlebnis also (wie ich als Weimarer Ohrenzeugin gerne bestätige), welches unserer Gemeinde da vorenthalten wurde. Denn durch fehlende Ankündigungen und Vermeldungen in der Gemeinde – zu der aufgrund des geänderten Ortes offenbar keine Veranlassung gesehen wurde – blieb der Termin in unserer Gemeinde weitgehend unbekannt, so daß tatsächlich etliche das Konzert verpaßt haben.
Was auch immer der Grund für die unbefugte Absage unserer „Gemeindeleitung“ – damals gerade a.D. – vom 16. Juli 2012 gewesen sein mag – sicher ist leider, daß solch entscheidungsfreudige Eigenmächtigkeit mit mangelhaft ausgeübter Aufsichtspflicht seitens der Geistlichkeit steht und fällt. An mangelnder Information der Verantwortlichen hat es bereits im Juli 2012 nicht gelegen.
Cornelie Becker-Lamers, Weimar
Verhindern und vertuschen: Es ist traurig. 🙁
PuLa hat aber nichts zu vertuschen und deswegen möchte ich noch hinzufügen, warum uns denn der erwähnte Email-Verkehr vorliegt: Ich bin seit einigen Jahren (ehrenamtlich natürlich) im Kuratorium des Festivals tätig. Wer jetzt aus dieser Tatsache einen Schluß zieht auf mögliche Motive der (versuchten) Weimarer Verhinderung, den kann ich davon nicht abhalten.
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[…] etwas ist anders, als es bei dem verhinderten Konzert Anfang April (PuLa berichtete). Etwas sehr Wichtiges. Es war zwar schon längst allen klar, was hier passiert, aber in diesem […]
[…] 928 Tage, seit die „Gemeindeleitung“ alias der „Herr im Haus“ im Namen der ganzen Pfarrei das Konzertangebot eines international renommierten und in Thüringen wie in Weimar bestens bekannten Musikfestivals mit dem Kiewer Knabenchor ohne Angabe von Gründen (die in der Tat auch nicht vorlagen) ablehnte (PuLa berichtete). […]
[…] leider dazu, diesen Eindruck zu erwecken, sogar, wenn sie gerade über gar kein Amt verfügt (vgl. hier) aber das ändert nichts an den rechtlichen Tatsachen: Ausschließlich dem Ortspfarrer stünde hier […]
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