Daß aus „Etymologie“ (der Wissenschaft von der Wortherkunft) gern „Etymogelei“ wird, gehört zu den bleibendsten Einsichten, die mir mein geliebter Professor für Alte Geschichte (unvergessen sind die akademischen Wein-Wanderungen entlang der Ahr!; Gott hab‘ ihn selig!) mitgegeben hat.
Nun gaben die „Vermeldungen“ von Herz-Jesu-Weimar, also das, womit katholische Kirche in Weimar ganz wesentlich nach außen tritt (Ausgabe vom 1. – 8. Juni 2013), leider Anlaß, sich an diese Lebensweisheit zu erinnern.
Dabei war uns ja eigentlich versprochen worden, die früher „In die Woche gesprochen“ genannten „Betrachtungen“ vor dem Nachrichtenteil für unsere Pfarrei blieben uns künftig erspart…
Aber nein, pünktlich zum Eucharistischen Kongreß in Köln macht man sich dort, wie (fast) immer natürlich anonym, Gedanken zur Bedeutung der Eucharistie. Und zwar unter dem Leitmotto des „Kumpanen“:
„Indem Jesus uns als sein Vermächtnis ein Mahl hinterließ, hat er deutlich gemacht: Ich bin euer Kumpan.“ Und: „[…] alle „Kumpane“ [werden] im Hochgebet genannt; Papst und Bischöfe, Priester, Diakone und Ordensleute und alle, alle, die an dieser Feier teilnehmen.“, denn: „Das Wort Kumpan kommt aus dem Mittel-Lateinischen (companio =Brotgenosse).“
Nun, es gibt diese Herleitung in der wissenschaftlichen Etymologie, nur, es ist eine Minderheitsmeinung! Das Standardwerk unter den deutschen etymologischen Wörterbüchern, der „Kluge“ (hier zitiert nach der 23. Auflage von 1995, S. 493, das teuere Werk kann man sich als Privatmann nicht „dauernd“ neu kaufen 😉 ) sieht die Herleitung vielmehr aus dem mittellateinischen ‚compania‘, Gemeinschaft aus ‚compaginare‘, sich zusammenschließen (vgl. auch den Eintrag zu ‚Kompagnon‘, S. 466). Und übrigens kann man, mit ein ganz klein wenig Geduld, zu dem gleichen Ergebnis auch gelangen, wenn man bloß online frei zugängliche Ressourcen nutzt, hier z.B. !
Aber wahrscheinlich sollte hier ja, vermutlich unbewußt, Etymologie auf sozusagen ‚alte Art‘ betrieben werden: „Als rhetorisches Argument (argumentum a nomine) dient die Etymologie in Form eines Hinweises oder einer Berufung auf die angenommene Herkunft und ursprüngliche Bedeutung eines Wortes traditionell dem Zweck, die eigene Argumentation durch einen objektiven sprachlichen Sachverhalt zu stützen und ihr so besondere Überzeugungskraft zu verleihen.“ (Zitat hier).
Dagegen ist auch gar nichts einzuwenden, nur, ein „objektiver sprachlicher Sachverhalt“ liegt, wie wir gerade gesehen haben, hier jedenfalls nicht vor.
Und wesentliche Tendenzen des so verstandenen ‚Arguments‘ sind leider wieder einmal ganz und gar ver-kehrt und gefährlich!
Wie kann man eigentlich, um damit anzufangen, die alltägliche Bedeutung des Wortes so ignorieren? ‚Kumpane‘ und ‚Kumpanei‘ sind doch nun wirklich keine Worte, die angetan sind, das tiefe und erhabene Geheimnis der Eucharistie zu erläutern! Nicht umsonst erklärt der ‚Kluge‘ den Kumpan auch als ‚Mittäter‘ und von ‚Kumpanei‘ ist eben in aller Regel die Rede, wenn es um ein Handeln im Grenzbereich der Legalität geht.
Aber es geht hier nicht nur um sprachliche Sensibilität, obwohl die bei diesem Thema schon mal schön wäre.
Ich weiß gar nicht wie oft man es eigentlich sagen muß, daß der HErr uns eben kein bloßes ‚Mahl‘ als Vermächtnis hinterlassen hat, daß sich das grundstürzende Neue, Unerhörte, den Bereich unseres täglichen Erlebens radikal übersteigende der Eucharistie niemals in solch unangemessen verharmlosenden Bildern wird beschreiben lassen. Doch der/die anonyme Autor/in der ‚Vermeldungen‘ ist überzeugt:
„Die „Brotfeier“ jedes Sonntags bedeutet: Wo zwei oder drei sich in der Gegenwart Jesu versammeln, werden sie zu Kumpanen.“
Und als nächstes wird dann die Hl. Messe zur ‚Brotzeit‘ erklärt, ja?
Die allgemeine Tendenz, die hier zum Ausdruck kommt, ist verheerend. Auf der gleichen Linie liegt, wenn leider Gottes auch Geistliche dauernd vom ‚heiligen Brot‘ sprechen, ja, wenn ganze Bistumsleitungen (wie unlängst in Magdeburg) anläßlich der Fronleichnamsprozession gar nur vom „gesegneten Brot“ sprechen, so als ob Katholiken hinter einem Stück Toast herlaufen würden!
Wer so redet, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich die Menschen für das, was unser Glaube anzubieten hat, nicht interessieren, oder sich darüber lustig machen. Es ist einfach grundfalsch, den Kern-Vollzug der Hl. Messe herunterzuziehen auf unser bloß menschliches Niveau. So wenn auch Geistliche immer wieder davon reden, in der Hl. Kommunion komme „Jesus ganz nah zu uns“. Ja, natürlich, kommt er, aber entscheidend ist doch die ‚Richtung‘ dieses Geschehens! Es gibt im eucharistischen Geschehen, im Geschehen nach Ostern nur noch eine Richtung: Nach ‚oben‘! Der erhöhte HErr will uns zu sich hinaufziehen. So bildet sich der mystische Leib Christi. Alles Reden, das dazu angetan ist, Eucharistie auf das Geschehen zwischen Menschen zu reduzieren ist falsch und von Übel. Und sie ist es gerade des ‚zwischenmenschlichen Effekts‘ wegen, der zuverlässig verfehlt wird, wenn diese Reduktion eintritt: Ohne Ihn können wir nichts vollbringen! (cf. Joh 15, 5)
Daß sich für derartige Verkürzungen niemand etwa auf Papst Franziskus berufen kann, hat dieser ja inzwischen mehrfach hinreichend deutlich gemacht.
Wohin solches falsche Denken führt, wird in den ‚Vermeldungen‘ abschließend klar in dem gewählten Schlußzitat von Dr. Anton Rotzetter (der ansonsten Sachen sagt wie: „68er Jahre: Befreiung aus dem „Ghetto“ in die katholische Weite“ und: „Befreiung aus einem bürgerlich gedeuteten Evangelium […]“ hier): „Wenn man so von Eucharistie spricht, dann ist viel mehr gemeint als eine sonntägliche Stunde, die wir mühselig finden.[…]“
Nun bedauere ich aufrichtig jeden, der die Hl. Messe am Sonntag „mühselig findet“, mir bedeutet sie nicht Mühsal, sondern Kraftquelle für die ganze Woche, aber vor allem frage ich mich, was ein solch eklatant entmutigendes Zitat in den Vermeldungen einer katholischen Gemeinde zu suchen hat! Und demnächst wird dann wieder über mangelnde Gottesdienstteilnahme geklagt, oder?
Gibt es denn wirklich in Weimar oder meinetwegen auch in Erfurt niemanden, der diesem Unfug Einhalt gebietet?
Heute, an seinem Gedenktag, schlage ich stattdessen ein Zitat vom Hl. Ephraem dem Syrer vor, das uns Papst Benedikt in einer Katechese am 28.11.2007 nahegebracht hat. Es wahrt in der dichterischen Form des Hymnus das Geheimnis:
» In deinem Brot verbirgt sich der Geist,
der nicht gegessen werden kann;
in deinem Wein ist das Feuer, das man nicht trinken kann.
Der Geist in deinem Brot, das Feuer in deinem Wein:
Siehe, ein Wunder, das von unseren Lippen aufgenommen wird.
Der Seraph konnte seine Finger nicht der Glut nähern,
die sich nur dem Mund des Jesaja näherte;
weder Finger haben sie genommen, noch Lippen haben sie geschluckt;
uns aber hat der Herr gestattet, beides zu tun. «
(Hymnus De Fide 10,8–10)
Ein Kommentar
“Gibt es denn wirklich in Weimar oder meinetwegen auch in Erfurt niemanden, der diesem Unfug Einhalt gebietet?”
Tja, diese Frage stellen wir uns in Weimar ja seit einiger Zeit und in Bezug auf etliche Vorfälle immer wieder (Stichwort „Handeln im Grenzbereich der Legalität“).
Aber davon mal abgesehen: Wenn es möglich ist, daß der für unser Bistum zuständige Redakteur des “Tag des Herrn” von der “eher langweiligen Allerheiligenlitanei” spricht, die durch ein Anspiel von Jugendlichen doch tatsächlich “spannend” werden könne, (M. Holluba, “Du kannst Reinhard zu mir sagen”, TdH 22, 2.6.13, S. 10), scheint es mir nicht ausgeschlossen, daß man diese Frage derzeit noch mit Nein beantworten muß.
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