Vorgestern, am 14. April, empfing Papst Franziskus in der Sala Clementina die Gemeinschaft des Pontificio Collegio Leoniano di Anagni (vgl. hier), eines Priesterseminars für Diözesen der Region Latium, gegründet von Papst Leo XIII. im Jahr 1897; die Seminaristen hatten sich zu Fuß auf den Weg zum Hl. Vater gemacht, immerhin eine Strecke von fast 70 Kilometern (Franziskus: „Ihr Tapferen!“).
Die Ansprache des Papstes fand gestern in verschiedenen deutschsprachigen Nachrichtenquellen Niederschlag: Kathpress, Österreich (hier), der KNA (hier), auf der Kirchensite des Bistums Münster (hier) oder auch bei ZENIT (hier).
Die Berichte, die sicher auch (zum Teil) voneinander abhängig sind, stimmen weitgehend (aber eben auch nur weitgehend!) überein und was sie zu berichten haben, ist bemerkenswert.
Es gebe in der Kirche, so der Papst, „keinen Platz für Mittelmäßigkeit, die nur dazu führe, das heilige Volk zum eigenen Vorteil zu benutzen“. Wer nicht „Stimme Christi, die den Vater lobt und unermüdlich für die Brüder eintritt (Heb 7, 25)“ werden wolle, solle den Mut haben, einen anderen Weg zu wählen, forderte Franziskus, schließlich gebe es in der Kirche „viele Möglichkeiten Zeugnis abzulegen und viele Wege zur Heiligkeit“.
Priesterseminare dürften kein Rückzugsort für „psychologische Defizite“ sein, oder für diejenigen, denen der Mut fehle, sich einen Platz im Leben zu erkämpfen. Sonst könne ein Seminar „zu einer Hypothek für die Kirche“ werden.
Es sei besser eine Berufung zu verlieren, als mit einem unsicheren Kandidaten ein Risiko einzugehen, zitierte Franziskus einen Ausspruch von Pius XI: „Er war ein Bergsteiger; er kannte sich mit solchen Sachen aus!“
Außerdem zitierte der Hl. Vater mit großem Nachdruck ein Wort des Propheten Ezechiel: „Weh den schlechten Hirten, die nur sich selbst und nicht die Herde weiden.“ (Ez 34, 1-6, vgl. auch hier)
In ihrer Offenheit (für die der Papst an mehreren Stellen um Verständnis bat!) wahrhaft bemerkenswerte Sätze!
Sie finden den vollständigen Text auf Italienisch hier und auch wenn man, wie ich, nicht wirklich Italienisch kann, gelingt es, mit Hilfe von Google Translate und ein wenig Mühe durchaus, sich einen deutlichen Eindruck von dem Vortrag des Hl. Vaters zu machen.
Man spürt dann geradezu, wie er sich den Text in der für ihn typischen Weise zu eigen macht, vom Manuskript abweicht, um die einzelnen Themen sozusagen „mehrschrittig“ anzugehen (das kann auf den ersten Blick auch „sprunghaft“ wirken, aber das wäre ungerecht!).
Die typische Sprache gerade dieses Papstes zusammenzufassen ist nicht leicht, und diese („objektive“) Schwierigkeit birgt die Gefahr, das eigene vorgefaßte Meinungsbild dem Papst in den Mund zu legen vielleicht in besonderer Weise!
Für mich ist jedenfalls an diesem kleinen Beispiel erneut deutlich geworden: Wer sich auf (zumal deutsche…) Zusammenfassungen päpstlicher Äußerungen verläßt, ist verlassen! Was das Leben nicht einfacher macht, seit der Hl. Vater nicht mehr in Deutsch als Originalsprache formuliert… (kleiner, tiefer Seufzer!).
Der „originale Franziskus“ ist jedenfalls auch in diesem relativ kurzen Text (weniger als 1.100 Worte im italienischen Text) deutlich vielschichtiger und auch, ja, „altmodischer“, „kirchlicher“ als das Bild, das uns nicht „falsche“ aber doch einseitige und unvollständige Zusammenfassungen vermitteln!
Wer möchte kann das wie gesagt selber nachvollziehen (in den oben angeführten Ausschnitten ist es z.B. die Stimme Christi, DIE DEN VATER LOBT, oder das ZEUGNIS und die Wege DER HEILIGKEIT, sowie „Pius XI. als Bergsteiger“, die in den Zusammenfassungen fehlen).
Aber bei dem Abschnitt, aus dem die Überschrift diese Beitrags genommen ist, da fehlt ihnen wirklich etwas Wesentliches (um nicht zu sagen DAS Wesentliche), was sich auch darin ausdrückt, das es im offiziell verbreiteten Text (wenn ich recht sehe als einziges!) kursiv hervorgehoben wird!
Die Seminaristen sollen als Priester, so der Hl. Vater, „Hirten werden nach dem Bilde Jesu, des Guten Hirten, um wie Er und in Seiner Person/in persona Christi mitten in seiner Herde zu sein, um seine Schafe zu weiden.“
„Mitten in der Herde“, das hört man häufig von Papst Franziskus zitiert, wie er das meint, das sieht man hier, mit dieser wirklich schönen Betonung der Eucharistie als Zentrum des priesterlichen Dienstes.
Danke, Hl. Vater!
PS: Ein Video zu der Begegnung gibt es auch schon, und wer das versteht, der bedarf meiner bescheidenen Bemühungen um einen italienischen Text ohnehin nicht 🙂
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[…] werden (hier). PuLa hatte da ja vor einiger Zeit auch schon einmal einen kleinen Text untersucht (hier). Ganz ehrlich: Ich verstehe jeden, der bei einem oberflächlichen Blick in die Blogoezese denkt: […]
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