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Windhauch oder Gang zur Quelle? Kirchenstatistik für 2013

Windhauch, Windhauch, sagte Kohelet, Windhauch, Windhauch, das ist alles Windhauch.
(Koh 1, 2)

PuLa hat ja eine starke, ich möchte sagen, „Zuneigung“ zu den Propheten (vgl. hier) und wenn auch das schwierige und dunkle Buch Kohelet (aka Prediger Salomonis, Ecclesiastes) mit seinem für den Gesamtinhalt typischen Vorspruch wohl kaum je zu den Lieblingstexten gehören kann, die Verwendung, die der Blogger-Kollege Dr. M. Schäfer heute dafür fand, die „sitzt“:

„Die Zahl der Kirchenaustritte sagt „nur“ etwas über die Wirkung der Kirche als Institution in der Gesellschaft, der Rückgang des Gottesdienstbesuches zeigt dagegen einen dramatischen Substanzverlust an. Ohne eine offene und ehrliche Auseinandersetzung mit dieser Bedrohung von der Quelle her, ist alle kirchliche Arbeit nicht Wirken des Heiligen Geistes und Mitarbeit am Wachstum des Reiches Gottes, sondern Windhauch und Bauen auf Sand.“

So der Schluß eines schneidenden und zu recht auch bitteren Textes, den er unter der Überschrift: „Politiker-Geschwätz oder echte Auseinandersetzung?“ zu den Ende letzter Woche veröffentlichten aktuellen Zahlen der DBK „Eckdaten des Kirchlichen Lebens in den Bistümern Deutschlands 2013, Äußerungen des kirchlichen Lebens“ auf seinem Blog „summa-summarum“ (und auf kath.net) veröffentlicht hat. Der Kollege nimmt hier die deutschlandweit seit 2012 um beinahe 10% gesunkene Anzahl der „Gottesdienstteilnehmer“ zum Anlaß, die Reaktion der DBK und ihres Vorsitzenden Kard. R. Marx scharf zu kritisieren:

„Nichts Gutes wird man auf jeden Fall erwarten können, wenn Kardinal Marx in abgedroschenstem Manager- und Politiker-Slang verkündet, dass man sich angesichts der Zahlen fragen werde, ‚wie wir uns jetzt und künftig neu aufstellen müssen, damit das Evangelium weiterhin gehört und gelebt werden kann‘.“

PuLa kann dem von der Bewertung her nichts hinzufügen: Die Problematik des völlig unangemessenen Sprechens in gestanzten Phrasen, die einem schon aus allerlei weltlichen Zusammenhängen zum Hals raushängen (pardon!) die ist einfach genauso zu beurteilen, wie es hier geschieht; SO missionieren? Völlig ausgeschlossen!

Insofern zunächst nur die Aufforderung: Lesen! (hier oder hier; die Zahlen für 2012 finden Sie hier [S. 20] und die für 2013 hier, ebenso die Worte des ‚Großen Vorsitzenden‘)

Aber: PuLa ist ja schließlich auch Ihr Informationsblog aus der mitteldeutschen Diaspora, nicht wahr? 😉 und so haben wir uns natürlich auf die Aspekte konzentriert, die die mitteldeutschen Bistümer betreffen!

Ausgelöst wurde das durch die zeitnahe Berichterstattung auf den „Aktuelles“ Seiten (und via Newsletter) des Bistums Dresden-Meißen, wo der Pressesprecher, Michael Baudisch, ganz professionell auch gleich O-Töne „Seines“ Bischofs Dr. Heiner Koch hatte (hier; während übrigens die letzte Meldung auf den „Aktuelles“ Seiten unseres Bistums bis kurz vor Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags von Donnerstag, 17. Juli stammte).

Daß sich ein Pressesprecher, der sein Geld wert ist, um eine positive Meldung bemüht, das ist ja klar, und Dresden-Meißen hat auch eine solche: „Katholikenzahl im Bistum wächst um 524 Gläubige“

Die Entwicklung der Zahl der Gottesdienstteilnehmer wird nicht thematisiert (dazu gleich mehr), aber die Art und Weise, wie umgekehrt die gestiegene Anzahl der „Austritte“ thematisiert wird ist aller Ehren wert. Bischof Dr. Koch:

„“Diese Entwicklung schmerzt und es tut mir um jede und jeden einzelnen leid.“ Der Bischof betonte, dass er zu persönlichen Gesprächen über die individuellen Gründe jedes Kirchenaustritts bereit sei.“

Das ist die klassische Reaktion des Hirten angesichts des „einen Schafs“ und genauso  gehört sich das!

Betrachten wir also die Entwicklung „hier bei uns“, womit ich die Bistümer Erfurt, Dresden-Meißen, Görlitz und Magdeburg meine, das Erzbistum Berlin ist aufgrund der Großstadtsituation m.E. ebenso wenig vergleichbar wie die eigentümliche West-Ost Konstruktion des Erzbistums Hamburg, da müßte man Vergleiche vermutlich auf der Dekanatsebene anstellen, aber dazu fehlen uns hier die Möglichkeiten.

Zunächst die Entwicklung der absoluten Zahlen:

2012 2013 Differenz
Erfurt 152.674 151.863 –  811 o. – 0,53 %
Dresden-Meißen 141.264 141.788 + 524 o. + 0,37 %
Görlitz 28.503 28.592 + 89   o. + 0,31 %
Magdeburg 86.737 86.121 – 616  o. – 0,71 %

Ein durchaus gemischtes Bild also, wobei man sich die Struktur der Entwicklungen im einzelnen anschauen müßte, bemerkenswert immerhin der Zuwachs von DD-M trotz erheblich höherer „Austritte“ im Vergleich zu Erfurt (1.195 zu EF 775; GÖ: 161, MD: 669), Bischof Koch führt das nicht zuletzt auf die Zuzüge aus katholischen Regionen Westdeutschlands in die Großräume Leipzig und Dresden zurück, wozu PuLa ergänzend bemerken möchte: Genau! Die Zeit der „DDR-Kirche“ ist endgültig und auch statistisch vorbei (auch wenn das „manche nicht wissen“ und andere nicht wollen…).
Bemerkenswert auch, wie gut sich das kleinste deutsche Bistum Görlitz hält!

Wie sieht es nun bei der Entwicklung des Gottesdienstbesuchs aus?

2012 2013 Differenz
Erfurt 29.792 28.000 – 1.792   o. – 6,00 %
Dresden-Meißen 27.679 25.000 – 2.679   o. – 9,7 %
Görlitz 6.243 6.000 – 243      o. – 3,9 %
Magdeburg 14.389 13.000 – 1.389   o. – 9,6 %

Wozu vor allem anderen zu sagen ist, daß die 2013er Zahlen (momentan?) nur auf glatte 1.000er gerundet vorliegen, was die Berechnung der Differenz in der Genauigkeit einschränkt.

Inhaltlich stellen diese Zahlen natürlich genau die glatte Katastrophe dar, von der der Kollege Schäfer spricht, wobei zweierlei zu bemerken ist: Erstens hält sich erneut Görlitz bemerkenswert gut, aber auch der Erfurter Rückgang ist klar unterdurchschnittlich und: Man muß diese Zahlen noch unter einer anderen Perspektive lesen:

Prozentualer Anteil  der Gottesdienstbesucher an der Katholikenzahl

2012 2013 Differenz
Erfurt 19,5 18,6 –       0,9 Punkte
Dresden-Meißen 19,6 17,7 –       1,9 Punkte
Görlitz 21,9 20,1 –       1,8 Punkte
Magdeburg 16,6 14,9 –       1,7 Punkte

Klarer Punktsieg für Erfurt – aber eben im Rahmen einer insgesamt höchst unerfreulichen Tendenz!

Freilich: Um diese Zahlen richtig einordnen zu können, muß man sie mit den Prozentzahlen von Gottesdienstbesuchern in westlichen Bistümern kontrastieren: Aachen: 8,3 % („Danke“, Kl. Hemmerle… 🙁 ), Freiburg: 9, 3%, Münster 9,7 %, Rottenburg-Stuttgart: 8,9 %, hingegen Regensburg: 16,6 %, Passau: 12,6 % und Fulda 14,0 % (alles 2013).

Die Interpretation dieser Zahlen innerhalb des westdeutschen Kontexts dürfte einem auch nur oberflächlichen Kenner der Verhältnisse nicht schwerfallen: Die Zahlen fallen umso schlechter aus, je „liberaler“ sich das jeweilige Bistum (bzw. seine Führung) in der Vergangenheit gebärdet hat…

Und was den West-Ost-Vergleich betrifft: Ob vielleicht das schlechte Abschneiden von Dresden-Meißen in dieser Kategorie just mit dem Zuzug „moderner Katholiken“ aus „dem Westen“ zu tun hat?

Das wäre eine lohnende Fragestellung, aber eines steht doch nun wirklich außer Zweifel und PuLa sagt das schon lange: Für die Übernahme irgendwelcher Rezeptchen („bewährte pastorale Strategien“), liturgischer Mätzchen („ das ist eine Gewohnheit aus xxx“) gibt es keinen, gar keinen, überhaupt gar keinen wie auch immer gearteten Anlaß!

Vielmehr ist es so, daß wir uns hüten müssen, uns Dinge aufschwätzen zu lassen, die weiter westlich bereits gescheitert sind, und im Einzelfall auch drauf schauen sollten wer das gerade versucht… (wohlgemerkt: Im Einzelfall: Keine Pauschalierungen!)

Vielmehr sollten wir die verbreitet noch (etwas) solidere Grundlage nutzen, um nach einer Neubewertung der Entwicklung der Kirche nach dem Zweiten Vatikanum zu suchen, gerade was die sog. Ergebnisse der sog. Liturgiereform angeht.
Mit eigenen Akzent.
Ohne sich von dem inzwischen seit 50 Jahren nicht verstummenden (und ergo schon reichlich heiseren 😉 ) Hurra-Geschrei irritieren zu lassen, das von den nüchternen Zahlen schlicht nicht gedeckt ist!

Zu diesem Zweck und in der mittlerweile gereiften Erkenntnis, daß es dazu offenbar einer ziemlich grundsätzlichen Anstrengung zur Klärung der Begriffe bedarf (Hallo, Frau Engelstädter! 😉 ) wird PuLa im Sommer eine Video-Reihe beginnen, in der ein Novus-Ordo-Priester (ironischerweise aus dem Saarland, also dem äußersten Westen 🙂 ) zu Wort kommen soll, mit seinem Blick auf die Problemlage. Mal schauen, ob wir so weiterkommen!
Ich hoffe, es kann am Mittwoch losgehen!

4 Kommentare

  1. Cornelie schrieb:

    Bei Deinen Prozentzahlen läßt Du völlig außer Acht, daß im „Westen“ immer auch noch aus Gewohnheit getauft wird, hier aber aufgrund der lange prekären Situation der Christen sich die Leute meist genau überlegen, ob, wann, wie und warum sie ihr Kind taufen lassen. Der Anteil atheistischer und völlig unreflektierter Katholiken ist also im Westen notwenigerweise viel höher als hier. Das verfälscht ein bißchen die 8,3 und so weiter Prozent: Das sind in absoluten Zahlen und gemessen an der Gesamtbevölkerung vielleicht trotzdem noch mehr Leute als hier?

    Montag, 21. Juli 2014 um 21:09 | Permalink
  2. Ts, ts, immer die Kritik aus dem Haus… 😉
    Also, ich würde weniger sagen „außer Acht gelassen“ als: Das war hier einfach nicht der Fokus.
    Da stellt sich doch eher die Frage, ob wir hier „im Osten“ nicht sozusagen schon „weiter“ sind in Richtung „Heiliger Rest“?! (Was, nebenbei, gut biblisch und positiv besetzt ist – aber weniger Stellen und Posten bedeutete…)

    Mittwoch, 23. Juli 2014 um 21:46 | Permalink
  3. Marcus der mit dem C schrieb:

    Priester per Video aus dem Saarland?
    Jede Wette: Dr. **********, Hochschulseelsorger und Kapellan der ******** vom Kloster ********* (zensiert, vorübergehend 🙂 )

    Dienstag, 22. Juli 2014 um 09:03 | Permalink
  4. Also bitte: Profis sind vom Mitmachen ausgeschlossen! 🙂
    Wird leider heute nix mehr mit dem Beitrag, hoffentlich morgen, blödes real-life… (Und dann wird auch der Kommentar rückvervollständigt!)

    Mittwoch, 23. Juli 2014 um 21:49 | Permalink

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