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Der Psalmen-Adventskalender, Tag/Psalm 14 „Domine, quis habitabit…“

1 […] Domine, quis habitabit in tabernaculo tuo? aut quis requiescet in monte sancto tuo?

2 Qui ingreditur sine macula, et operatur justitiam;

3 qui loquitur veritatem in corde suo; qui non egit dolum in lingua sua ; nec fecit proximo suo malum, et opprobrium non accepit adversus proximos suos.

4 Ad nihilum deductus est in conspectu ejus malignus; timentes autem Dominum glorificat. Qui jurat proximo suo, et non decipit;

5 qui pecuniam suam non dedit ad usuram, et munera super innocentem non accepit. Qui facit hæc non movebitur in æternum.

 

1 […]  HErr! wer wird wohnen in Deinem Zelte? oder wer wird ruhen auf Deinem heiligen Berge?

2 Der ohne Makel einhergeht und Gerechtigkeit übet,

3 der Wahrheit spricht in seinem Herzen, der nicht Falschheit übet mit seiner Zunge; seinem Nächsten nichts Uebles thut, und Schmähung wider seinen Nächsten nicht annimmt;

4  in dessen Augen nichts gilt der Bösewicht; der aber in Ehren hält die, so den HErrn fürchten; der seinem Nächsten schwöret und ihn nicht betrüget;

5 der sein Geld nicht gibt auf Wucher, und Geschenke nicht nimmt gegen den Unschuldigen: wer solches thut, der wanket nicht in Ewigkeit.

 

Reflexion über sich selbst

Die Forderung zielt […] auf die sitt­liche Verfassung des Hinzutretenden. Was ist der Sinn der Ein­gangsfrage? […] Immer wie­der durchzieht dieses Grundgefühl den Psalter: das Gefühl der Geborgenheit in Gott, in Seinem Haus. […]
»Im Zelt Gottes weilen«, »auf Seinem Berg wohnen«, das ist innerlich unmöglich, ohne daß der Mensch sich wandelt. […] Es gibt kein Gebet, in welchem der Beter indifferent gegen die Verfassung des eigenen Seins bleiben könnte. Besonders gilt das für das innere Gebet. […] Gewissenserforschung ist eine Voraussetzung des Gebetes.

Und zu ihr hält uns der 1[4]. Psalm an. Er enthält gleich einen sehr konkreten elementaren Beichtspiegel. […] Und dieser Maßstab zielt nicht zuerst auf dieses oder jenes, sondern auf das Herz des Menschen. Wohnen darf auf Gottes Berg, »wer in seinem Herzen treulich redet«, wer es von Grund auf ehrlich meint mit der Wahr­heit, wer ohne Falten ist, ohne Reservate, die er vor Gott, vor anderen, vor sich selbst verbirgt. […]
Der Gerechte ist der, der sich von irdischen Maßstäben nicht blenden läßt. »Der Verworfene ist in seinen Augen verächtlich.« Der Gerechte »ehrt die Gottesfürchtigen.« Auch dies ist ein Ge­genstand der Gewissenserforschung. Denn wir sind stets geneigt, die irdische Rang- und Prestigeordnung an die Stelle der gött­lichen zu setzen. Sogar die Kirche ist in dieser Versuchung, wie schon der Apostel Jakobus sagt. Wer ins Gebet eintritt, wer im Zelt Gottes wohnen will, muß die Maßstäbe Gottes bei der Be­urteilung der Welt zum Maßstab für seine eigene Rangordnung machen. […]

Das Gebot, aus der Notlage anderer Menschen keinen Vorteil zu ziehen, wird sicher nicht erfüllt durch die Aneignung eines bestimmten Soli­daritätsvokabulars, das bestimmte politische Gruppen begünstigt, ohne zu wissen, ob sie in der komplexen Lage der Welt irgendjemandem von Nutzen sind. […]

Bestechung gegen Unschuldige

[D]er Geist solcher Taten ist uns weniger fremd, als wir denken. Wie leicht reden wir jemandem zuungunsten anderer nach dem Mund, weil uns, wenn nicht an seinem Geld, so doch an seinem Wohlwollen, seiner Freundschaft liegt, weil er für unser Fortkommen oder auch nur für unser Wohlbefinden nützlich ist: Bestechung!

Zutritt zum Vater

Der Psalm nannte Gottes Bedingungen des Zutritts. Untadelig sollen wir sein, sine macula. Hier stellt sich Entmutigung ein: Wir sind nicht ohne Makel, »sine macula«, also dürfen wir nicht das Haus Gottes betreten. […] Die Antwort auf dieses Dilemma ist Jesus Christus. […]»Einen solchen Hohen Priester sollten wir haben, der da ist heilig, unschuldig, unbefleckt (sine macula), von den Sün­dern abgesondert und höher als der Himmel. Er muß nicht täg­lich zuerst für die eigenen Sünden Opfer tun.« (Hebr 7,26 f.) In Ihm haben wir Zutritt zum Vater. (RS)

 

Die Übersetzung von Vers 4 ist Allioli, finde ich, leider ein bißchen sehr zurückhaltend geraten: Der ‚Bösartige‘(malignus) ist aggressiv  (der maligne Tumor, z.B.) und der ‚Bösewicht‘ ist, zumindest heutzutage, eher eine Figur des Kasperle-Theaters; deswegen wird er im Anblick (conspectus) dessen, der zumindest hofft, auf Gottes heiligem Berg ruhen zu dürfen ‚auf nichts zurückgeführt‘ (ad nihilum), dazu ist Anstrengung erforderlich, (innere) Tätigkeit, denn bekanntlich kommt das Böse häufig und „gerne“ attraktiv daher.
Und für das Umgekehrte gilt das auch: ‚glorificare‘ ‚rühmen‘ (glori-ficare, gloriam facere, ‚Ruhm machen‘) ist anders und mehr als ‚in Ehren halten‘. (GL)

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