Zurüruck zum Inhalt

„Da müssen Sie auf Halbe gehen…“ Ein Nachruf

„Da müssen Sie auf Halbe gehen, Frau Becker-Lamers.
Das marschiert sonst so!“

Ein Nachruf auf einen Vollblutmusiker

Am 12. Januar 2016 entschlief Herr Frank-Thomas Gericke im Alter von 85 Jahren. Vier Jahrzehnte lang hatte er an der Landesschule Pforta Musik und Deutsch unterrichtet und 1982 den Musikzweig des Spezialgymnasiums aus der Taufe gehoben.

Was hat das mit Weimar zu tun? Noch dazu mit „Katholisch in Weimar“? Denn wie der Name erahnen läßt, gehörte Herr Gericke zur evangelischen Gemeinde.

Aber Frau Gericke nicht. Und als die Familie die Eltern vor zehn Jahren zu sich nach Weimar geholt hatte, besuchte Herr Gericke mit seiner Frau regelmäßig die Messe. Vor allem aber gab er seine Liebe zur Musik im Seniorenkreis weiter, der sich wöchentlich im Gemeindehaus trifft und in Weimar dank seiner außerordentlich tüchtigen Leiterin seit Jahren jede Woche ein kleines Programm, sei es ein Konzert, ein Vortrag oder sonst etwas Interessantes, erlebt. Aber was das Tagesthema im einzelnen auch immer sein mochte oder mag – das Singen der bei dieser Generation ja noch so beneidenswert präsenten Volkslieder beschloß und beschließt jedes Treffen.

Und da saß Herr Gericke jede Woche am Klavier.

Er saß dort auch, sooft ein kleiner Chor kleiner Kinder, die jetzigen „Cäcilini an Herz Jesu Weimar“ unter ihrem damaligen Namen der „Kinderschola der Herz-Jesu-Gemeinde Weimar“, zum Adventskaffee der Senioren, zu einem Heiligenfest oder etwa einem 90. Geburtstag im Kreis der alten Herrschaften sang. In kurzer Zeit entstand eine stabile Kooperation zwischen einer kleinen Gruppe freundlicher Sängerinnen, einer größeren Gruppe äußerst williger Zuhörer und einer einzelnen Chorleiterin und Komponistin, die sich so auch immer sicherer an ihre Themen herantastete.

Natürlich gab es im Vorfeld unserer kleinen Auftritte jede Menge zu besprechen, zu proben und neu aufzuschreiben. So wuchs mir Herr Gericke sehr ans Herz. Es war unmöglich, sich seiner Begeisterung für die Musik oder sonst einer seiner Erzählungen zu entziehen. Und gerne nahm ich jede Belehrung des (im Gegensatz zu mir) ausgebildeten Chorleiters und Schulmusikers an – wie eben die vollkommen richtige Bemerkung zu einem meiner Lieder: „Da müssen Sie [beim Dirigieren] auf Halbe gehen, Frau Becker-Lamers. Das marschiert sonst so!

Wunderbar! Einfach unvergeßlich!

So trafen wir uns mit der Zeit immer wieder auch außerhalb des Seniorenkreises oder meiner Sternsingerrunden mit den Chor-Kindern. Ich versuchte, an seinen Geburtstag zu denken und schneite mit dem einen oder anderen Blumenstrauß vorbei – wobei es sehr hilfreich war, daß wir in derselben Straße wohnten. So sah ich ihn auch hin und wieder, wenn er bei Wind und Wetter auf dem Fahrrad die Besorgungen für seinen kleinen Haushalt machte – was er so lange wie irgend möglich tat. Das war letzten Sommer.

Am vergangenen Freitag ist Herr Frank-Thomas Gericke nach einer ökumenischen Trauerfeier auf dem Weimarer Hauptfriedhof beigesetzt worden. Natürlich sang ein Chor ehemaliger Schüler und Kollegen aus Schulpforte. Aber auch die Weimarer Trauergemeinde war groß – eine Trauergemeinde, die ihm allein aufgrund seines Engagements in der Pfarrei in den letzten zehn Jahren seines Lebens die letzte Ehre erweisen wollte.

Er war ein wunderbarer Mensch.

 

Den Menschen, die aus dieser Zeit
Im Glauben sind geschieden,
gib in der frohen Ewigkeit
Herr unser Gott den Frieden.

 

Aus: ‚oremus‘. Katholisches Gebetbuch, Thalwil 2013, S. 278.

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

Einen Kommentar schreiben

Ihre Email wird NIE veröffentlicht oder weitergegeben. Benötigte Felder sind markiert *
*
*

*