Jetzt ist es wirklich soweit: Das Ende der Weihnachtszeit ist herangekommen, Bäume und Krippen werden abgeschmückt, um schließlich aus Wohnungen und Kirchen zu verschwinden und es ist mehr als eine nostalgische Anwandlung, wenn einem dabei ein bißchen wehmütig ums Herz wird.
Denn es ist ja wirklich so: Wir verlassen eine von Freude geprägte liturgische Zeit und am Horizont ziehen langsam Gedanken an Ernst und auch Trauer der Fastenzeit herauf, bevor wir dann an Ostern denken dürfen.
Immerhin ist dieser Ablauf aber in jedem Jahr erneut Grund zu einer ganz speziellen Genugtuung! Denn nach dem aktuell geltenden Kalender wäre die Tatsache, daß weihnachtliche Elemente in den Kirchen verbleiben, ja im Grunde ein Anachronismus, ist doch die Weihnachszeit offiziell seit dem 8. Januar bereits beendet.
Daß und warum das schlicht ein Schmarrn ist, sieht man leicht, wenn man den Blick darauf lenkt, wie denn die liturgische Zeit heißt, die stattdessen herrschen soll.
Auf englisch heißt sie „Ordinary time“. Auf französisch „Temps ordinaire“. Und auf deutsch also „Ordinäre Zeit“.
Nein, so heißt sie natürlich nicht, wie wir alle wissen, und die kleine Gegenüberstellung zu anderen europäischen Sprachen zeigt auch sehr schön warum: Weil „ordinär“ im Deutschen einen ganz spezifischen Beigeschmack hat, da bedeutet das Wort eben nicht (wie auf englisch und französisch) „ordnungsgemäß“, sondern „gewöhnlich“ mit pejorativem Beiklang.
Und wenn man dem Gedanken einen Augenblick Raum gibt: Kann es das eigentlich geben im Kirchenjahr, „(Ganz) Gewöhnliche Zeit“? Sind wir nicht vielmehr immer (wenn auch sicherlich in unterschiedlichem Ausmaß) in der Spannung der Heils-Zeit, die das Jahr ja doch spiegeln will und soll?
Wenn wir einmal schauen, wie das früher hieß, da war z.B. der letzte Sonntag (29. Januar) der „Vierte Sonntag nach Epiphanias“ (und ist es in der älteren Form des Römischen Ritus natürlich unverändert). Und strukturell benennen auch z.B. unsere protestantischen Geschwister nach wie vor die Sonntage so: Nach einem zurückliegenden oder noch zukünftigen Ereignis im Kirchenjahr.
Und ist das nicht viel logischer? Spiegelt sich nicht darin sehr schön die ganze Struktur christlichen Lebens, das ja, wie exemplarisch die Liturgie, immer ausgespannt ist zwischen Erinnerung und Erwartung? Ich finde schon.
Und die deutsche uns allen so sattsam vertraute Formulierung von der „Zeit im Jahreskreis“, die macht es bei Licht betrachtet überhaupt nicht besser. Diese Formulierung ist nämlich erstens völlig „neutral“, man könnte auch sagen inhaltslos, und birgt zweitens sogar die Gefahr, einem gänzlich unchristlichen zirkulären, „Kreis-förmigen“ eben, Verständnis von Zeit Vorschub zu leisten, dabei sind wir doch immer „Hin-zu“ unterwegs, letztlich zum Jüngsten Tag, an dem spätestens es sich „ausge-kreist“ haben wird! 😉
Also, diese eigentümlich bürokratisch anmutenden momentan aktuellen Regelungen, sie werden bei der großen „Reform der Reform“ keinen Bestand haben können, weil sie den mechanistischen Ungeist ihrer Entstehungszeit widerspiegeln, über den wir ja auch sonst gründlich hinweg sind.
Ja, und so ist jeder Baum und jede Krippe, die bis Lichtmeß stehen, auch in dieser Beziehung ein Hoffnungszeichen und ein Zeichen des Widerstands, den der Glaubenssinn vor Ort nun schon seit Jahrzehnten leistet – ist ja nicht das erste Mal in der Kirchengeschichte…
Für PuLa aber birgt das (echte) Ende der Weihnachtszeit ein ganz praktisches Problem: Es fehlt noch was! Wir haben Ihnen bisher das auch zu Weihnachten 2016/17 gehörende „Bildnis des Bloggers mit eigentümlicher Kopfbedeckung“ (vgl. hier, mit Links zu den Vorjahren) noch nicht präsentiert! Dabei existiert es schon seit Mitte Oktober 2016!
Ja, doch, wir gehen schon davon aus, daß Sie auch ohne dem weiterleben können 😉 , aber auf diesem Blog wird es keinen Abbruch von Traditionen geben, solange wir es verhindern können! 🙂
Daß es jetzt so sehr spät geworden ist, tut uns leid! Es liegt zum einen an außergewöhnlichen Belastungen durch Arbeit und durch Feste (!), zum anderen ganz aktuell auch an gerade erst knapp überstandener „Grippe“…; sorry!
Und wieder andererseits lag es auch nicht „nur“ daran! Nein, es gab auch einen Grund, der lag in dem Bild selbst, bzw. der damit verbundenen Symbolik und ich habe mir lange den Kopf zerbrochen, wie das zu vermitteln sein könnte!
Aber, dies ist ein katholischer Blog, die Hilfe kam, natürlich kam sie!, und die Antwort auf die Frage, „Wie erzählen?“ lautet einfach: „Von Anfang an!“:
Der Anfang der Geschichte liegt zeitlich im vergangenen Oktober, örtlich in Opatija, wo wir, vielleicht erinnern Sie sich, unsere Herbstferien begonnen haben. Und dieser Teil der kroatischen Adriaküste ist, seit er Ende des 19. Jahrhunderts zu einem angesagten k.u.k Bade- und Kurort wurde, weithin bekannt für den besonders üppigen Wuchs des Lorbeers (Laurus nobilis), der dort, so lasen wir vorher, regelrechte kleine Wälder bilde. Und so fanden wir es tatsächlich vor. Die ‚edle‘ Gewürzpflanze, sie wächst dort wie das sprichwörtliche Unkraut aus jeder Ritze im Asphalt, wenn man sie nur läßt!
Als wir nach nur einer Woche von Opatija nach PuLa, äh, Pula natürlich 🙂 aufbrechen mußten, ärgerten wir uns ein wenig, den nahegelegenen Marienwallfahrtsort Trsat, der heute zur etwas „ruppigen“ Stadt Rijeka, italienisch Fiume gehört, nicht mehr besucht zu haben, aber immerhin befanden sich im Auto etliche Lorbeerzweige. Wir hatten sie nicht mal selbst schneiden müssen, sondern sie fanden sich als „Gartenschnitt“ – dabei ist das getrocknete Resultat aromatischer, als das meiste, was Sie hier im Gewürzregal finden…
Und diese Fahrt entlang der istrischen Küste, denn wir hatten die Inlandsautobahn verschmäht, hatte noch kaum begonnen, da stand, wir wissen nicht warum, die Frage nach „der nächsten Kopfbedeckung auf dem Blog“ im Raum, auf die das jüngere Kind von der Rückbank flugs die Antwort gab: „Einen Lorbeerkranz natürlich!“ Duh!
Gesagt, getan, die Bilder haben wir dann gleich in Pula gemacht, solange die Zweige noch grün und biegsam waren:
Das kommt davon wenn auch die nächste Generation Asterix liest, wo Julius Caesar spricht: „Sieh da! Meine Lorbeeren, ganz zerdrückt. Ich muß mich versehentlich darauf ausgeruht haben!“ (Asterix in Spanien, Stuttgart 1973, S. 6) 🙂
Aber bestimmt verstehen Sie jetzt auch, woher meine Probleme, ein Bild von mir mit gerade dieser Kopfbedeckung zu veröffentlichen, kamen, nicht? Der Lorbeer, er beschwört eben immer mindestens besondere Würde, Ruhm (vgl. den Poeta laureatus) oder gar (militärischen) Triumph herauf , doch das liegt mir für meine Person und uns für unseren bescheidenen Provinzblog durchaus fern!
Nur, wie dem Mißverständnis wehren? Bloße Behauptung ist schwach, das war uns klar, Verzicht auf das Motiv hingegen kam auch nicht in Frage: Wir nehmen immer das Bild mit der Kopfbedeckung, die sich uns aufdrängt, denn das ist eben die, die zu dem Jahr gehört!
Was war also zu tun? Was vom Lorbeer zu erzählen, das deutlich zu machen geeignet war, hier ging es wirklich nicht um unsere Selbstüberhebung, nicht mal in irgendeiner noch so ironisch gebrochenen Art und Weise?
Die Geschichte, die sich schließlich nach geduldigem Warten (denn‚ ‚Hilfe kommt bestimmt‘!) ergab, ist aber viel unglaublicher und wunder-voller, als wir uns das hätten vorstellen können. Aber wo die MutterGottes im Spiel ist…
Und es begann – mit einem Gespräch über Mineralwasser!
Lauretana, so heißt das nach seiner Selbstbeschreibung „leichteste Wasser Europas“, das aus einer artesischen Quelle in den italienischen Alpen dringt. Ich nutze es vorwiegend, um daraus Grünen Tee zu bereiten (was ich nur empfehlen kann!). Jedenfalls warf eines Tages meine liebe Frau die Frage auf, ob Lauretana denn wohl mit der Lauretanischen Litanei zusammenhinge, wo es doch so ähnlich klänge. Was natürlich hieß zu fragen, woher denn die Litanei ihren Namen trüge.
An dieser Stelle werden vermutlich viele ältere Katholiken milde schmunzeln, aber wir armen Kinder der „Konzilsgeneration“, wir wußten es wirklich nicht, es hat uns niemand erzählt! Und, Hand aufs Herz, wann haben Sie denn die Litanei das letzte Mal öffentlich beten können, bzw. „dürfen“??!
Nun, wie dem auch sei, „lauretanisch“ kommt von Loreto, dem bedeutenden Marienwallfahrtsort gleich „gegenüber“ auf der anderen Seite der Adria in den italienischen Marken.
Im Kern aber der dortigen Basilika steht das ‚Heilige Haus‘, die Santa Casa, verehrt als das Haus Mariens aus dem Hl. Land, in dem an ihr die Verkündigung geschah.
Über die Santa Casa können wir hier auch nicht ansatzweise genug schreiben, lesen Sie außer dem, was Sie schon hier , hier und hier finden am besten bei Michael Hesemann nach: „Maria von Nazareth, Geschichte, Archäologie, Legenden, Trier 3. Aufl. 2015, S. 89 – 112.
Wichtig ist: Nach den aktuellsten archäologischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnissen handelt es sich beim „Heiligen Haus“ tatsächlich um ein Gebäude aus Palästina, aus Nazareth, das dort in Mittelitalien ohne Fundamentierung auf dem Rest einer alten Straße steht. In seinem Innern aber befinden sich christliche Graffiti in griechischer Sprache und an versteckter Stelle fanden sich Textilien, die von Experten als Teile der Mäntel von Kreuzfahrern identifiziert wurden.
Für unsere Geschichte ist nun entscheidend, was darüber berichtet wird, wie denn das Haus dorthin gelangt ist. Es sei, so weiß die Legende, von Engeln aus dem Hl. Land herangetragen worden, als dort 1291 die letzten Kreuzfahrerstaaten unter der Aggression der Sarazenen weichen mußten.
Nur – es gelangte eben keineswegs gleich auf die Westseite der Adria! Nein, vielmehr stand die Santa Casa zunächst im heutigen Kroatien in, Sie ahnen es sicher, genau, in Trsat! Von dort hatte es gewiß eine Zeitlang einen hervorragenden Ausblick auf die Lorbeerwälder an,dem Ort der später Opatija heißen sollte.
Allein, so heißt es weiter, die damaligen Bewohner erwiesen sich der gnadenhaften Gabe, die da auf sie gekommen war, als unwürdig und so griffen die Engel ein zweites Mal zu und trugen es am 9.12.1294 ein wenig weiter übers Meer in einen – Lorbeerhain! (oder, hier differieren die Angaben, auf das Grundstück einer Familie namens Laureta, was aber auf dasselbe hinauskommt, denn die Etymologie dieses Namens brauchen wir jetzt wohl nicht mehr zu erklären. 😉 ).
Jedoch bedurfte es noch einer dritten und vierten Translatio, bis der heilige Gegenstand schließlich seinen dauerhaften Ort gefunden hatte, um von nun an fest verknüpft mit dem Namen der wohlriechenden und heilkräftigen Pflanze, der auch zum Namen dieses Ortes geworden war, einmal mehr den Ruhm und die Verehrung der MutterGottes in die Welt zu tragen.
Und wie in die Welt zu tragen! Was wir Armen (s.o.) nie geahnt hätten, es gibt weltweit ca. 2.000 Adaptionen der originalen Santa Casa, und eine davon steht auch in Graglia, Piemont, dem Quellort des Lauretana-Wassers! (leider haben wir allerdings keine mitteldeutschen ‚Sante Case ‘ gefunden, denn ihre Verbreitung begann just, als im 16. Jahrhundert in diesem Teil Deutschlands die Marienverehrung stark nachzulassen begann, Sie wissen schon… Wenn aber doch jemand auch hierzulande eines kennt: Wir freuen uns über jeden Hinweis, wäre das doch ein ganz wunderbarer Anlaß für ein ‚PuLa unterwegs‘!)
So ist hoffentlich klar geworden: ‚Laus Lauri – Laus Mariæ‘, das Lob des Lorbeers ist Marienlob und vermutlich hätte es einem nirgendwo besser deutlich werden können als eben dort in jener heute etwas abgelegenen „Ecke“ der Adria zwischen Opatija und Rijeka.
Wir aber sagen voll demütiger Dankbarkeit: Wie reich und tief die Welt dem wird, der mit dem katholischen Blick auf sie schaut, das haben wir anhand dieser Geschichte erneut erfahren dürfen: ‚Dove Sveta‘ können wir da nur wiederum sagen und – Ihnen diesen Blick von Herzen wünschen!
Gereon Lamers
2 Kommentare
Hm ja, eingedenk der hier
http://kath-mhsg.de/html/loretto_kapelle651.html
gegebenen Begründung für die Errichtung wird das mit dem Mitteldeutschland schwierig. https://www.youtube.com/watch?v=NVAm6v-F-Dg
Könnte bitte noch geklärt werden, wo in obigem Fall das Doppel-t herkommt?
🙂
Das Doppel-t? Wird sich um ein deutsches Italienisch-Klischee handeln, vermutlich. Das kommt davon, wenn man sich nicht mit der Etymologie beschäftigt… 😉 (PS: Der Lorbeer als „Ersatz-„Preis ist noch nicht aufgebraucht!)
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[…] nicht allzu langer Zeit haben wir hier die Herkunft des Namens der Lauretanischen Litanei geklärt und im Zuge dessen bedauert, daß sie […]
[…] die ist ja bekanntlich viel, viel länger als die paar Tage, die für gewöhnlich dafür gehalten werden. Wir graulen uns jetzt schon davor, […]
[…] wider (weshalb es sich ja das letzte Mal [bezogen auf das Jahr 2016] so ungebührlich verzögerte, hier). Da sind wir ja glücklicherweise heute doch viel zeitiger dran! […]
[…] Jahr und Tag, ok, vor Jahr und zwei Tagen, also zu Mariä Lichtmeß 2017 schrieb ich in diesen Zeilen über das „wirkliche Ende der Weihnachtszeit“ und endete nach einigen […]
[…] hat es doch erneut bis zum letzten Tag der Weihnachtszeit gedauert, bis wir das Bild des Bloggers, nein halt, das ist […]
[…] ja tätig bin, zu legen beginnt. Freilich, wie wir in einer strukturell vergleichbaren Situation erlebt haben, mehr als eben ein bißchen Unruhe ist auch nicht am […]
[…] in Nazareth hinterlassen hat. Gereon hat hier auf PuLa vor genau vier Jahren darüber geschrieben und die entsprechenden Links und Literaturhinweise (Hesemann) dort bereits […]
[…] Ihnen ein “rundes” ‘PuLa Unterwegs’ präsentieren können, bis dahin aber können wir nur wiederholen: Wie reich und tief die Welt dem wird, der mit dem katholischen Blick auf sie schaut, das haben […]
[…] zu ergänzen, aus dem Gotteslob oder selbst gesucht, den oben zu sehenden lateinischen Text der Lauretanischen Litanei, handlich eingerichtet, senden wir Ihnen auf Anfrage gern […]
[…] dafür gibt es schon Gründe, nehmen wir nur das Evangelium des heutigen Tages (NO, “18. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr C”), in dem von dem reichen Landbesitzer “noch in dieser Nacht” sein Leben […]
[…] überhaupt, aber den Weihnachtsbaum “noch einmal“ entzünden, jaja, am Ende gar am 2. Februar (1934)… […]
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