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Der Adventskalender mit Fortunatianus von Aquileia, Tag 11 (St. Luzia)

Dann wird das Himmelreich zehn Jungfrauen gleich seyn, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam und der Braut entgegen gingen.
Fünf von ihnen waren thöricht und fünf klug.
Die fünf thörichten nahmen zwar ihre Lampen aber nahmen kein Oel mit sich.
Die klugen dagegen nahmen mit den Lampen auch Oel in ihren Gefäßen mit.
Als nun der Bräutigam verzog wurden alle schläfrig und entschliefen.
Um Mitternacht aber erhob sich ein Geschrei: Siehe, der Bräutigam kommt; gehet heraus, ihm entgegen!
Da standen alle diese Jungfrauen auf und richteten ihre Lampen zu.
Die thörichten aber sprachen zu den klugen: Gebet uns von eurem Oele, denn unsere Lampen verlöschen.
Da antworteten die klugen und sprachen: Es möchte nicht zureichen für uns und euch; gehet vielmehr hin zu denen, die es verkaufen, und kaufet euch eines.
Während sie nun hingingen, um zu kaufen, kam der Bräutigam und die bereit waren gingen mit ihm zur Hochzeit ein und die Thüre ward verschlossen.
Endlich kamen aber auch die anderen Jungfrauen und sagten: Herr, Herr, thu uns auf!
Er aber antwortete und sprach: Wahrlich, sage ich euch, ich kenne euch nicht.
Wachet also, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde.
(Mt 25, 1 – 13)

‚Dann wird das Königreich der Himmel betrachtet als zehn Jungfrauen.‘
Zehn Jungfrauen: Es ist sicher, daß die Jungfrauen die Zehn Gebote darstellen, die an Moses übergeben und von ihm an das Volk weitergegeben wurden. Denn wenn du versuchst, die Zahl der Jungfrauen anders zu erklären, wirst du nichts finden. Aber weil er sagte, daß sie wie das Königreich der Himmel betrachtet werden, denke ich, daß dies als die Zehn Gebote verstanden werden sollte, die überliefert wurden, und in denen alles enthalten ist.
‚Fünf waren weise und fünf töricht, die kein Öl nahmen.‘ Das zeigt den Teil des jüdischen Volkes, der das Kommen des Sohnes Gottes nicht akzeptieren wollte, weil er in Demut gekommen ist. Sie waren aber töricht, weil sie die Aussagen der Propheten nicht verstanden haben, durch die das Kommen des Sohnes Gottes in Niedrigkeit verkündet wurde: ‚Siehe, eine Jungfrau wird in ihrem Schoß empfangen, und sie wird einen Sohn gebären, und sie sollen seinen Namen rufen Emmanuel, was übersetzt „Gott mit uns“ bedeutet‘ (Mt 1, 23; Jes 7, 14) und all die anderen Dinge, die über sein Kommen gesagt wurden. Der Teil des Volkes, der nicht versteht, wird in den fünf törichten Jungfrauen dargestellt.
Was die Tatsache angeht, daß sie in ihren Gefäßen kein Öl nahmen,so werden die Gefäße selbst als Menschen verstanden; Öl hingegen ist Barmherzigkeit, ein Bild für den Heiligen Geist, den die Törichten nicht haben können. […]
In gleicher Weise wird, wer immer die Gebote Gottes nicht hält, angemessen für dumm und töricht gehalten. Die Fackeln aber werden erwähnt wegen der Größe der Heiligkeit und der Selbstbeherrschung, so wie die Diener Gottes ja auch als Lampen verstanden werden: ‚Ich habe eine Lampe für meinen Gesalbten [Christos] bereitet‘ ( Ps 131, 17) Daher nahmen auch die vernünftigen Jungfrauen ihre Fackeln und Öl in ihren Gefäßen mit, das heißt, sie warten auf das Kommen des Sohnes Gottes, umgürtet mit aller geistlichen Heiligkeit. Denn jeder, der keusch und einfach und fromm und religiös lebt, der barmherzig ist, wartet auf das Kommen des Sohnes Gottes. Selbst wenn sie vom Körper abscheiden, sind sie dennoch bei ihm und werden für ihre Verdienste belohnt werden.
‚Aber als der Bräutigam zu spät kam, wurden sie alle schläfrig und schliefen‘ Es gibt zwei Möglichkeiten, den ‚Schlaf‘ zu verstehen. Manche schlafen, weil sie die Anweisungen Gottes nicht befolgen; andere schlafen, die sich aller weltlichen Dinge entschlagen.
Daher schlafen einige der Welt und andere schlafen Gott.
Wie der Apostel sagt, bindet sich niemand im Dienste Gottes an weltliche Bedürfnisse: (2 Tim 2, 4) die Art von Menschen, die weltliche Übel aus ihrem Herzen herausgeschnitten haben, schlafen der Welt und enthalten sich weltlicher Bosheit. Aber die Person, die nachlässig ist, in den Werken Gottes, sie schläft Gott, indem sie seinen Willen nicht tut. […] So können wir leicht sagen, daß die fünf vernünftigen, die Öl und Fackeln nahmen, die Apostel sind […]. Sie nehmen das Kommen des Sohnes Gottes an, geben durch sorgfältige Beachtung seine Gebote an die Kirche weiter und unterweisen sie, sie zu bewahren.
Dadurch wird die Kirche als weise angesehen, weil sie Erbarmen hat, das ‚Öl‘, aber auch den Heiligen Geist.
‚Aber mitten in der Nacht‘: Das zeigt tiefe Dunkelheit.
‚Ein Schrei wird erhoben, als der Bräutigam kommt‘: welcher Schrei als der, der die Stimme eines Rufers in der Wüste ist, wie Johannes sagt: ‚Derjenige, der die Braut hat, ist der Bräutigam‘ (Mt 3, 3; Joh 3, 29)
Die fünf Bücher Moses können als Bild der fünf vernünftigen Jungfrauen genommen werden: Indem sie diese Schriften liest wird die Kirche als vernünftig bezeichnet, da sie den Sohn Gottes erkennt: Offenkundig hat sie selbtbeherrschte Jungfrauen, die den Bräutigam mit Fackeln und einem großen Maß an Selbstbeherrschung erwarten. [Sic!]
‚Sie gehen zur Hochzeit hinein und so sind die Türen geschlossen‘
Das, was wir lesen, fand in Sodom statt: Diejenigen, die mit Blindheit geschlagen waren, konnten nicht eintreten, weil es ihnen nicht erlaubt war, und es war geschlossen worden. (Gen 19, 4 – 11)
Wie auch Johannes sagt: Er schließt und niemand öffnet, er öffnet und niemand schließt‘ (Offb 3, 7) Der Eingang zur Kirche ist offen, niemand vermochte ihn zu schließen. Denn sie hat schon häufig Verfolgungen von Herrschern erlitten, aber es war nie möglich, daß der Zugang zu ihr geschlossen wurde. […]
Und so, damit wir vom Bräutigam erkannt werden, weist er uns an, mit aller Macht zu wachen, da wir den Tag und die Stunde seines Kommens nicht kennen. Oder auch, weil wir den Tag nicht kennen, an dem wir aus diesem Leibe ausgehen, ermahnt er uns sowohl wach zu bleiben, als auch Gott zu dienen.
M. CXVI.

Klosterbibliothek Admont, Zentralkuppel, ‚Offenbarung‘: Die lateinischen Kirchenväter Ambrosius, Gregor der Große, Augustinus und Hieronymus (eigenes Bild)

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