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Der Kreuzlinienlaser

Der Kreuzlinienlaser

Ein Sketchlet zum Vierten Advent für acht Personen

Wundersdorf, Oderbruch.

Am Vorabend des Vierten Advent, der in diesem Jahr ja zugleich der Heilige Abend ist, herrscht in der Pfarrkirche Maria Hilf! reges Treiben. Begünstigt durch die milden Temperaturen, sind die Flügeltüren des Westportals (das in diesem Fall ein Ostportal ist) sperrangelweit geöffnet und eine Rollirampe verbindet das Straßenniveau barrierefrei mit dem etliche Stufen höher gelegenen Kirchenschiff.

Als der Küster durch die Sakristei das Kircheninnere betritt, um für die Vorabendmesse die notwendigen Arbeiten zu verrichten, traut er seinen Augen nicht: Im Korb einer kleinen fahrbaren Hebebühne versperrt Ines, bis an die Decke hinaufgefahren, den Mittelgang und macht sich irgendwie an der Decke des hohen Raumes zu schaffen. Um das sportliche Fahrzeug herum stehen Shammiram, Edith und Helene.

Teleskoparbeitsbühne im Kircheneinsatz (Bild: BEYER-Miteservice KG)

Hm. Das ist ja bis auf Kurti und Sara genau die Putztruppe von neulich. Na – das kann ja heiter werden … Was tut Richard? Justiert er etwas? Jedenfalls sitzt er in einer der Bänke und schraubt an einem kleinen schwarzen Kästchen herum – ganz ähnlich dem, das Ines da gerade an der Decke befestigt. An zwei Säulen haben sich Wenzel und Nahamiyya hochgezogen (in Wundersdorf geht sowas) und verfolgen das Geschehen von der erhöhten Position der Kapitelle aus.

Eijeijeijeijeijeijei, wenn das mal alles gut geht!

Der Küster (ist an die Gruppe herangetreten, mit spitzem Unterton zur Hebebühne hinauf): Kann ich irgendwie behilflich sein?

Ines (überhört die Ironie): Nein, vielen Dank! Ist ganz lieb! Aber das hier ist eine Holzdecke – das weiß ich, seit ich mal vor Jahren die Aufhängung des Adventskranzes reparieren mußte. Und in Holz komm ich hiermit ganz leicht rein. (Sie betätigt den Akkuschrauber.)

Der Küster (versucht, das Geräusch zu übertönen): Ich meinte eigentlich … (er gibt auf.)

Ines (ist mit Bohren fertig): Was wolltest du sagen?

Der Küster: Was machst du da und ist das mit irgendwem abgesprochen?

Ines: Selbstverständlich haben wir uns abgesprochen! Glaubst du, wir sind zufällig alle hier?

Der Küster: Und der Pfarrer?

Ines: Äääääh – ach so …

Edith (rasch): Na, für den ist das doch!

Richard (schaltet sich schnell ein): Ein Laserprojektor für die Texte seiner Herz-Jesu-Worship-Gesänge!

Wenzel (vom Säulenkapitell): Jeden ersten Freitag im Monat!

Der Küster (hat von einem zum andern geschaut): Was hat das denn damit zu tun?

Ines (harmlos): Na, wir bringen doch nur ein Lasergerät an, schau … Augen zu! (Alle schließen die Augen) und auf (alle schauen nach vorne und sehen, wie ein roter Lichtpunkt durch den Altarraum huscht.

Der Küster (für sich): An irgendwas erinnert mich das

Helene: Außerdem hat der Chorleiter für die Zitherstelle im Agnus Dei ein Alpenglühen bestellt.

Ines (muß lachen): Genau! Deswegen beeilen wir uns so. Das mußte jetzt noch vor Heiligabend! (Sie schüttet sich aus vor Lachen und beginnt, mit ihrer Hebebühne herunterzufahren. Richard reicht ihr das zweite schwarze Kästchen an.)

Der Küster: Was für eine Zitterstelle?

Helene: Uraufführung! Alpensinfonie – äh … Alphornmesse! Die Geigen machen da an einer Stelle ganz schön diese Zithern nach!

Edith: Du denkst echt, gleich kommt Sissi um die Ecke.

Der Küster: Ach Gott!

Helene: Laß dich überraschen – ich meine, wenn er jetzt nicht „Ein Heldenleben“ hinterherkomponiert – warum nicht? Paßt schon!

Ines (setzt mit der Hebebühne einige Meter zurück): Also alles in bester Ordnung! Du kannst völlig beruhigt sein!

Der Küster (trollt sich grummelnd, im Gehen): Aber die Türflügel arretiert ihr später wieder?!

Alle (durcheinander): Na klaaaar! – Wird gemacht! – Du kannst dich auf uns verlassen! – Sei ganz beruhigt! – Dankeeeeee!

Shammiram (als der Küster in der Sakristei verschwunden ist, leise): Er hat nicht geglaubt!

Ines (aus der Höhe): Was einer glaubt und was nicht, ist in Deutschland Privatsache (sie bohrt). Das geht uns nichts an (sie bohrt nochmal).

Edith (zu Shammiram): Hast schon recht! Aber stell dir vor, wir hätten ihm die Wahrheit gesagt.

Helene: Daß wir hier zwei Kreuzlinienlaser montieren, damit wir ab jetzt eine Richtlinie für die Abstände der Bänke haben …

Kreuzlinienlaser, Anwendungsbeispiel (Bild: BestenDrei.de)

Richard: Was glaubst du, was er da gesagt hätte?

Shammiram (verschmitzt): Glauben in Deutschland Privatsache! (Alle lachen).

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Eine innovative Truppe, wo man hinschaut! Jedenfalls haben uns unsere Freunde vorgestern gleich versichert, daß die Ausrichtung der Bänke ein voller Erfolg war – so voll, wie die Kirche zum Krippenspiel und zur Christnacht.

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Das Ladeverbot on Dienstag, 1. Mai 2018 um 11:01

    […] In der Pfarrkirche Maria Hilf! ist der uns mittlerweile wohlbekannte Putztrupp (vgl. hier und hier ) bei der […]

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