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Augustinus und die Stickgarnreste

Wir feiern Pfingsten.

Die perfekte Zeit, um auf einem katholischen Blog das Gebet an den Heiligen Geist zu zitieren. Es wird dem Heiligen Augustinus zugeschrieben und geht so:

Atme in mir, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges denke.

Treibe mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges tue.

Locke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges liebe.

Stärke mich, du Heiliger Geist, daß ich Heiliges hüte.

Hüte mich, du Heiliger Geist, daß ich das Heilige nimmer verliere.

Ich merke schon: Sie kennen das. Gut so! Steht ja auch im Gotteslob (GL 7,2), und außerdem ist der Text schon beliebig weiterverwendet worden, zum Beispiel hier (aber Vorsicht – das Anhören kann Übelkeit verursachen!)

Also doch kein Grund, es auf unserem Blog erneut zu zitieren? Stimmt! Hätte man nicht eine eigene kleine, völlig irre Geschichte dazu zu erzählen, die zugleich für ein paar Bilder sorgen kann.

Haben wir aber natürlich.

Diese Geschichte geht so:

Es war einmal ein Leinenrock aus recht ordentlichem Stoff. Und eine ganze Schachtel voller bunter Reste mit Stickgarn von meiner Großmutter. Einige Garne dufteten nach ihrem Parfum – bald tat es die ganze Schachtel und dann die Schublade, in der ich die Garnreste aufbewahrte.

Irgendetwas mußte geschehen.

Ich besah mir den Rock und dachte: Entweder, du gibst ihn weg, oder du machst etwas völlig Irres daraus. Natürlich habe ich mich für das Irre entschieden. Ich wollte den Rock mit einem schönen Gedicht besticken und dabei zugleich das duftende Garn verbrauchen.

Das erste Jahr nach der grundsätzlichen Entscheidung ging mit der Auswahl des richtigen Textes dahin. Es sollte um die Gottesmutter gehen und ich dachte an das Ave Maria. Dann führte Kaplan Messer den Akathistos-Hymnos auf (Sie sehen – die ganze Sache liegt einige Zeit zurück …). Ich war Feuer und Flamme, besorgte mir den Text dieses Gebetes und glaubte, die Entscheidung sei gefallen. Wäre sie vielleicht auch gewesen, gäbe es da nicht ein gravierendes Problem: Der Akathistos-Hymnos ist nämlich auf griechisch. In meinen Kreuzstichalphabete-Stickanleitungen (#Kompositum 😉 ) habe ich aber nur Vorlagen für lateinische Buchstaben – und soweit, daß ich mir eine Stickmustervorlage für griechische Buchstaben hätte ausdenken wollen, reichte es nicht. Also weiterüberlegen. Irgendwann landete ich bei dem Gebet des Augustinus, das ich seit langem auf deutsch in jeder Messe bete – und war damit vom Plan eines Mariengebetes wie von dem der Originalsprache gleich weit abgerückt. Aber das macht nichts!

Nun ging es an die Umsetzung. Es mußte ja eine Form haben und die Schrift irgendwie durch Linien eingegrenzt sein. Wir sind ja nicht in der modernen Grundschule, wo die Kinder auf Blankoseiten nach Gehör schreiben müssen und kreuzunglücklich werden. Nein – ich wollte kreuzstichglücklich sein und begann, in grüner Farbe eine erste Linie zu sticken.

Das ging so etwa einen halben Meter lang gut.

Dann hing der Rock etwa zwei Jahre im Schrank.

Es war unglaublich öde.

Wirklich eine Strafarbeit, dachte ich. Wir sind doch hier nicht in den Grundschulen des 19. Jahrhunderts, wo die Mädchen sinnlose Kreuzchen auf ein altes Stückchen Leinen sticken, um sich auf die Arbeit an ihrer Aussteuer vorzubereiten. Außerdem bin ich bereits verheiratet.

Irgendwann holte ich den Rock aber doch wieder hervor und dachte: Entweder du machst Renovierläppchen zum Ablaugen der Türen draus (weggeben konnte ich ihn in diesem Zustand ja nicht mehr – mit einem halben Meter dunkelgrüner Kreuzstichlinie drauf), oder du realisierst deine völlig irre ursprüngliche Idee.

Weil es irgendwie doch cool war, diese Stickerei, realisierte ich die völlig irre ursprüngliche Idee und bekam plötzlich Spaß daran. Durch Zufall – man hätte das ja niemals vorher abmessen oder abzählen können – paßten jeweils ganze Worte auf die Stoffhälften vorne und das breitere Rückenteil. Es steht also nirgendwo „Hü“ oder „daß ich Hei“. Das hielt ich für ein gutes Zeichen. Buchstabe um Buchstabe wurde fertig, die duftenden Garnreste wurden weniger (wenn auch immer noch nicht aufgebraucht) und zu guter Letzt hatte ich einen ganz besonderen Rock hergestellt. Ein Fall für The Cathwalk? So jedenfalls sieht er aus:

Stickerei-Detail (eigenes Bild

Rock, Ausschnitt (eigenes Bild)

Rock, gesamt (eigenes Bild)

Das ist die Geschichte – und der Rock ist jetzt schon seit einigen Jahren da, natürlich mit passenden Knöpfen in allen Regenbogenfarben ausgestattet. Ein weitschwingender Rock würde sich ja sogar zum Tanzen eignen – und siehe da, auch das ist diesem Gebet schon widerfahren

Frohe Pfingsten!

Cornelie Becker-Lamers

 

PS: Apropos: „Pfingsten“: „Remember Quatember“ (Wenn Sie ausnahmsweise das Denglisch [oder Latenglisch? 😉 ] nachsehen wollen, bitte). Also, diese Woche ist eine Quatember-Woche: „Nach Asche, Pfingsten, Kreuz, Luzei gedenke, daß Quatember sei“, wie der alte hilfreiche Spruch geht.

Gereon Lamers

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