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Sketch des Monats: Das Preisausschreiben

Ein Sketch für fünf Schafe und zwei Lämmchen 

Wundersdorf, Oderbruch. Die allseits bekannte Schafweide. Fixi und Huf hocken bei Nieselregen und kaltem Wind im Unterstand und haben sich Kohles Tablet unter den Nagel gerissen. Sie scheinen einen Text zu entwerfen und lachen sich kaputt. Hm! Da muß man ja bei den beiden eigentlich sofort mißtrauisch werden. Was haben sie nur schon wieder ausgeheckt?

 

Kohle (stupst die Tür zum Unterstand auf): Fixi! Huf! Wo steckt ihr beiden?

Flocke und Wolle kommen hinter Kohle in den Unterstand gestapft.

Fixi: Wir entwerfen ein Preisausschreiben für die Pfarrei.

Flocke: Für Maria Hilf Wundersdorf?

Huf: Ja, klar! Für welche denn sonst?

Wolle: Die Pfarrei hat kein Geld für Preisausschreiben!

Kohle: Was zu beweisen wäre …

Fixi: Es geht ohnehin nur um die Ehre. Also einen Spieleabend oder so.

Wolle: Ah! Das klingt auf jeden Fall realistischer.

Blütenweiß und Grauchen kommen von draußen rein.

Blütenweiß (schüttelt sich): Ein lausig kalter Wind ist das!

Grauchen: Wenn an so einem Tag die windgeschützten Plätze unter der Tanne alle belegt sind, kann man sich wirklich nur noch in den Unterstand retten!

Flocke (zu Fixi und Huf): Nun erzählt schon!

Grauchen: Worum geht’s denn?

Wolle: Die beiden entwerfen ein Preisausschreiben.

Blütenweiß: Na, da bin ich ja gespannt!

Kohle: Also?

Huf: Gesucht werden Ideen für weitere Taizé-Angebote in der Pfarrei.

Wolle: Wie bitte???

Flocke: Wollt ihr mich auf den Arm nehmen?

Blütenweiß: Die treffen sich doch seit Jahren jeden Mittwoch abend.

Grauchen: Und jetzt auch jeden Montag früh und donnerstags mittags.

Kohle (zieht eine Augenbraue hoch): Die Frage ist tatsächlich eher, ob dieser sedierende Singsang süchtig macht!

Wolle: Dazu noch die Schweigemeditationen dreimal die Woche.

Flocke: Sie werden sich am Ende noch mit totschweigen, in unserer Pfarrei!

Blütenweiß: Wieso mit? Wen schweigen sie denn noch tot?

Flocke: Na, alles! Sämtliche Probleme! Oder schon mal ein Wort zum Chorsterben in unserer Pfarrei gehört?

Wolle: Oder zum Thema Pfarrjugend in Maria Hilf?

Kohle: Statt dessen bemüht man sich, die Jugendlichen so oft es geht außer Landes zu schaffen.

Grauchen: Stimmt! Eigentlich immer, wenn irgendwie mehr als vier Tage am Stück keine Schule ist: Über Silvester waren sie in ganz kleiner Runde zu Taizé in Breslau.

Flocke: In der Karwoche schaufeln sie wieder eine Gruppe runter nach Taizé – die Werbung dafür haben sie glaube ich dem Religionslehrer in Petershagen aufs Auge gedrückt.

Wolle: Dann natürlich die große Sommerfahrt nach Taizé, zu der sich hoffentlich möglichst viele Firmbewerber einschreiben. Damit der Bus nicht wieder zur Hälfte oder Dreivierteln leer fährt.

Kohle: Und wem es im Sommer in Taizé zu heiß ist, dem vermittelt man gern in den Herbstferien eine Taizéfahrt mit einer anderen Brandenburger Pfarrei.

Fixi (bedeutet durch eine Geste, daß alle erstmal zuhören sollen; mit wichtiger Miene): Haben wir alles hier im Vorspann genau so stehen. Ist doch klar: Wenn’s einfacher wäre, bräuchte man ja kein Preisausschreiben.

Huf: Eben! Es ist aber richtig schwierig, sich noch weitere Angebote auszudenken.

Fixi: Was aber unbedingt sein muß! Das sieht man sofort, wenn man einen Blick auf unseren Schaukasten wirft.

Huf (mit gespielter Entrüstung): Da sind doch tatsächlich trotz der ganzen Werbung für Taizé-hier und Taizé-da noch ein paar Quadratzentimeter frei!

Blütenweiß: Ach so! (Sie beginnt zu lachen.)

Grauchen (lacht auch): Ihr meint, das birgt die Gefahr, daß dort am Ende jemand eine Werbung für den Kirchenchor aufhängt?

Flocke (beginnt zu verstehen; dramatisch): PANIK!

Huf: Genau! Die singen schließlich etwas anderes als Terzparallelen!

Wolle (ist jetzt auch im Film): Kreuzgefährlich!

Blütenweiß (sarkastisch): Und voll-stän-dig überflüssig!

Fixi (erleichtert): Habt ihr’s endlich kapiert!

Huf (doziert): Aber eine Monokultur ist eben nur eine richtig schöne Monokultur, wenn es wirklich gar nichts anderes mehr gibt. Das gilt schließlich auch im Spirituellen!

Kohle: Ah ja! Na, da bin ich ja mal gespannt, ob jemandem noch was einfällt!

Fixi: Meine stille Hoffnung ist ja …

Flocke (mütterlich): Was, mein Lämmchen?

Huf: … daß endlich mal noch ein paar mehr Schafen der Hut hochgeht und sie unserem Pfarrer einen ganz anderen Vorschlag machen …

Blütenweiß: Laß mich raten …

Kohle: … Taizé fasten …

Grauchen: … und Dialog üben!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Bloß gut, daß es in Weimar natürlich schon längst noch mehr Taizé-Angebote gibt: Vorträge dazu in Weimar, Vorträge in Bad Berka, ganze durchwachte Nächte auf Isomatten …

2 Kommentare

  1. monticola schrieb:

    Ich bezweifle aufrichtig, daß in der Karwoche oder im Sommer irgendwer nach Taize fährt.

    Donnerstag, 12. März 2020 um 21:33 | Permalink
  2. Lieber Monticola, hm! Ich weiß natürlich nicht, wie das in Wundersdorf so ist. Da können wir nur auf das vertrauen, was unsere Freunde uns übermitteln. Aber von der katholischen Pfarrei in Weimar aus war definitiv eine Reise nach Taizé für die Karwoche geplant. Es gab auch echte Anmeldungen. Aber nun hat sich das durch die geschlossenen Grenzen ja erledigt. Daß die Firmlinge im Sommer fahren, war schon 2019 so „Se taire“ heißt „schweigen“und soll auch 2020, so die Reisefreiheit wiederhergestellt sein wird, wieder stattfinden. Stand bis Corona unter „Aktuelles“ auf der Homepage und hing im Schaukasten.
    Liebe Grüße Cornelie

    Donnerstag, 26. März 2020 um 22:18 | Permalink

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