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Die Franz-Liszt-Gedächtnisorgel und ihre Präsenz im Internet (2/2)

Professor Michael Kapsner und die hochschuleigene
Franz-Liszt-Gedächtnisorgel in der katholischen
Pfarrkirche Herz Jesu Weimar – Teil II

Vermutlich in den folgenden Monaten nach dem Mai 2011 ist der wikipedia-Eintrag zu unserer Kirche um einen Text zur Franz-Liszt-Gedächtsnisorgel erweitert worden. Er ist mit dem Text auf der Herz-Jesu-Homepage fast identisch. Da aber unsere Homepage 2016 zum 125. Geburtstag unserer Kirche komplett neu aufgesetzt wurde und ich weiß, daß ein ausführlicherer Text (nicht von mir!) mit Hörbeispielen vorlag, aber nicht erschien, vermute ich, daß der Text für unsere Homepage aus dem wikipedia-Artikel kopiert und zusammengekürzt worden ist. Technische Angaben (den Angaben auf wikipedia allerdings z.T. widersprechend – also in puncto Register, Werke und Koppeln der Orgel hält man sich glaube ich am besten an die im letzten Beitrag schon besprochene Übersicht auf der Homepage von Orgelbau Waltershausen!) nehmen dabei auf der Homepage von Herz Jesu Weimar ebenso viel Raum ein wie die Geschichte der verschiedenen Orgeln und ihrer Erbauer.

Homepage Herz-Jesu-Weimar, Abschnitt über die Orgel, wie er unter Kirchen – Herz Jesu Weimar zu finden ist (Screenshot, abgerufen am 10. Mai 2020)

Eine Erläuterung der ursprünglichen Vision, die Werke unseres einstigen Gemeindemitglieds und großartigen Spenders für den Kirchenbau, Franz Liszt, in Meßfeiern und Festgottesdiensten wieder zum Leben zu erwecken, ja, der kleinste Hinweis hierauf fehlt sowohl auf wikipedia als auch auf unserer Gemeindehomepage vollständig. Obwohl wir wissen, daß ohne diese Vision, Herrn Kapsners eigenen Worten zufolge, nicht einmal die Idee zum historisch informierten Orgelbau entstanden, geschweige denn das Instrument realisiert worden wäre – mit seiner „Lisztharmonika“, seinem Fernwerk und seinem „historisierenden Klang, der dem entspricht, was Liszt um 1860 erlebte, als er seine Orgelwerke komponierte.“ (Michael Kapsner im Interview mit Jan Kreyßig, in: Liszt. Das Magazin der Hochschule, No 16 vom 15. Oktober 2019, S. 8-11, S. 8).

Ebenso eigentümlich wie die genannte Leerstelle ist die subtile Verkehrung des Sachverhalts, wem die Orgel gehört und wer sie mit nutzen darf. Lesen wir bei Orgelbau Waltershausen und beim mdr, auf dessen Bericht der wikipedia-Eintrag übrigens als Nachweis verlinkt, von der „großen Konzert- und Übungsorgel“ der Hochschule, von der die Kirchgemeinde in ihren Meßfeiern und durch die ausgesprochen publikumswirksamen Konzertveranstaltungen profitieren kann, so wird das Millionenprojekt auf unserer Homepage (wohl in Nachfolge des wikipedia-Artikels) zu einem Instrument, das „neben dem liturgischen Gebrauch durch die katholische Kirchengemeinde auch der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar für Konzerte sowie zu Unterrichts- und Übungszwecken zur Verfügung“ steht.

Das ist, so wie es dasteht, sachlich falsch – und das fällt nicht nur mir und meinen Freunden in der Pfarrei unangenehm auf. Die Orgel-Community ist eine zwar überschaubare, dafür aber bestens vernetzte internationale Gemeinschaft, in der jeder an den Projekten anderer, insbesondere aber an Orgelneubauten, regen Anteil nimmt und sich für die Zukunft der Instrumente und der Organisten wie auch etwa für CD-Einspielungen lebhaft interessiert.

Daß die Darstellung auf unserer Pfarrei-Homepage aber noch weiter in Schieflage geraten kann, zeigt sich, wenn man die schriftliche Anmoderation zur „Pfarrei der Wocheauf Radio Horeb liest. Auf dem Weg von der mdr-Berichterstattung über die Pfarreihomepage bis zu Radio Horeb kommt der Text immer mehr vom korrekten Sachverhalt ab. Wir schneiden hier mal den Teil aus, der sich u.a. mit der Orgel befaßt:

„auf Anregung der Hochschule“: Anmoderation auf der Homepage von Radio Horeb zur Pfarrei der Woche Herz Jesu Weimar am 7. März 2019 (Screenshot, abgerufen am 8. Mai 2020)

Da wird die Orgel zu einem Instrument, das die Studis mitnutzen dürfen, weil ihre Kommilitoninnen so lieb sind, den Taizé-Abend ins Leben gerufen haben und immer so schön den Herz-Jesu-Lobpreis des Pfarrers begleiten: „Dafür dürfen die Studierenden tagsüber an der modernen Kirchenorgel üben“!
Die Orgel, aus einer Vision Michael Kapsners geboren, von der Hochschule bei Orgelbau Waltershausen beauftragt und von der DFG finanziert (das Land sprang zuletzt nur für einen Fehlbetrag ein), wird zum Instrument, das „auf Anregung der Hochschule“ gebaut und „mit Unterstützung des Landes Thüringen finanziert“ wurde. Wie ergänzen Leser, die die Geschichte nicht kennen, diese Sätze zum ganzen Bild? Vermutlich so: Die Pfarrei hat die Orgel gebaut und finanziert. Die
Anregung („Anregung“ heißt: „Macht doch mal – das wär doch schön!“) kam aus „der Hochschule“ und das Land hat die Finanzierung unterstützt. Gestemmt hat die Kirche, dem Radio-Horeb-Text zufolge, die Finanzierung offenbar weitgehend selber – und daher ist es auch ihr Instrument, das die Studierenden großzügig mit nutzen dürfen.

Voilà! Da haben wir mit nur einem Zwischenschritt (Pfarreihomepage) seit dem korrekten Bericht des mdr tatsächlich genau die Sichtweise, die einige Leute aus unserer Pfarrei nach wie vor haben möchten. Diese Darstellung aber ist und bleibt falsch.

Was die Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar selber betrifft, so sieht deren konsequent personenorientierte Homepage derzeit kein Format vor, in dem eines der wertvollen Instrumente im Besitz der Hochschule detaillierter vorgestellt werden könnte. Von der Existenz der Franz-Liszt-Gedächtnisorgel als Instrument der Hochschule erfährt man unter den Studieninformationen zum Studiengang Kirchenmusik, die man über den Menüpunkt Studieninteressierte erreicht:

Screenshot der Musikhochschulseite, die die Orgel lediglich unter den anderen Instrumenten auflisten kann (abgerufen am 13. Mai 2020)

Was den vorliegenden Blog betrifft, so ging er ja im März 2011 mit und aufgrund des Orgelbaus, der Orgelweihe und aller mit ihr einhergehenden Umstände online. PuLa hat das Geschehen bis 2015, als der neue Pfarrer seinen Dienst antrat, daher etwas intensiver begleitet. Einen Überblick über die in diesem Zusammenhang relevanten Texte erhalten sie hier mit weiteren Links und Pingbacks sowie hier und hier.

Und wie Sie merken, bleiben wir weiter für Sie dran.

Fortsetzung folgt

Cornelie Becker-Lamers

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