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Sketch des Monats: Das Aschekreuz

Ein Sketch für drei Erwachsene und drei Jugendliche

 

Wundersdorf, Oderbruch, in der Pfarrkirche Maria Hilf! Aschermittwoch anno 2021. Teresa betritt die Sakristei, weil sie zum Ministrieren eingeteilt ist. Zur Zeit ist das ja für Schülerinnen und Schüler auch in den Vormittagsstunden der Wochentage problemlos möglich … Pfarrer und Küsterin sind mit den letzten Vorbereitungen beschäftigt und Freddy und Jonas, zwei andere Ministranten, unterhalten sich, während sie in ihre Gewänder schlüpfen, lebhaft – offenbar über irgendeinen Film.

Teresa: Guten Morgen! (Sie stapft auf der Fußmatte den letzten Schnee von ihren Stiefeln und schließt die Tür hinter sich.)

Der Pfarrer (fröhlich und aufmunternd): Guten Morgen, Teresa!

Teresa (pellt sich aus Schal und Mütze und knöpft ihren Wintermantel auf, zu Freddy und Jonas): Hey!

Freddy: Die wohnen erst in der Sloughi, aber Doniphan entdeckt dann eine Höhle.

Teresa: Worum geht’s?

Jonas: Hey, Teresa! Freddy hat eine alte Serie ausfindig gemacht.

Freddy: „Zwei Jahre Ferien

Teresa (stöhnt): Na – das paßt ja! – Kenn ich glaub ich: Da landen doch so‘n paar Jungs auf einer einsamen Insel?

Freddy: Genau! Bis sie von einem Schiff wieder mit nach Hause genommen werden.

Teresa (zitiert): Ein Schiff mit acht Segeln … hoffen wir mal, daß hier nicht auch irgendwann ein Schiff ankommt … mit fünfzig Kanonen … (Sie holt sich ein Gewand aus dem Schrank.)

Jonas: Warum?

Teresa (beginnt, sich das Gewand überzustülpen): Meine Mom sagt, die Stimmung in der Bevölkerung ist echt nicht mehr gut … wegen der Coronamaßnahmen … (während sie das Gewand zurechtzupft, läßt sie ihren Blick durch den Raum gleiten).

Freddy: Frag mal meinen Papa! Wir haben ein Restaurant …

Teresa (stutzt plötzlich): Sag mal … das sieht doch aus wie  (sie geht auf den Tisch zu, auf dem verschiedene Gerätschaften aufgebaut sind und untersucht einen Puderzuckerzerstäuber, der sich irgendwie in die Sakristei verirrt zu haben scheint) … das ist doch … Herr Pfarrer?!

Der Pfarrer: Ja?!

Teresa: Das hier (sie hebt das Gerät in die Höhe) sieht verdammt aus wie unser Puderzuckerzerstäuber …

Der Pfarrer (schaut flüchtig hin): Ach so. Ja klar!

Teresa: Den hätte ich gestern gebraucht, um unsere Fastnachtskrapfen zu bestreuen! (Sie stemmt eine Faust in die Hüfte, schlenkert in der andern das Küchengerät hin und her und blickt den Pfarrer streng an.)

Das Pfarrer: Ach – das tut mir Leid! Ja – du kannst ihn nach der Messe wieder mitnehmen.

Teresa (maulig): In der Fastenzeit werd ich ihn kaum brauchen! Wie kommt er überhaupt hier her?

Der Pfarrer: Den hat glaub ich deine Mutter gebracht. Es geht doch darum, wie wir dieses Jahr ohne Berührung das Aschekreuz austeilen.

Freddy: Stimmt! Es hieß ja erst, vielleicht ginge auch das online …

Jonas prustet los.

Der Pfarrer: Genau! Aber online geht es nicht.

Teresa: Und was hat mein Puderzuckerzerstäuber damit zu tun?

(In diesem Moment fliegt die Sakristeitür auf und Silke kommt hereingestürmt.)

Silke: Guten Morgen allerseits! Entschuldigt, daß ich so spät komme – hier, Herr Pfarrer, die Schablone.

(Sie zieht aus ihrer Handtasche ein etwa 20×20 cm großes Quadrat aus stabiler Pappe und hält es triumphierend in die Höhe. In der Mitte der Pappe ist ein etwa 10×10 cm großes Kreuz mit gut 2 cm starken Balken ausgestanzt. Als Haltegriff ist ein halber Kleiderbügel daran befestigt, wie bei einer Patene.)

Der Pfarrer (begeistert): Aaah! Frau Manger! Da sind Sie ja! Ich hatte schon Sorge, ich müßte den Gläubigen die Asche so ungeordnet aufs Haupt streuen! (Er nimmt die Kreuzschablone in die Hand, dreht und wendet sie und betrachtet sie wohlgefällig.) Jaaa! Und mit dem Haltegriff! Großartig! Da kann ich die Asche, die drüber raus geht, immer gleich wieder in das Gefäß zurückfüllen.

Freddy (konsterniert): Wie?! Sie wollen den Leuten ein Kreuz auf den Kopf streuen?

Silke: Natürlich! Kennst du das nicht? Wenn die Mutti den Kuchen mit Puderzucker-Herzen verziert? Dann hat sie auch so eine Schablone!

Der Pfarrer (zu Teresa) So, Teresa, jetzt gib mir bitte deinen schönen Puderzuckerzerstäuber (Teresa reicht ihn etwas unwillig hinüber und der Pfarrer probiert den Bewegungsablauf mit Schablone und Zerstäuber über ihrem Kopf. Dann übergibt er beide Gerätschaften der Küsterin): So, Frau Falkner, wenn Sie das jetzt bitte schon in den Altarraum bringen.

(Frau Falkner stiefelt mit den beiden Dingen in den Kirchenraum.)

Jonas: Da sind ja dieses Jahr graue Haare eine richtige Tarnfarbe für die Asche!

Freddy: Klar! Die Alten sind mal wieder im Vorteil!

(Alle lachen.)

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Bloß gut, daß in Weimar die Vorsichtsmaßnahmen nicht gar so übertrieben werden. Zur Idee mit der Schablone vgl. übrigens auch hier.

 

Ein Trackback/Pingback

  1. Pulchra ut Luna › Es gilt der gebrochene Fuß on Mittwoch, 2. März 2022 um 20:46

    […] Im Gegensatz zu den Ankündigungen gab es auch in diesem Jahr kein Aschekreuz auf die Stirn, sondern es wurde nur etwas Asche aufs Haupt gestreut. Zu dieser Praxis haben wir ja im vergangenen Jahr schon eine Geschichte erzählt, die sich bei unseren Freunden in Wundersdorf zugetragen hat, hier. […]

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