Die einleitenden Worte zu der heutigen Folge in der Reihe ‘PuLa-reloaded’, in der wir wichtige Beiträge der ersten zehn Jahre dieses Blogs erneut veröffentlichen, waren schon geschrieben, und sie hätten im Sinne einer Abwechslung zwischen Beiträgen der beiden Menschen, die hier (weit überwiegend) schreiben, vor einem meiner (GL) Texte aus dem Jahr 2011 stehen sollen. Aber das mit der Abwechslung ist ohnehin ein relativ unwichtiges Kriterium (cf. Gen 2,24 😉 ).
Es handelt sich dabei um einen jener wichtigen Texte, die verstehen lassen, warum alles so gekommen ist, wie es kam, vor allem die verhärtete Feindschaft gegenüber unsere ganzen Familie.
Wir wollen ihn auch nicht gänzlich unter den Tisch fallen lassen, denn das wäre unwahrhaftig, sind wir doch unverändert davon überzeugt, daß die mangelnde Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschichte der Pfarrei bis heute die Atmosphäre belastet und falsche Narrative am Leben erhält!
Aber es ist eben auch ein sehr unmittelbarer, ja, meinetwegen ‘harter’ Text, der dazu stehe ich, damals unvermeidlich (und inhaltlich richtig) war, aber heute…?
Die Lösung, für die ich mich entschieden habe, ist typisch PuLa 😎 (das in der “Szene” ja sehr schnell als: “Ihr seid das mit den Sketchen, stimmt’s?” bekannt wurde), ein Sketch!
Darin wird die Sache auch verhandelt (und auf meinen damaligen Beitrag ist drin verlinkt).
Daher hier:
Sketch des Monats – Die Verlautbarung
Der Hl. Vater besucht bekanntlich auch Berlin.
Und siehe da, auch unsere Brüder und Schwestern in Wundersdorf haben so ihre Sorgen in der Zeit der Vorbereitung…
(Zur Weimarer Situation hatte PuLa ja bereits hier Stellung nehmen müssen.)
Ein Sketch für acht Personen
(Wundersdorf, Pfarrbüro der Gemeinde „Maria Hilf“. Hanna und Edith, Silke und Emma sitzen oder stehen bei Monique, der Pfarrsekretärin, um den Schreibtisch herum. Sie sind augenscheinlich nicht der besten Laune, brüten vor sich hin oder diskutieren gereizt.)
Hanna: Nicht zu fassen! Und so ganz ohne Not! Macht sich und uns alle zum Obst, weil die Zeitungen im Sommerloch nicht wissen, was sie schreiben sollen.
Edith: Wenn er sich geäußert hätte, als die Diskussion um den Ort noch anstand, das hätte ja noch Sinn gehabt – aber jetzt, fünf Minuten vor der Angst?! Wem will er denn jetzt noch damit imponieren?
Silke: Wahrscheinlich ist inzwischen raus, daß er bei der Feier keine große Rolle spielen sollte und ist beleidigt.
Edith: Genau! Und warum soll er dann für irgend jemanden so schrecklich früh aufstehen?!
Hanna: Da hat er ja erst in der Osternacht wieder eine Bemerkung drüber gemacht.
Edith: Und jetzt ist es sogar bloß dessen Stellvertreter!
(Sie lachen grimmig auf, schütteln den Kopf, fahren sich mit der Hand über die Augen etc.)
Emma: Daß über das Ereignis irgendwelche Leute den Stab brechen würden, war ja zu erwarten …
Edith: … aber wenn es ein Hirtenstab ist, bleibt einem doch erstmal die Spucke weg!
Hedwig (klopft und kommt lächelnd herein): Guten Morgen! Was ist hier denn für eine Vollversammlung?
Hanna (schiebt Hedwig die Lokalseite des Petershagener Boten hin) Hallo, Hedwig. Pfarrer Kneif macht seinem Namen mal wieder alle Ehre. Schon gelesen?
Hedwig (überfliegt den Artikel und wird blaß. Sie blickt fassungslos in die Runde): Er distanziert sich vom Papstbesuch … Das gibt’s doch nicht … (Sie nimmt lesend auf einem freien Stuhl Platz)
Edith (gereizt): Mhm! Det is jut, wa? (Sie gestikuliert) Ick renne mir seit Wochen die Hacken ab, um noch Helfer für den Papstbesuch zu werben, und unser Herr Hirte lässt verlauten, er mache jedenfalls schon mal nicht mit. Wie stehen wir denn jetzt da?
Hedwig: Ich bin eigentlich gekommen, um die Unterrichtsmaterialien aus Freiburg abzuholen. Sind die mittlerweile da?
Monique (langt ihr einen großen braunen Briefumschlag aus dem Posteingang): Hier, bitte. Ich wollte dich schon anrufen.
Hanna: Was ist das?
Hedwig: Unterrichtsmaterialien, die das religionspädagogische Institut der Erzdiözese Freiburg erarbeitet hat, zur Vor- und Nachbereitung des Papstbesuches. (Sie reißt den Umschlag auf und entnimmt ihm diverse Handreichungen. Vor sich hin) Wie soll ich den Schülern den Papstbesuch nahe bringen, wenn der Pfarrer sich zitieren lässt, es sei bloß ein Event, zu aufwendig und womöglich ohne Nachhaltigkeit? (Sie liest aus dem Anschreiben vor) „Mit großer Vorfreude sehen wir diesem außerordentlichen Ereignis entgegen, von dem wir uns vor allem wichtige spirituelle Impulse, gerade auch für die Begeisterung im Glauben und dessen Weitergabe an die uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen erhoffen“ (Sie wirft die Handreichung flach auf den Schreibtisch und blickt ernst in die Runde).
Edith (nickt): Tja. So kann man das auch formulieren!
Emma: Um nicht zu sagen: Er wäre dafür da, solche Sätze zu finden und nicht die Gegenargumente. (Alle nicken ihr zu)
Hanna: Spirituelle Impulse …
Edith: Den Geist erfahren …
Hedwig (sarkastisch): Und wir haben statt einem Geist-Erfahrer hier einen spirituellen Geisterfahrer …
Silke: … total neben der Spur …
Hanna (liest aus dem Zeitungsartikel) „So wird die Ökumene beispielsweise nur noch zaghaft diskutiert“ – hallo?! Es gibt in Erfurt da diesen Dialog im Augustinerkloster, das wird weltweit wahrgenommen!
Edith (sarkastisch): Aber so viel wie Pfarrer Kneif tut wahrscheinlich kaum einer für die Ökumene … ihr wisst, was ich meine?! (Alle nicken ihr zu und schnauben grimmig).
Emma: Seine evangelischen Kollegen werden sich jetzt auch auf die Schenkel klopfen, was das Ernstnehmen der kirchlichen Hierarchie bei uns angeht.
Hanna (zischt): Vorsicht! Da kommt Corinna!
Corinna (poltert ohne anzuklopfen herein): Guten Morgen!
Alle (durcheinander): Hallo – guten Morgen – grüß dich, Corinna.
Hanna: Na, mal wieder fleißig?!
Corinna (unwirsch): Einer muß in diesem Saustall ja aufräumen! Jetzt auch noch dieser Papstbesuch! Ich kann zur Zeit gar nicht so viel essen, wie ich kotzen könnte! (Sie zieht Unterlagen aus dem Schreibtisch und rauscht wieder hinaus).
(Alle blicken sich an, rollen die Augen oder stöhnen.)
Karl (kommt herein. Freundlich): Guten Morgen! Was ist denn mit Corinna los, sie rennt einen ja fast um?
Hanna (zuckt mit den Schultern): Sie hat uns an ihrer unaufschiebbaren Tätigkeit nur auf sehr unbestimmte Weise teilhaben lassen.
Edith: Schon Zeitung gelesen?
Karl: Nein, aber im Deutschlandfunk gehört.
Alle: Was? Das bringen sie jetzt schon im Radio?
Karl: Der Kindsmörder kriegt 3.000 Euro Schmerzensgeld – meintet ihr das nicht?
Monique: Nein. Herr Kneif boykottiert den Papstbesuch und will an keiner der Messen teilnehmen.
Karl: Ach du liebe Güte! Wo ist er denn statt dessen?
Hanna: Weiß er noch nicht.
Karl: Aber weg?
Edith: Ja, weg. Beten.
Karl: Ui!
Silke: Er fliegt vielleicht nach Israel …
Hanna: … jetzt mal ganz nachhaltig …
Edith: Da war er ja eigentlich im Advent gerade erst eine Woche …
Hedwig: … und im März zehn Tage in Syrien …
Hanna: Im Januar war er dann zu den Einkehrtagen …
Emma: … im Februar in Köln, Fasching feiern …
Monique: Ende Juni noch mal die Woche bei diesen österreichischen Prämonstratensern …
Karl (schlägt mit dem Handrücken auf die Zeitung in seiner Hand): Also, dafür, daß er sich so viel auf heilige Reisen begibt, ist er in spirituellen Fragen ganz schön desorientiert!
Silke (zitiert): „Herr, bleib bei uns, wenn’s Abend wird, daß wir nicht irre gehn!“
Edith: „So wird die Herde wie der Hirt’ …
Alle: … einst glorreich auferstehn (sie singen) Hallelujah! Hallelujah! Hallelujah!“
ENDE
Cornelie Becker-Lamers, Weimar
Ja, so geht’s zu in Wundersdorf. Ob wir in Weimar zumindest die Vorbereitung im Schulunterricht besser hinkriegen?
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