Der heutige Beitrag in der Reihe PuLa reloaded stammt aus dem Jahr 2013. Zwei Jahre jung war PuLa zu diesem Zeitpunkt, aber wir hatten schon so allerlei erlebt – und zwar auch viel schönes!
Dazu gehört nicht zuletzt der unverändert bestehende gute Kontakt nach Oschersleben und zu Hw. Pfr. Sperling!
Damals hatte er mich eingeladen, am 10. März in der Herz-Jesu Kirche in Eilsleben einen “Fastenvortrag” zur „Bedeutung der Gottesmutter für meinen Glauben“ zu halten.
Man kann es nach wie vor gar nicht oft genug sagen, wie toll es in Oschersleben ist! Sollte es Sie jemals in die Gegend (nahe Magdeburg) verschlagen, besuchen Sie die Pfarrei St. Marien Oschersleben!
Im Mai wollen wir übrigens versuchen, alle restlichen Beiträge für PuLa reloaded mit einem Bezug zur MutterGottes auszusuchen.
PuLa unterwegs: Glaubenszeugnis in Eilsleben
Lieber Pfarrer Sperling, liebe Anwesende, vielleicht darf ich bei einer solchen Gelegenheit sogar einfach sagen, liebe Schwestern und Brüder?!
Ich danke Ihnen, für Ihre Gastfreundschaft, für die Gelegenheit, hier, in Ihrer schönen Kirche Herz-Jesu in Eilslseben sprechen zu dürfen. Da unsere Pfarrkirche zuhause in Weimar ebenfalls das Herz-Jesu Patrozinium hat und etwa aus der gleichen Zeit stammt, fühlen wir uns hier gar nicht so unvertraut.
Und ich danke natürlich besonders Pfarrer Sperling für die Einladung im Rahmen der Glaubenszeugnisse in der Fastenzeit bei Ihnen zu reden. Mit dieser Idee hat er mich nachhaltig verblüfft! Das ist nämlich, ich sage es lieber gleich, das erste Mal, daß ich so etwas versuche und ich bitte daher schon jetzt um Milde…
Wie ist Ihr Pfarrer auf die Idee gekommen, das vorzuschlagen? Nun, uns hat der „Tag des Herrn“ zusammengeführt. Ausgerechnet, werden Sie jetzt vermutlich sagen, denn Sie wissen ja, das ist ein Blatt, das Pfarrer Sperling gelegentlich in deutlicher Ansage kritisiert (Sehr zu recht, meines Erachtens!).
Aber im Tag des Herrn gab es vergangenes Jahr auch einen sehr schönen Artikel über die wunderbare Klosterkirche in Hamersleben (und Ihren Pfarrer im Ruhestand, Herrn Kemming), der mich sofort fasziniert hat.
Ich habe romanische Kirchen schon immer sehr geliebt und bei aller ökumenischen Disziplin, eine solche Kirche hier, die zur katholischen Gemeinde gehört? Darüber wollte ich mehr erfahren. Die Internetrecherche brachte mich natürlich zügig auf die Seiten von „Kathleben“, der Internetpräsenz Ihrer großen Pfarrei und nachdem ich zwei, drei Beiträge aus der Feder von Pfarrer Sperling gelesen hatte, war mir bald klar, darüber würde ich unbedingt etwas schreiben müssen, über Hamersleben, aber noch viel mehr über den guten Geist, die frische Brise, die mir da aus dem Norden, sozusagen über den Harz nach Thüringen, herüberzuwehen schien!
Schreiben müssen auf dem Blog, den ich seit nun ziemlich genau zwei Jahren aus Weimar betreibe. Das habe ich dann im August 2012 auch getan und habe Pfarrer Sperling einen Hinweis darauf geschickt, denn ich schätze gerade auch im Internet die Offenheit. Der sich daraus ergebende gelegentliche Austausch von Emails führte dann zu der mutigen Idee, mich in Person herzuholen…
Vielleicht haben Sie ja von der Blogger-Szene, die sich selbst die „Blogoezese“ nennt schon mal gehört? Wenn ja ist es leider gut möglich, daß es nichts Gutes war, was Sie gehört haben, denn an uns Bloggern wird häufig Anstoß genommen. Für unseren Blog, denn meine Frau wirkt daran ganz wesentlich mit, werden wir in Weimar gerne und mit Ausdauer als „Schädlinge“ bezeichnet. Es sind auch schon schlimmere Begriffe gefallen, die ich aber an einem geweihten Ort nicht gern wiederholen möchte. Es ist, wie der bekannte Philosoph und Katholik Robert Spaemann einmal gesagt hat: Traditionsverbundene Katholiken werden in Deutschland gemobbt.
Denn bemerkenswerterweise ist die überwiegende Mehrheit dieser Blogs traditionell orientiert, ist papsttreu und steht fest zur Lehre der Kirche. Unser Weimarer Blog hat noch die nicht so häufige Besonderheit, daß er es sich zur Aufgabe gemacht hat, ganz konkret auf Mißstände vor Ort einzugehen, was offenbar besonders erbitterte Reaktionen hervorruft.
Ich bin deswegen sehr dankbar, daß Sie gerade dabei sind, sich ein eigenes Bild davon zu machen, wie so ein traditionstreuer katholischer Blogger aussieht und was er sagt und ich hoffe, das wird auch in anderen Fällen, wo von dieser Szene die Rede ist, Ihr Bild davon prägen und Sie dazu bewegen, erst einmal selber zu lesen und sich einen Eindruck davon zu verschaffen, was denn da wirklich gesagt, bzw. geschrieben wird!
Unser Blog heißt „Pulchra ut Luna“, Untertitel: „Katholisch in Weimar“. Pulchra ut Luna ist, offenkundig, lateinisch und heißt: „Schön wie der Mond“. Es handelt sich um einen der traditionellen Ehrentitel Mariens, von denen es ja eine ganze Fülle gibt, dieser stammt aus der Bibel, er findet sich im Hohen Lied, Kapitel 6, Vers 10.
Wenn man das, womit man an die Öffentlichkeit tritt, in dieser Form der Muttergottes, ja, weiht und anvertraut wird deutlich, daß man zu ihr ein besonders inniges Verhältnis hat, nicht wahr? Und damit sind wir beim eigentlichen Thema dieses Glaubenszeugnisses: „Was Maria für meinen Glauben bedeutet“.
Ich werde Ihnen nun keinen mariologischen Fachvortrag halten, dazu wäre ich auch gar nicht qualifiziert, sondern ich will, versuchen, Ihnen eine einfache, schlichte Geschichte zu erzählen, die noch besser hieße: „Wie Maria mich zum Glauben geführt hat“ und will zum Ende versuchen, aus meiner persönlichen Erfahrung und meinem bescheidenen Nachdenken ein paar Schlüsse zu ziehen Thesen anzubieten, die hoffentlich auch über meinen persönlichen Fall hinaus von Interesse sind.
„Geführt hat“ habe ich gerade gesagt, und diese zwei Wörtchen sind wichtig. Ich möchte nämlich ganz zu Beginn mit einem weitverbreiteten Mißverständnis aufräumen: Nach meiner Erfahrung rastet bei den meisten Menschen, die merken, man hat ein besonderes Verhältnis zu Maria automatisch der Gedanke ein: „Ok, der/die war schon immer so, kommt bestimmt aus einer entsprechend traditionsverbundenen katholischen Familie und dem passenden Umfeld, kein Wunder, daß er/sie so denkt, empfindet, redet.“ Umsomehr scheint mir das der Fall zu sein, wenn, wie in unserem Fall, die Betreffenden ursprünglich aus einem Teil Deutschlands stammen, wo der Katholizismus sich nicht in einer Diaspora-Situation befindet (ich komme z.B. aus dem Rheinland, bin in Bonn geboren).
Aber diese fast selbstverständliche Annahme ist falsch. Bezeichnenderweise ist es vielmehr so, daß gerade unter meinen Bloggerkolleginnen und –kollegen bemerkenswert viele sind, die eine Konversion hinter sich haben, oder völlig neu zum Glauben gefunden haben
Ich möchte nun aber nicht bei der Wiedergabe meiner persönlichen Geschichte stehenbleiben, sondern aus ihr heraus ein paar Thesen anbieten über den Rosenkranz, bzw. das geprägte Beten überhaupt. Denn ganz so glatt ging das bei aller Hilfe ja nicht, sich an diese Gebetsform zu gewöhnen. Natürlich nicht, weil es schwierig wäre, die wenigen Grundgebete auswendig zu lernen, die im Lauf des Kirchenjahres wechselnden „Geheimnisse“ des Rosenkranzes, das Angelus, oder das Salve Regina, natürlich nicht.
Nein, wenn man damit erst anfängt, Sie erinnern sich, ich mußte es erst lernen, sind es ganz andere Hindernisse, die drohen sich einem in den Weg zu stellen.
Einige will ich kurz mit Ihnen betrachten und daran entlang auch versuchen, auf den Begriff zu bringen, was „Maria für meinen Glauben bedeutet“. Um es vorwegzunehmen: Ich kann mittlerweile keines der sogenannten Argumente, die gegen den Rosenkranz, bzw. gegen jede Form des gebundenen, vermeintlich „fertigen“ Gebets landläufig erhoben werden, mehr ernstnehmen.
So heißt es, z.B. das Beten des Rosenkranzes sei umständlich und aufwendig, vor allem zeitaufwendig. Ich habe das nicht feststellen können. Wenn wir ein bißchen aufmerksam sind, finden sich in unserem Tagesablauf nämlich immer Zeiten, die wenig gefüllt sind. Der Weg zur Arbeit ist ein gutes Beispiel. Ich fahre jeden Tag mit der Bahn von Weimar nach Erfurt und zurück und da betet es sich ganz ausgezeichnet. Persönlich finde ich, es geht auch im Auto sehr gut. Und ich verspreche Ihnen, ein Gesätzchen paßt in Zeitabschnitte, von denen man das nie für möglich gehalten hätte, bevor man es versucht hat. Auf diese Weise verwandeln sich banale, ja vielleicht sogar als lästig empfundene Zeiten zu Zeit, die Ihnen gehört, gerade weil Sie sie jemand anderem widmen: Maria wird zur Weggefährtin im wahrsten Sinne des Wortes.
Dann heißt es, gerade von frommen Menschen, bzw. solchen, die ernstnehmen wollen, was sie tun: Ob ich auch immer aufmerksam sein kann, bzw. andächtig genug, werden nicht die Gedanken abschweifen, wenn ich immer das gleiche beten soll, ist dann noch was wert? Das ist ein Einwand, hinter dem jahrhundertealte auch innerkatholische Fehlentwicklungen spuken (Stichwort: Jansenismus). In diese Kategorie gehören auch wohlmeinende Sprüche zum Rosenkranz wie: „Wenn nur ein Ave Maria andächtig gesprochen wird, wiegt es 49 auf, die es nicht waren“ oder so ähnlich. Das ist m. E. ein ganz gefährlicher Gedankengang, denn er verwechselt Beten mit einer Leistung, die der Mensch zu erbringen in der Lage sei. Nein, wir können sowieso immer nur anbieten. Das sollen, das müssen wir ja auch, aber denken Sie bitte an das Wort des Herren im Matthäus Evangelium, Kapitel 6, Vers 8: „denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet.“ Ja, die Gedanken schweifen manchmal ab und häufig sind es Sorgen und Kümmernisse, die dann auftauchen. Ja, und? Wir rufen im Rosenkranz zu einer Mutter! Wem sollten wir sie denn sonst anvertrauen, die Sorgen? Deshalb: Was sozusagen hochkommt, beim gebundenen, repetitiven Beten, das gehört dazu, wer es vor Maria bringt, dem wird die Weggefährtin zur Trösterin.
Damit sind wir schon bei einem weiteren oft gehörten Einwand, geprägtes Beten sei nicht individuell genug. Das kann eigentlich nur sagen, wer es nie probiert hat. Es gilt der alte Satz. Es gibt soviel Rosenkränze, wie es Beter gibt! Fast unbemerkt ist mir die zweite Hälfte meiner morgendlichen Bahnfahrt wenn Sie so wollen zum persönlichen Teil geworden, nach den je aktuellen Geheimnissen des Kirchenjahres. Ich bete dann für meine Eltern, meine Familie, für Papst und Kirche und für die Einheit in unserer Gemeinde. Mir ist Maria damit zur Freundin geworden, die Anteil nimmt, an dem, was mich täglich und ganz persönlich bewegt.
Hierher gehört der Einwand, geprägtes Beten sei unflexibel, man könne damit nicht reagieren auf wechselnde Bedürfnisse. Was für ein Blödsinn! Das ganze Gegenteil ist der Fall. Sie haben das Bedürfnis für Verstorbene und Hinterbliebene zu beten, wissen aber nicht, wie Sie das anstellen sollen? Widmen Sie ihnen regelmäßig ein Gesätz und bitten Sie Maria um ihre Fürsprache für beide Gruppen und Sie haben das richtige getan, ohne erst Bücher wälzen zu müssen. Im übrigen gibt es im reichen Schatz der Geheimnisse, die Generationen von Betern vor uns entwickelt haben für fast jede Situation etwas! Gerade jetzt, in der Zeit der Sedisvakanz, eignet sich z.B. der petrinische Rosenkranz, der Jesu Verhältnis zu Petrus meditiert, ganz wunderbar. Der Rosenkranz, weit entfernt von jeder Inflexibilität, ist in Wahrheit so etwas wie das Schweizer Taschenmesser unter den Gebeten! Maria ist die Helferin des Beters.
Weiter heißt es gerne, geprägtes, repetitives Beten sei inhaltsarm und langweilig. Ich muß sagen, es fällt mir schwer, diesen Einwand auch nur so weit nachzuvollziehen, wie es notwendig ist, um sich mit ihm auseinanderzusetzen. Diese Behauptung ignoriert nicht nur das gegenteilige Zeugnis großer christlicher Beter und Gelehrter aller Jahrhunderte, es negierte auch, wenn man es ernst nimmt, die Erfahrungen aller anderen Religionen und Denksysteme mit der Meditation, die dort, etwa im Buddhismus, ja eine viel größere Rolle spielt. Und auch meine eigene Erfahrung ist eine ganz andere. Bedenken Sie, was es für Ereignisse sind, welche die Geheimnisse, die das Kirchenjahr spiegeln, uns vor Augen stellen: Die zentralen Teile der Heilsgeschichte! Langweilig? Inhaltsarm? Nein, unerschöpflich und immer wieder neu mit jeder Betrachtung. Außerdem sollten wir unseren eigenen Kopf nicht unterschätzen. Ich „finde“ bei diesem Beten immer wieder plötzlich Antworten auf Fragen, von denen ich zum Teil vorher gar nicht wußte, daß ich sie mir gestellt hatte. Was ich sagen will ist, „es denkt“ in Ihnen, wenn Sie anfangen christlich zu meditieren, Sie werden es nicht verhindern können! Maria wird zur Lehrerin.
Außerdem, so heißt es immer wieder, drohe die Gefahr, die Anrufung Mariens könne in Konkurrenz treten zum Gebet zu ihrem Sohn, zum dreieinen Gott überhaupt und meistens wird dann geraunt, wie schlimm das doch „früher“ gewesen sei. Mal ganz abgesehen davon, daß ich mich immer frage, woher denn die, die so reden das eigentlich so genau wissen wollen, mag es schon sein, daß es Übertreibungen in der Marienverehrung geben hat. Aber ich kann nicht erkennen, daß die Kirche zu irgendeinem Zeitpunkt in der Gefahr gewesen wäre, nicht mehr die Eucharistie, den Opfertod des Sohnes am Kreuz, in den Mittelpunkt ihrer Bemühungen zu stellen, oder? Vermutlich, ja wahrscheinlich kann es sehr hilfreich sein, an den Rosenkranz heranzutreten nicht mit der Erinnerung an irgendeine Form der Praxis, sondern gewissermaßen „frisch“ und selber zu sehen, was denn in den Texten steht und was passiert, wenn man sie betet. Und die einfache Feststellung ist, egal, wo Sie hinschauen, die Mitte ist Jesus, ist der Herr, seine Geschichte für uns, mit und durch die Menschen, die er dafür in seine Nachfolge berufen hat, allen voran seine Mutter, die er uns, vom Kreuz herab!, allen zur Mutter gegeben hat. Jedes Geheimnis des Rosenkranzes atmet Jesus, alles, was wir im Engel des Herrn sagen betrachtet seine Menschwerdung. Die Wahrheit ist: Maria führt zum Herrn, zum konkreten, inkarnierten lebendigen Gott, der sich als Mensch unter Menschen geoffenbart hat. Genau deswegen führt sie übrigens auch weg von irrigen Vorstellungen eines pneumatisch alleinwirksam verstandenen Christus, wie sie leider weite Teile der evangelischen Theologie beherrschen. Maria ist der Fels der Lehre!
So, nun haben wir gemeinsam ein halbes Dutzend angeblicher Gründe betrachtet, die alle nicht dazu führen können, daß wir uns vom geprägten, meditativen Beten in der Tradition der Kirche verbschieden sollten, und zum Abschluß möchte ich Ihnen noch eine siebte Überlegung anbieten, die, wenn Sie mir folgen, eigentlich alle anderen überflüssig macht.
Wenn wir uns ehrlich fragen, was ist denn wirklich das „Hindernis“, das uns gern von dieser Form des Betens und von der Zuneigung zur Muttergottes abhalten will? Die sechs Behauptungen, die wir gerade gestreift haben? Ach was! Die sind sekundär. Primär ist das überwältigende Vorurteil unserer Kultur, das wir auf jeder Ebene finden, hochintellektuell und unglaublich vulgarisiert, das Gefühl der Ablehnung, bloß weil etwas „altmodisch“ sei oder „unmodern“, das Gefühl, „das könne man doch heute nicht mehr machen“.
Man kann, glaube ich, in jedem Zusammenhang leicht zeigen, das ist kein Argument, sondern bestenfalls eine Position, die erst noch der Begründung bedürftig ist, meistens ist es aber nur ein Vorurteil.
In unserem Zusammenhang aber möchte ich behaupten gilt noch etwas ganz anderes: Es gilt nichts weniger als die Umkehrung dieser Vermutung! In der Kirche gilt: Weil etwas zur Tradition gehört kann es gar nicht „altmodisch“ werden. Wenn es wirklich zur Tradition gehört kann man es in jedem Fall machen. („Modernität“ ist in diesem Kontext erst gar kein Kriterium, das von Interesse wäre.)
Warum? Weil Kirche Tradition ist! Seit wann? Schon immer. Bedenken Sie, die Tradition, die nicht verschriftlichte Weitergabe des „guten Botschaft“ ging „den Evangelien“ voraus. Und seit den Kirchenvätern und ihren vielfältigen Auseinandersetzungen mit allen möglichen (und unmöglichen) Häresien kann kein Zweifel daran bestehen: Kirche lebt nicht bloß „aus“ Tradition, sie „lebt“ Tradition, Tradition ist ihr lebendiger Selbstvollzug. Deswegen ist diese ja auch per definitionem nie „tot“, nie abgeschlossen, kann nie abgeschlossen sein bis zum Ende der Zeiten.
Wenn man nun so argumentiert kommt ganz gewiß, mit geradezu penetranter Sicherheit, ein Spruch, der als Einwand gemeint ist: Tradition, so heißt es da in mehreren Varianten, sei nicht die Bewahrung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers.
Ich wußte noch nie, was ich von diesem Bild halten soll. In solchen Fällen hilft der Rat von Georg Büchner: „Geht einmal euren Phrasen nach bis zu dem Punkt, wo sie verkörpert werden.“ Tun wir das im vorliegenden Fall, dann lautet die Frage: Ist die Kirche ein Ofen? Und was würde denn da zu Asche „verheizt“?
Ich möchte Ihnen ein anderes Bild vorschlagen, das glaube ich die Sache viel besser trifft: Das Bild des Baumes. Ein Baum verheizt nämlich nicht nur nichts, er wächst. Weil er ein lebendiger Organismus ist, hängt alles an ihm mit allem zusammen: Das frischeste Zweiglein mit der feinsten Wurzel, verbunden über den mächtigen Stamm. Man kann auch nichts wegnehmen, ohne daß es dem ganzen Organismus schadet. Auch nicht von den holzigen, scheinbar ganz starren, alten Teilen. Dann wird der Baum nämlich hohl und seine Standfestigkeit ist gefährdet. Stellen Sie sich bitte einen alten Solitär vor, wie er mitten in der Feldflur steht, wuchtig, knorrig vielleicht, aber im Frühling doch voller Anmut und immer erneuter Jugendlichkeit im frischen Blätterkleid. Ist dieser lebendige Selbstvollzug nicht ein geeigneteres Bild der Kirche?
Und wen finden wir im Anfang dieses Wachstums? Wer umschloß den göttlichen Samen aus dem unser Baum sproß? Wer gehört daher zu seinem innersten Kern?
Maria.
Maria ist, und ich bin fest überzeugt nicht bloß für mich, Weggefährtin und Trösterin, Freundin und Helferin, Lehrerin und Führerin zum Herrn. Maria ist der Fels der Lehre, der Kern der Tradition, das, und hier zitiere ich Pfarrer Sperling, „gesunde Herz“ und die Mutter der Kirche; wenn wir uns ihr anvertrauen, können wir nicht irre gehen.
Gereon Lamers
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[…] Rosenkranzmonat. Auch in der christlichen Glaubenspraxis ist das meditative Gebet tief verwurzelt. Wissen wir. Aber es gab noch mehr als das. Und das wissen wir vielfach nicht […]
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