Einerseits hat man zeitlebens auch gelernt und geübt, gegen Hoffnung zu hoffen, gegen jede Einsprache des Intellekts zu glauben – an die “Richtigkeit“ des von der Kirche Gelehrten, auch dort, wo man intellektuell “nicht nachkommt“, die Fäden nicht nachzeichnen kann – Glauben eben „aus Prinzip“, von vornherein, aus Entscheidung dafür, nicht als Resultat von Untersuchung und Schlussfolgerungen. Nun sieht man, wie eben jene Untersuchungen und Schlussfolgerungen, welche das Ganze“ zersetzen und auflösen müssen (in der Exegese zb!), so dass grad noch ein schäbiger und zum Teil fiktiver Rest sich nur durch prolongierte Rückzugsgefechte hält – auf wie lang?? – sozusagen von oben sanktioniert werden. Das alles ist sehr erschöpfend.
Ich weiss, die Kirche ist der Phönix. Sie ist schon manche Tode gestorben. Aber durch Selbstmord? gibt es davon Auferstehung?? Wenn es so ist, möchte ich wirklich lieber nicht mehr leben. Ich kann mich nicht so – ruchlos von der ganzen Vergangenheit trennen wollen, sie als Gewebe von Fehlentwicklungen über Bord werfen wollen, von Täuschungen und Fehlinterpretationen der Botschaft. Ich glaube, dass auch die vergangene Kirche, die Kirche der Vergangenheit ,,Leib“, Inkarnation der Botschaft und damit der Präsenz Christi auf Erden war nicht ein einziges Missgebilde von Krüppelei, Wucherungen, Deformationen, das man jetzt möglichst schnell und gründlich loswerden muss. – Ich kann einfach nicht glauben, dass der Herr sich derart „fehlinkarniert“ hat, so sehr ich stets die Kirche als Seinen Schmerzensleib und Seine Knechtsgestalt gesehen habe. Aber doch als Seine-.
(23.2.1965)
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