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Die Mondlandung

Eine Buchrezension

 

Bischof Stefan Oster (Passau) und Rudolf Gehrig, seines Zeichens Journalist bei der Catholic News Agency  (z.Zt. Rom) haben im vergangenen Jahr gemeinsam ein Buch herausgebracht:

Den ersten Schritt macht Gott, Über Erfüllung, Berufung und den Sinn des Lebens, Freiburg (Herder) 2021

Sie finden es (samt Leseprobe) hier und so sieht es aus:

Oster/Gehrig, Den ersten Schritt macht Gott, 2021 (Bild: Herder-Verlag)

Daß ich so ungebührlich lange gebraucht habe, bis ich diese Rezension schreiben konnte, tut mir sehr leid, es hat, soviel sei vorweggenommen, mit dem Buch nichts zu tun!

Ein Buch über Berufung, über Berufungen. Für mich ein vollständig fremdes Thema.
Niemand in meiner doch von beiden Seiten klar und seit langem katholischen Familie hat es je aufgebracht, und das lag nicht nur daran, daß ich einziger Sohn war. Da hatte es in der durchaus näheren Verwandtschaft, wiederum von beiden Seiten, etliche Priester gegeben, von Koblenz bis Oldenburg, aber daß es sich dabei um die konkrete Möglichkeit einer Lebensentscheidung handeln könnte, das ‘kam nicht vor’ und blieb mir etwa so fremd, wie die Idee einer Landung auf dem Mond.
Wobei: An die Übertragung einer (der?) Mondlandung auf dem extra aus diesem Anlaß angeschafften (Schwarz/Weiß-) Fernseher erinnere ich mich – an ein ernsthaftes Gespräch zum Thema Berufung nicht.

Genau so einer war’s: Wegavision 767 EL-1

So näherte ich armes Kind der Konzilsgeneration mich der Angelegenheit also, sagen wir einmal, “unvoreingenommen”, jedenfalls aber neugierig.

Der äußere Eindruck war leider nicht so positiv, denn Titel wie Untertitel schienen mir doch ein wenig sehr vollmundig, das unscharfe (sic…) Titelbild und die Typographie taten ein übriges… Aber, wie heißt es so richtig, ‘don’t judge a book by its cover’, dachte ich mir, vor allem aber wußte ich ja etwas über beide Autoren – und zwar nur Gutes. Zu Bischof Oster erübrigt sich jedes weitere Wort (zuletzt auf PuLa z.B. hier) und Rudolf Gehrig kannte ich von seinem Twitter-Account (@RudolfGehrig) und dem, was er für die CNA schreibt.

Entstanden ist das Buch aus der (überarbeiteten) Niederschrift von fünf Interviews, die Gehrig im Jahr 2017 für EWTN  mit Bischof Oster geführt hat, und die die fünf Hauptkapitel des Buches bilden. Daraus macht der Text auf dem Back-Cover ein “packendes Gespräch” und das Verrückte ist – das ist tatsächlich mehr als nur Marketingsprache!

Den beiden Gesprächspartnern gelingt nämlich ein ganz und gar ‘eigentlicher’ Dialog. Hier werden die Dinge beim Namen genannt, ganz ohne die großen Gefahren alles Sprechens im kirchlichen Raum, die da heißen: Betulichkeit oder Anbiederei.
Zwei katholische Menschen tauschen sich da über ihre Erfahrungen zum Thema ‘Berufung’ aus, offen, aber diskret, etwa da, wo es um die ehemalige Freundin von Bischof Oster geht, und notwendiger- und richtigerweise sparen sie dabei ganz grundlegende Fragen des Lebens in und für Kirche nicht aus, etwa, wenn es um die Frage des richtigen Freiheitsbegriffs im Raum steht:

Ich bin also erst dann richtig frei, wenn ich das will, was Gott will?

In unserem christlichen Sinne ist dies die eigentliche Form der Freiheit, ja.

Aber das bedeutet zunächst einmal Unterwerfung.

Ja, es bedeutet im Grunde so etwas wie Kapitulation. (Lacht.) […]
(S. 17)

Auch die sattsam bekannten “Heißen Eisen” wie die Frage der Frauenordination (S. 61 ff.) oder die nach dem “Doppelleben” von Priestern (S. 94f.)  finden Erwähnung – und werden von Bischof Oster in unaufgeregter Klarheit in Übereinstimmung mit der Lehre beantwortet. Und das ist genau, was ich an diesen Gesprächen, an diesem Buch so wertvoll finde, neben der richtigerweise immer wieder in verschiedenen Facetten ansetzenden Frage danach, wie sich “Berufung” denn nun ‘anfühlt’, sozusagen vor ihrer Klärung, während ihrer Bewährung und, gegebenenfalls, auch nach ihrem Scheitern.

Der Leser erhält nämlich einen Eindruck davon, wie das ist, persönlich ‘in Kirche’ leben. Mit allerlei Schwierigkeiten und Gefährdungen, aber eben auch mit dem, was (einen) trägt, was schön, wertvoll und von Dauer ist.
Ich hätte in diesem Zusammenhang nicht das Wörtchen ‘packend’ verwendet, aber es ist auf  jeden Fall ‘berührend’, wie Bischof Oster die Muttergottes geradezu mit der Kirche identifiziert, wie er von Maria spricht, die “»Wohnort Gottes« in der Welt” ( S. 46f.) und “tatsächlich die Mutter der Kirche” ist!  (S. 118f., und nochmal ausführlich S. 134 -143)
Wie nötig ist doch gerade heute genau diese Perspektive – und um wie vieles mehr ist sie es, für jeden Menschen, der tatsächlich eine geistliche Berufung spürt!

(An dieser Stelle möchte ich, wörtlich, eine Klammer aufmachen, weil das folgende nur bedingt zu einer Rezension gehört, die sich ja dem eigentlichen Thema des Buches widmen sollte, aber mein Eindruck war zu stark, um es unerwähnt zu lassen. Wer meint, daß ein Bischof, der so von der Kirche spricht, so traditionell, so geistlich, ja ‘zärtlich’, der kann nicht annehmen, daß der gleiche Mensch dem sog. “Synodalen Weg” in die Richtung folgt, die dort eingeschlagen wurde. Das wird, wenn es zum Schwur kommt, nicht möglich sein und wenn ich mir persönlich etwas wünschen dürfte, dann wäre es, daß Bischof Oster diese Unausweichlichkeit auch jetzt schon deutlicher macht. Klammer zu.)

Auf die fünf Hauptteile folgen noch “Praktische Tipps zum Schluss” von Rudolf Gehrig, denen man anmerkt, daß sie jemand geschrieben hat, der die Innensicht eines Ringens um die Frage der eigenen Berufung kennt.

Zusammengefaßt verfüge ich, um im Bild zu bleiben, nun zwar immer noch über keinen Atlas des Mondes, aber ich durfte an ein paar wichtigen Stellen seine Topographie kennenlernen. Dafür bin ich den beiden Autoren sehr dankbar und kann die Lektüre des Bändchens nur rundum empfehlen, weit über die Kategorie “Firmgeschenk” hinaus.

 

Gereon Lamers

 

PS: Unsere hiesigen Leser mag es zusätzlich freuen zu hören, daß die Herstellung des Buches fest in mitteldeutscher Hand lag: Satz im sächsischen Torgau, Herstellung im thüringischen Pößneck! 😉

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