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Der Ersatz-Bericht – Sketchlet zum Dritten Advent (nachgeholt)

Ein Sketchlet für eine Reporterin, fünf Schafe, zwei Lämmchen und beliebig viele Schafstatisten

 

Wundersdorf, die bekannte Schafweide. Soeben hat die Gruppe den Heiligen Nikolaus am Gatter verabschiedet. Die junge Reporterin war dabei tapfer mit durch die halbgefrorene Wiese gestapft. Nun wendet sich Kohle der jungen Frau zu.

Kohle: Guten Tag! Ich bin Kohle!

Die junge Frau: Hallo! Ich bin Mona.

Blütenweiß: Entschuldigen Sie bitte, daß wir uns Ihnen erst jetzt zuwenden …

Flocke: … aber wir mußten rasch den Heiligen Nikolaus auf den Weg bringen.

Mona: Das macht überhaupt nichts! Übrigens könnt ihr mich gerne duzen.

Fixi (neugierig): Bist du die Frau von EWTN?

Mona: Erraten! Und du bist Fixi?

Fixi (stolz): Ja!

Huf: Ich bin Huf!

Mona: Hallo Fixi, hallo Huf! (Sie hockt sich zwischen die beiden und streichelt sie mit beiden Händen übers Fell.) Ich habe schon viel von euch gelesen und gehört. Schön, euch endlich persönlich kennen zu lernen!

Fixi (aufgeregt): Und nun wirst du über uns berichten?

Mona: Genau das werde ich!

Huf: In den „Ersten Wundersdorfer Tagesnachrichten“?

Mona (nach einer Schrecksekunde): In wo?

Fixi: Na, was heißt denn EWTN sonst? (Mona bricht in schallendes Gelächter aus.) Wir haben so lange überlegt …

Mona (wischt sich eine Lachträne aus dem Auge): Huuuuuuu! Na, sag mal! Fixi! Ihr seid doch sonst so schnell im Internet!

Huf (ein bißchen beleidigt): Der Hirte hat gesagt, wir müssen Strom sparen!

Fixi (beschämt): Wir dürfen grad nicht ins Netz!

Flocke: Da muß ich die Lämmchen jetzt mal in Schutz nehmen! Sie tragen wie immer die größte Last in dieser neuen menschengemachten Krise! (Sie zieht zornig die Stirn in Falten.)

Wolle: Sie haben schon ein kleines Wasserkraftwerk für die Tannenbeleuchtung gebaut.

Kohle (stolz): Möchtest du es sehen?

Mona: Aber selbstverständlich gern!

Kohle: Dann komm! Da lang!

Die Herde macht sich auf den Weg, immer Kohle und Mona hinterher. Unterwegs:

Grauchen: Was wolltest du eigentlich über uns berichten?

Blütenweiß: Vielleicht wie wir zum Synodalen Weg stehen?

Mona: Oh, Himmel … ich weiß nicht … damit wollte ich euch eigentlich verschonen …

Flocke: Aber das wäre doch mal sehr interessant! Für die Menschen da draußen …

Mona: Ich finde, der Heilige Nikolaus persönlich auf der Wundersdorfer Schafweide … das ist doch die Story! Daraus muß ich einfach was machen!

Wolle: Ach naja… der Nikolaus. Der kommt immer schon mal hier vorbei …

Flocke: … es hat tatsächlich nicht so wirklich den Aktualitätswert …

Kohle: … darüber kannst du immer noch mal berichten …

Grauchen: … aber der Synodale Weg ist jetzt und es wird immer kritischer.

Blütenweiß: Er macht sich einfach gerade gut in Schlagzeilen …

Fixi: … und da könnte man das Stichwort nutzen, um endlich einmal auch über ganz schafspezifische Belange zu berichten.

Mona: Schafspezifische Belange. Na gut. Ich hatte schon befürchtet, ihr wolltet auf diesen Trans-Kram da raus …

Die Schafe (durcheinander): Ja genau! – Aber das ist es doch! – Das nimmt doch gar keiner wahr! – Eben! Kennt kein Mensch!

Mona (fassungslos): Ihr wollt …

Kohle: … daß du über das Stichwort Transhumanz berichtest. Ja!

Mona (fährt sich über die Augen): Ihr macht mich fertig! Transwasfürnding?

Kohle (sachlich): Transhumanz. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Schafweidewirtschaft.

Flocke (zu Mona): Was dachtest du denn bei „trans-“?

Mona (rasch): Äääääh … ach, nichts! Schon gut! Transhumanz. (Sie notiert sich das Stichwort.) Mit „h“ in der Mitte?!

Kohle: Ja. (Leichthin) „Trasumanare“ ist ja italianisiert. Das nutzt nur Dante als eigene Neuschöpfung in den letzten Gesängen des Purgatorio, um den Übergang vom Menschlichen ins Göttliche begrifflich zu fassen. Muß uns hier nicht weiter interessieren.

Grauchen (zu Blütenweiß, flüsternd): Was hat Kohle gesagt?

Blütenweiß (ebenso zurück): Ich hab‘s auch nicht verstanden. Seine Tante muß irgendein Buch geschrieben haben …

Grauchen (leise): Kohle erstaunt mich immer wieder.

Mona: Dann müßt ihr mir das jetzt aber erklären.

Die Schafe (durcheinander): Nichts leichter als das! – Stell dir einfach eine Almwirtschaft vor, nur krasser  – also das geht dann richtig in andere Klimazonen – im Sommer auf die Berge, weil es unten zu heiß und zu trocken wird – und im Winter in der Nähe der Hirtenwohnung…

Ein Lämmchen: Ich bin aber im Grunde ganz zufrieden so. Sonst müßte ich meinen angefangenen Schneemann unter Umständen im Stich lassen.

Wundersdorf, Schafweide, kurz nach Monas Abreise; mittendrin gut zu erkennen der halbe Schneemann (Bild: Fixi Lämmchen)

Huf: Dein Schneemann schmilzt sowieso bald …

Das Lämmchen: Der schmilzt gaaar nicht!

Flocke (zu Mona): Wenn die eigene Bedarfsproduktion im Vordergrund steht, spricht man auch von „transhumantem Agropastoralismus“.

Wolle: Das wäre vielleicht die Brücke zur Situation der Kirche in Deutschland …

Mona: Die Produktion für den eigenen Bedarf? (Sie lacht.)

Grauchen: Naja … das Kreisen um sich selber …

Blütenweiß (vorsichtig): … diese Beobachtung, daß Kirche sich mehr und mehr nur noch selbst verwaltet …

Mona: Aber gleich „aggro-“ …

Flocke: Nicht mit Doppel-„g“!

Wolle (lacht): Nicht von aggro, sondern aaaagro … das kommt vom lateinischen Wort für „Acker“.

Mona: Verstehe … Ja, das hat was! Ok, der Text ist so gut wie geschrieben. Jetzt brauche ich nur noch ein Foto von euch. Was ist denn das hier für ein brummendes Häuschen?

Sie sind längst am Fluß angekommen und stehen neben dem Generatorenhäuschen.

Kohle: Na, davon reden wir doch die ganze Zeit!

Flocke: Die Lämmchen haben ein kleines Wasserkraftwerk gebaut, damit dir zu Ehren trotz Stromsperre die Tanne in ihrer altbekannten Festlichkeit erstrahlt. (Sie wendet sich um und weist auf die LED-lichterkettengeschmückte Tanne)

Mona (bleibt einen Moment der Mund offen stehen): Ihr macht mich fertig! Sagte ich das schon? Großartig! Was in den deutschen Herden alles geht! Und die Hirten schert’s einen feuchten Kehricht! (Sie schüttelt den Kopf.) Gut, daß ich euch endlich einmal besuche. Stellt euch um die Tanne herum, los! Ich mach ein paar Fotos.

Im Galopp laufen die Schafe zur Tanne und gruppieren sich malerisch um das leuchtende Zentrum ihrer Weide. Naja – das irdische Zentrum … Mona scheucht das eine oder andere Schaf noch nach vorne oder auf die Seite und fotografiert.

Mona (setzt den Fotoapparat ab): So! Das war’s! Herzlichen Dank! (Sie verstaut ihren Notizblock in einer großen Umhängetasche.) Ich würde mich jetzt verabschieden. Aber ich komme bestimmt wieder! (Sie streichelt den Schafen über das Fell.)

Kohle: Wo kommst du heute Nacht unter? Es wird schon dunkel.

Einige Schafe (stimmen den charakteristischen Dreiklang an): Blaaaaaaaib bei uuuuuuuns …

Mona: Vielen Dank, ihr Lieben! Aber ich übernachte bei Langenfelds. Das ist kein Problem! Da find’ ich schon hin.

Kohle: Es hat uns sehr gefreut.

Die Schafe (durcheinander): Ja! – Vielen Dank! – Komm bald wieder! – Alles Gute! – Viel Erfolg weiterhin! – Guten Heimweg! – Grüße an Langenfelds! – Wir sind gespannt auf den Bericht!

Fixi: Ja … Apropos … Mona! Was heißt EWTN denn nun wirklich?

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Diese Schafe! Da haben sie mir nichts dir nichts zuletzt noch die Brücke zur Passion geschlagen – wie sich das in der Weihnachtszeit gehört. Aber das „Bleib bei uns“ spielen wir Ihnen jetzt trotzdem nicht vor. Dazu haben wir ja ein andermal schon ziemlich viel geschrieben. Was wir Ihnen zum Abschluß als Musik mitgeben, paßt noch besser. Nämlich das „Trans-eamus“.

Enjoy! 🙂 

 

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