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Die Unbelehrbaren – ein superkallifragilistischexpialigetisches Sketchlet

Wo Sie grad sagen“: Transsubstantiation …

 

Die Unbelehrbaren

Ein Sketchlet für fünf Personen

 

In der Wohnung der Familie Langenfeld. Edith bringt Tina gerade zur Tür, als Tina anfängt herumzudrucksen. Offenbar hat sie noch etwas auf dem Herzen.

Edith (reicht Tina den Mantel): Bitte schön! Und du denkst an die Noten?!

Tina: Ja, mach ich. (Sie guckt vor sich hin.) Äh, … ich wollte noch …

Edith: Ja, was gibt’s?

Tina: Mit dem Fronleichnamslied.

Edith (überrascht): Dem Fronleichnamslied! (Sie lacht.) Da fängst du jetzt damit an? Das ist doch ewig her! (Wieder aufmerksam.) Also was ist damit?

Tina: Der Pfarrer sagt, er würde vor Kindern nicht das Wort Transsubstantiation in den Mund nehmen.

Edith: Wieso?

Tina: Weil das für Kinder viel zu schwer ist! Das können Kinder in dem Alter sich doch gar nicht merken!

Edith (ruft in die Wohnung hinein): Teresa, kommst du mal gerade?

(Sie horchen.)

Edith: Teeerreeeeesaaaaaaa!

Teresa (entfernt): Ja-a! (Eine Zimmertür öffnet sich und die Neunjährige kommt den Flur entlang gerannt.) Da bin ich!

Edith (freundlich): Teresa! Ihr hattet doch neulich dieses niedliche altersgerechte Lied in der Schule gelernt, wie ging das nochmal, die Tina möchte das so gerne mal hören.

Tina: Hm?

Teresa: Superkallifragilistischexpialigetisch?

Edith: Genau das!

Teresa (singt): Superkallifragilistischexpialigeeeeeeeeeetisch (weiter kommt sie nicht, weil Emily aus ihrem Zimmer gestürmt kommt)

Emily (stöhnt): Singst du dieses häßliche Lied?!

Teresa (unschuldig): Sollte ich!

Emily: So was Sinnloses! Das mußten wir in der dritten Klasse auch lernen! Es nervt!

Edith: Sagt mal, war euch das allen nicht viel zu schwer zu merken?

Emily (gespielt patzig): Nein! Es ist nur so sinnlos!

Edith: Der Herr Pfarrer hat nämlich Sorge, Transsubstantiation sei ein zu schweres Wort für Kinder.

Emily: Transsubstantiation? Wieso?

Teresa: Wie bei Fronleichnam?

Edith: Jau!

Teresa und Emily (beginnen zu singen): Fronleichnam – Leib des Herrn! Wir feiern die Verwandlung! Fronleichnam – Leib des Herrn!

Emily (unterbricht): Hey! Laß uns ein Quodlibet versuchen! Du singst Fronleichnam und ich singe dieses häßliche Superkallifragilistisch dazu – ok?

Teresa: Ok! (Sie schaut die große Schwester erwartungsvoll an.)

Emily: Du hast einen Auftakt …

Teresa: Ach so! Stimmt: Fron…

Emily (setzt ein): Superkallifragilistisch (sie singen zusammen und fangen bald fürchterlich an zu lachen.)

Edith (hält sich die Ohren zu und versucht die Kinder zu übertönen): Danke, ihr Lieben, ihr habt uns total geholfen – aber das Singen könntet ihr jetzt eigentlich wieder in euren Zimmern machen … (zu Tina) Hörst du? Ich glaube, der Herr Pfarrer kann ganz beruhigt sein! (Sie grinst.)

Tina (lächelt unsicher): Ja dann – also – bis morgen!

Edith (lächelt echt): Bis morgen! (Sie schließt die Tür.)

Emily (schnaubt) Der Pfarrer!

Teresa: Der hat doch gar keine Kinder – oder?

Edith: Nein, nein, nicht daß ich wüßte – aber er hat eben auf der Universität gelernt, was für Kinder zu schwierig ist und was nicht, das ist doch viel besser, als selber Kinder zu haben! (Sie schaut ihre Kinder erwartungsvoll an.)

Emily (guckt etwas unsicher zurück): Das ist jetzt nicht dein Ernst!

Edith (lacht): Nee, natürlich nicht! (Sie legt den Arm um ihre Kinder und geht mit ihnen in die Wohnung zurück.)

* * *

(Kurz darauf im Pfarrbüro. Corinna und Frau Schramm diskutieren über irgend etwas, man fängt nur Wortfetzen davon auf.

Tina: Hallo allerseits!

Corinna: Hallo! Na?

Tina: Ja, ich hab’s mal angesprochen.

Corinna (schnaubt verächtlich): „Transsubstantiation“ in einem Kinderlied! So ein Schwachsinn!

Frau Schramm: Hat sie es wenigstens eingesehen?

Tina (schüttelt den Kopf): Nö! Total unbelehrbar!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Tja, so geht’s zu in Wundersdorf. Bloß gut, daß in Weimar keiner auf die Idee käme, anspruchsvolle religiöse Kinderlieder nicht unters Volk zu bringen.

 

Und eigentlich ist es ja überhaupt ein englisches Wort, das Superdingsda:

Nur daß das oben gemeinte Kinderlied eben bei weitem nicht so lustig ist, wie das Original!

Und wer nun partout auch noch den Text nachlesen will, hier, bitte sehr.

 

 

 

 

 

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