O Weimar! Du wundersamer, wunderlicher Ort! Wo in einem fort Dinge geschehen, die man schwer für möglich hielte – wenn man sie nicht ständig erlebte!
Das ist nun alles andere als neu, dafür ist die Stadt bekannt, seit, na, seit mindestens guten 200 Jahren. Und wer hat es gültig beschrieben? Natürlich kein gebürtiger Weimarer, sondern unser großer Frankfurter Import, Goethe selbst, wenn er im Jahre 1782 dichtet:
O Weimar! dir fiel ein besonder Los: Wie Bethlehem in Juda, klein und groß!
Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit Europens Mund, bald wegen Albernheit.
Wobei hier vor Ort die zweite Zeile auch gerne einmal „vergessen“ wird… 😉
Dabei gibt es hier wahrlich der gehypten Albernheiten genug, wie z.B. die (kommerzielle) Veranstaltung sog. „Arkadischer Hochzeiten“ (vgl. hier), ein Schauspiel das im Grunde traurig stimmen müßte, weil man mit ansehen muß, wie die offenkundig vorhandene Sehnsucht nach bedeutungsvollem Ritual sich Ventile sucht, deren Peinlichkeitspotential doch erheblich ist.
Allein, ähnlich der Vornehmheit läßt es sich nicht improvisieren, das Ritual und wer etwas „davon haben“ will, der muß mehr investieren als „Geld und gute Laune“. Viel mehr.
Wer weiß, vielleicht finde ich irgendwann noch einmal ein Goethesches Gedicht, das auf dieses eigentümliche Phänomen paßt; es wäre eine schöne Vorstellung, denn ihm gelangen eben treffende Verse auch zu entlegenen Themen, wie im vorliegenden Fall auch: Die oben zitierten Zeilen, sie stammen aus dem Gedicht: „Auf Miedings Tod“ und Johann Martin Mieding, das war ein Weimarer Theaterhandwerker! (ganzer Text hier)
Ja, Mieding tot! O scharret sein Gebein
Nicht undankbar wie manchen andern ein!
Laßt seinen Sarg eröffnet, tretet her,
Klagt jedem Bürger, der gelebt wie er,
Und laßt am Rand des Grabes, wo wir stehn,
Die Schmerzen in Betrachtung übergehn.
O Weimar! dir fiel ein besonder Los!
Wie Bethlehem in Juda, klein und groß.
Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit
Europens Mund, bald wegen Albernheit.
Der stille Weise schaut und sieht geschwind,
Wie zwei Extreme nah verschwistert sind.
„Wie zwei Extreme nah verschwistert sind.“: Von einer solchen Verschwisterung ist, um nun zum Anlaß dieses Eintrags zu kommen, auch zu berichten, was die Internetpräsenz des Katholischen in und um Weimar angeht, auch sie ist „klein und groß“ zugleich, die Situation, sie ist geistreich („witzig“) und albern zugleich.
Denn mittlerweile gibt es sage und schreibe drei (vermutlich sogar vier!) „Orte“ im weltumspannenden Netz, die sich mit dem Schicksal katholischer Dinge in der Klassikerstadt befassen – das hat nicht jede Diasporapfarrei zu bieten, der ja doch immerhin ca. 3.500 Katholiken angehören, wahrhaftig, da würde vermutlich manch größere Pfarrei neidvoll erblassen.
Da haben wir natürlich zunächst die offizielle Präsenz der katholischen Pfarrei „Herz Jesu Weimar“ (hier), die sich neben einer graphischen Gestaltung, die tief blicken läßt (dazu bei Gelegenheit mehr!) vor allem dadurch auszeichnet, daß sie die Menge der verfügbaren Informationen, von Bildern ganz zu schweigen (vgl. hier), konsequent ebenso auf ein Minimum reduziert wie die zeitliche Dauer ihrer Verfügbarkeit: das Pfarrbriefarchiv wurde im Frühjahr 2012 eingestellt. Sie enthält außerdem absichtsvoll (das haben wir schriftlich!) keine Links auf das Bistum oder gar den Vatikan, ich meine, warum auch? 🙁 Aber wann der nächste Blutspende-Termin stattfindet (eine kommerzielle Nutzung des „Gemeindehauses“…), das finden Sie dort immer…
Dann hat Weimar seit dem Frühjahr 2011 einen eigenen traditionsorientierten Blog, der, den Sie gerade lesen: Pulchra ut Luna, Katholisch in Weimar. Und sowas hat ja nun auch bei weitem nicht jede Pfarrei, o nein! (Aber wir arbeiten dran. 😉 )
Wie schade, daß er von offizieller und offiziöser Seite so wenig geschätzt wird. Doch dafür wissen wir: PuLa wird von all denen gelesen, die wissen wollen, was wirklich los ist, auch dann, wenn sie unsere innerkirchliche Ausrichtung nicht teilen. Und es ist natürlich kein Zufall, daß so etwas in Weimar geschieht, das „Weltkulturdorf“, es ist eben doch etwas Besonderes, so sehr sich auch manche Menschen hier bemühen, so zu tun, als wären wir in einer ganz normalen deutschen Mittelstadt, wo keiner hinguckt: Nein, sind wir nicht. 🙂 (vgl. hier)
Ja, und dann ist eben gerade noch eine dritte Webpräsenz, wie soll ich sagen, „aufgetaucht“, die sich mit katholischen Dingen in Weimar beschäftigt. Genauer muß man sagen, sie ist wieder aufgetaucht, denn sie datiert eigentlich bereits aus dem Jahr 2012! Warum nicht mal ich sie vorher gefunden habe? Nun, ein Grund dafür könnte in der Tatsache zu suchen sein, daß dieser Blog (darum handelt es sich technisch) eine etwas, äh, „intermittierende“ Erscheinungsweise an den Tag legt (September 2012 – Januar 2013, März und Mai 2014 und jetzt August und September 2014) und das mögen Suchmaschinen gar nicht.
Und zuallererst hätte man ja überhaupt mal suchen müssen. Ob ich aber jemals gesucht hätte nach:
„MM; Drei Weisse Tauben; Das Leben ist Veränderung“ (hier)?
Wohl eher nicht. 🙂
Dabei steht „MM“ für die Initialen unseres Kaplans, Michael Messer, die anderen Bestandteile vermag ich leider nicht zu enträtseln, aber: Ich gehöre ja auch nicht zur Zielgruppe!
Die Zielgruppe, das waren und sind die Jugendlichen in unserer Pfarrei:
„Diese Seite ist meine persönliche Initiative. Sie wurde ins Leben gerufen, um Informationen für Jugendliche in der Gemeinde zu veröffentlichen und zugleich eine Plattform der Kreativität für Jugendliche zu sein. Es wäre schön, wenn sich viele Interessierte an der Gestaltung beteiligen würden.“
Hm! Wollen mal sehen, nicht? Ob es wohl zur „Kreativität“ gehört, daß nur zwei weiße Tauben zu sehen sind? Ich meine, wer „gelegentlich“ den Embolismus „vergißt“, dem kann ja auch mal so’ne Taube abhanden kommen, oder? Sind halt flatterhaft… 😉 (vgl. hier und vor allem hier 🙂 )
Sehr anerkennenswert sind die Links! Dort wird immerhin zum Bistum verlinkt! Und auf den bibleserver, sehr sinnvoll. Die Adresse dieses Blogs ist übrigens www.pulchra-ut-luna.de , so für die nächste Ergänzung, am besten zusammen mit dem Vatikan! 😉 ; wenn ich irgendwann mal eine Blogroll auf PuLa schaffe, verspreche ich auch einen Link auf die „Drei weißen Tauben“ zu setzen (wenn sie bis dahin nicht vollständig entflogen sind)!
Ja, so könnte man noch ein wenig weiter vor sich hinschmunzeln (etwa über den Link auf die „SEB-Seite“, die seit 2012 nicht mehr aktualisiert wird) oder über die tiefere Bedeutung des Satzes „Das Leben ist Veränderung“ und seinen Zusammenhang mit der Jugendarbeit, aber das will ich alles nicht tun, sondern auf den, wie ich fürchte, sehr ernsten Kern der Angelegenheit zu sprechen kommen.
Auf „Drei weiße Tauben“ wird nämlich, was wirklich sehr verdienstvoll ist, auch der Ministrantenplan veröffentlicht. Das ist ganz prima, nur, warum um alles in der Welt muß ein Hauptamtlicher (ein Priester obendrein!) das auf einer explizit privaten Seite tun? Von dem ganzen Komplex Jungendarbeit ganz zu schweigen.
Nun, dieses ganze Feld ist geheimnisumwittert, wie kaum ein anderes. Auch Gremienmitglieder, wenn sie ganz ohne Arg danach fragen, erhalten als Antwort dem Vernehmen nach nur eisiges Schweigen – und dann verstehen sie schon. Und fragen im Zweifelsfall nie, nie wieder. Denn sonst werden sie, wie man das immer mal wieder hört, coram publico „zur Sau gemacht“.
Man muß also schlicht vermuten, daß es daran liegt, daß der Kaplan auf der offiziellen Seite nicht arbeiten „darf“. Ein hauptamtlicher Mitarbeiter, ein Priester!, „darf“ die dafür vorgesehene Webpräsenz der Pfarrei für die Erfüllung seiner spezifischen Aufgaben nicht nutzen, das ist vermutlich die einfache und häßliche Wahrheit.
Warum? Immer die gleiche Antwort: Weil es für manche Menschen einen Kontrollverlust bedeuten würde. Und diese Menschen werden gedeckt. Seit langem. Von verschiedenen Seiten.
Und daher gilt:
Bald wegen Geist und Witz beruft dich weit
Europens Mund, bald wegen Albernheit.
Armes katholisches Weimar!
PS: Sie fragen nach der „Vierten Präsenz“? O, ja, Entschuldigung! Schauen Sie sich bitte „Die Nacht des Herrn“ an (hier). Das ist ein Blog, der sich zwar nicht explizit mit Weimar befaßt, dessen Autor sich aber ausweislich etlicher Einträge bei uns ganz hervorragend auskennen muß, so daß ich den „Nachtbriefträger“ auf meiner Blog-Landkarte ebenfalls Weimar zuschlage. Im Moment. Ob ich mich zu den Hervorbringungen des selbsternannten „finsteren Gesellen“ irgendwie äußern möchte? Möchte ich lieber nicht.
3 Trackbacks/Pingbacks
[…] über das Webangebot „Drei weiße Tauben, Leben ist Veränderung“ unseres Kaplans berichtet (hier) und was man daran unseres Erachtens ablesen kann über die Zustände in der katholischen Pfarrei […]
[…] Michael Messer, langjähriger Kaplan in Weimar, am 7. November einen Beitrag auf seinem auf PuLa ja nicht unbekannten Blog: „Drei weiße Tauben“. Dieser Beitrag, auf den uns ein aufmerksames Mitglied der […]
[…] empört es sich neben mir. Tja: „O Weimar! dir fiel ein besonder Los …“ [vgl. auch hier] (Zu unserem Trost hat Goethe wenigstens für jede Gelegenheit den richtigen Kommentar formuliert.) […]
Einen Kommentar schreiben