Die Sternsinger
Kein Sketch, aber für beliebig viele Kinder
„Krabat“-Fans wissen das: Schon zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in der die Krabatgeschichte angesiedelt ist, gab es den Heischebrauch des Dreikönigssingens zwischen den Jahren und um den Dreikönigstag herum. In den Wintermonaten erwerbslose Handwerker oder eben bettelnde Waisenkinder wie die literarische Figur des Krabat in der Version Otfried Preußlers gingen von Haus zu Haus, sangen (soweit, wie Preußler nahelegt, der Stimmbruch dies zuließ) und sorgten so für einen mageren Lebensunterhalt. Sogar bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts soll der Brauch nachweisbar sein (hier, S. 74) und noch die Volksliedsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ (1805-08) von Clemens Brentano und Achim von Arnim überliefert zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein „Sterndreherlied“, hier.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Brauch wiederbelebt. Nur betteln die kleinen Heiligen Drei Könige nun nicht mehr für sich selber, sondern für Kinder, die sie noch nie gesehen haben und die sie vermutlich auch niemals sehen werden (heißt: “Es wird ihnen vergolten werden bei der Auferstehung der Gerechten” vgl. Lk 14, 12-14 hier): Seit 1959 – und mittlerweile mit Filmen, regelrechten Unterrichtsmaterialien und jährlich neuen Liedern erstaunlich aufwendig – bereitet das Kindermissionswerk Die Sternsinger ein wechselndes Jahresthema auf. Eine bestimmte Region aus der früher so genannten ‚Dritten Welt‘, den Entwicklungs- oder Schwellenländern, wird herausgesucht, auf die Probleme der Kinder oder einzelner Einrichtungen und Institutionen für Kinder und Jugendliche dort aufmerksam gemacht und das nach Abschluß der Aktion Mitte Januar gesammelte Geld den Bedürftigen zugeleitet. Über eine Milliarde Euro sollen seit 1959 auf diesem Wege zusammengekommen sein, und jährlich wird die Spendensumme höher.
Und das, obwohl die Zahl der mitwirkenden Kinder und Jugendlichen in den letzten 20 Jahren um 40% zurückgegangen ist.
Wo auch immer das war – in Weimar nicht! Gestern abend sind im Aussendegottesdienst (hier) wieder 15 Gruppen mit Kindern und Jugendlichen auf den Weg gebracht worden, und da sind die Dreikönigssängerinnen und –sänger aus Bad Berka noch gar nicht mitgezählt. Die Vorbereitungstreffen mit Verteilung des Materials, Üben der neuen Lieder und einer Vorführung des erwähnten jährlichen Films werden vom Gemeindereferenten in der Regel Anfang Dezember des Vorjahres angeboten. Die Anzahl der mitwirkenden Kinder – in Weimar immer so um die 80 – und die Höhe der eingeworbenen Spenden aber steht und fällt mit dem Engagement der begleitenden Elternteile, die in jedem Jahr neue und altgediente Sternsinger für die Aktion zu begeistern verstehen, aber auch auf eigene Faust ihre Adressenlisten verlängern, auf Menschen zugehen und in der eigenen Nachbarschaft für eine Dreikönigsspende werben.
Die auffallend schönen Gewänder – um zum eigentlichen Anlaß dieses Textes hier zu kommen –, die auffallend schönen Gewänder der Weimarer „Könige“ dürften einen nicht unwesentlichen Beitrag zur Begeisterung der Kinder leisten. Auch die entstanden und entstehen weiterhin in einer reinen Ehrenamtlerinnen-Aktion: Vor einigen Jahren bereits fand sich eine kleine Gruppe von Müttern unserer Pfarrei – darunter eine Gewandmeisterin des Deutschen Nationaltheaters – zusammen, die sich vornahm, den Bestand an Sternsingergewändern der Gemeinde zu erneuern. Aus ausgesucht schönen Stoffen entstand ein großer Schwung goldborten- und tressenbesetzter Umhänge in allen Farben, dazu Stoffkronen, Turbane und Stoffringe zur Befestigung wehender Kopftücher. In jedem Jahr wird seither der Bestand um weitere Gewänder ergänzt, denn jede dieser Mütter näht jährlich ein neues.
Was in meiner Kindheit noch in jedem Jahr möglich war – daß nämlich die Kinder genau am Dreikönigstag zum Singen herumgehen und den Segen an die Häuser schreiben –, ist in der heutigen Zeit der vollgepackten Terminkalender nicht mehr realisierbar. In diesem Jahr aber klappt es – der 6. Januar ist ein Samstag, und so kamen auch bei uns heute am späten Vormittag fünf Heilige Drei Könige mit Stern vorbei, schrieben mit der geweihten Kreide an die Tür, sangen, sagten ihr Sprüchlein her und klapperten mit der Spendenbüchse.
PuLa wünscht allen Sternsingern, die an anderen Orten schon zwischen den Jahren unterwegs waren und in Weimar in der kommenden Woche noch ihre Termine beim Bürgermeister und dem Superintendenten (hier) wahrnehmen werden, einen guten Weg und viel Freude bei ihrem Engagement.
Cornelie Becker-Lamers, Weimar
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