Zum Tod von Hochwürden Klemm am 5. April 2019
Am heutigen Freitag gegen 5 Uhr früh verstarb, zwölf Tage vor seinem 81. Geburtstag, Pfarrer Horst Klemm. Er war die letzten 15 Jahre seines Lebens in unserer Pfarrei als Ruhestandspfarrer tätig. Hier in Weimar war er als Kind Vertriebener ab dem Grundschulalter auch aufgewachsen.
Die Wertschätzung, die er seitens seiner Mitbrüder genoß, mögen andere herausstreichen, andere auch über seine Rolle etwa im Kolpingwerk oder seine Unverzichtbarkeit bei den Sühneandachten in Buchenwald berichten. In diesen Funktionen habe ich ihn nie erlebt.
Ich habe ihn als Geistlichen und Seelsorger in unserer Gemeinde kennengelernt. Als Geistlichen, der über die Meßzelebration hinaus ein Glaubenszeuge war. Als Seelsorger, dessen Glaubwürdigkeit sich nicht in den liturgischen Vollzügen erschöpfte.
Pfarrer Klemm positionierte sich und wurde so in den Krisenjahren der Pfarrei zwischen 2012 und 2015 für viele von uns unersetzlich. Er übernahm Taufen, wenn der damalige Rektor der Pfarrkirche dies ablehnte, weil er festgestellt hatte, daß die vom Täufling ausgewählten Paten in den Augen der Gemeindeleitung den zuletzt ja etlichen personae non gratae der Pfarrei zuzuzählen waren. Er stützte Einzelne, die aufgrund ihres Einsatzes für andere Gemeindemitglieder zu Unrecht aus der Gemeinschaft ausgeschlossen wurden oder werden sollten und rief vor der Kirche offen zum Widerstand gegen die damals herrschenden Zustände auf. Im Januar 2015 ergriff er Partei für die Sternsinger und deren erwachsene Begleiter/innen, als die „Gemeindeleitung“ sich in den Kopf gesetzt hatte, es sich auch noch mit dieser Gruppe zu verscherzen, und bot zu Ende der Messe Raum für eine Stellungnahme. Zum 10. Geburtstag der Cäcilini im Mai 2017, zu dem wir in den Gemeindesaal eingeladen hatten, feierte er mit und zückte einen 50-Euro-Schein als Spende.
Er übernahm gerne die Messen, in denen wir Werke jugendlicher Komponisten aufführten oder in denen die Cäcilini musikalische Beiträge leisteten, wandte sich den jungen Musikerinnen und Musikern anschließend zu und honorierte erkennbaren guten Willen wie objektiv erbrachte Leistung. Mit ihm gemeinsam Gott zu loben, war wirklich ein Ehrenamt.
Und wie man sich bettet, so liegt man: Pfarrer Klemm war die Zuneigung dieser Kinder und Jugendlichen gewiß. Sie mochten ihn. Als den Cäcilini zu Ohren kam, er liege im Pflegeheim auf den Tod, kam in der Gruppe sofort die Idee auf, im Advent dort für ihn zu singen. Auch alle Eltern trugen diese Aktion mit und entbanden ihre Kinder am 4. Adventssonntag – es war der 23. Dezember – von allen häuslichen Pflichten. Ehemalige Chormitglieder, die Ende letzten Jahres schon in Studium oder Ausbildung waren, richteten ihren Weihnachtsurlaub nach unseren Proben für dieses kleine halbstündige Adventskonzert im Raphaelsheim aus.
Vor vier Tagen habe ich Pfarrer Klemm zum letzten Mal gesehen. Er war sehr schwach, erkannte mich aber noch und bejahte meinen Besuch. So erzählte ich ihm von der Kreuzwegandacht, die die Cäcilini in diesem Jahr noch einmal viel ausführlicher als 2018 für die Pfarrei gebetet hatten und merkte, daß er bei jedem Namen, den ich nannte, das betreffende Kind, die betreffende Jugendliche lebhaft vor sich sah: Noch brechenden Auges nahm er Anteil am Weiterleben unserer Pfarrei.
Ein Zeuge geht.
Ein priesterlicher Glaubenszeuge und ein glaubwürdiger Zeuge der Vorgänge, die unsere Pfarrei aufgrund der bis dato verweigerten Aufarbeitung auch heute noch belasten. Nicht der einzige Zeuge – es gibt ja leider sehr viele, und sehr viel jüngere. Aber ein wichtiger.
Er fehlt.
Cornelie Becker-Lamers
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