PuLa daheim und unterwegs
Wieso habe ich eigentlich begonnen, mich für Biegepüppchen im Kirchenraum zu interessieren? Paßt doch gar nicht zu mir. Müßte mir doch eigentlich auf die Nerven gehen. Sie haben Recht! Aber wenn die richtigen Leute die Dinge anschleppen und daher die Assoziationen stimmen, kann ich ungeahnt verständnisvoll und vielseitig sein. 😉
Alles begann nämlich mit den Utensilien, mithilfe derer unsere Gemeindereferentin bei unserem gemeinsamen Kinderkreuzweg zu Karfreitag 2018 die ausgewählten Stationen nach den kurzen Texten für die Kinder noch einmal erarbeitete und anschaulich machte. Sie erinnern sich, hier hatten wir davon berichtet. Da schwammen Augen in Plastiktränen (Station acht) und das Schweißtuch der Veronika zeigte Jesu Konterfei (Station sechs). In der vierten Station, als Jesus seiner Mutter begegnet, hatte Frau Rimestad Biegepüppchen aufgebaut, die sie selbst zu Ende ihres Studiums hergestellt hatte. Ein Blick darauf kommt in unserem früheren Artikel bereits vor, hier sieht man sie nochmal von vorn:
Das war der Auslöser, weswegen ich ein Vierteljahr später in der Schopper Kirche die Szene mit Bonifatius so aufmerksam betrachtete und zu fotografieren beschloß. In meinem Kopf begann es eine Serie zu werden.
Das ging weiter, als wir noch einmal vier Monate drauf Torgau besuchten und sonntags dort zur Messe gingen. Vor dem nördlichen Seitenaltar, der einen großartigen Heiligen Georg bei der Arbeit zeigt, war eine kleine Szenerie aufgebaut. Und was soll ich Ihnen sagen: Natürlich aus Biegepüppchen!
Der Jahreszeit geschuldet (es war ja Mitte Oktober), ordnete ich die in leuchtendem Maisgelb gehaltene Darstellung dem Erntedankthema zu. Ähren in den Väschen, wie zu Garben gebunden. Mußte eigentlich Erntedank sein. Hm. Aber wer waren die beiden Figuren da rechts? Mit den vielen goldenen Kugeln? – Es bedurfte der Erläuterungen des Ortsgeistlichen, Hochwürden Schacht, um mich auf die richtige Spur zu bringen: Natürlich geht es hier um Moses, der auf dem Nil (blaues Tuch) in seinem Körbchen schwimmt. Zwischen Weizenfeldern. Und rechts, das ist der superreiche Pharao und seine Tochter, die Moses gleich finden und adoptieren wird. Wenn ich mich recht erinnere, stammte diese Biegepüppchen-Geschichte aus der Religiösen Kinderwoche in den dortigen Herbstferien. Aber ich kann mich auch irren. Wir gucken nochmal genauer:
Diese Farben! Ist das nicht phantastisch?! Man begreift, warum Goethe das Gelb und das Blau zu „Urfarben“ bestimmte und sie als „Urkontraste“ mit den Attributen der Aktivität, des Hellen und der Wärme (das leuchtende Gelb) bzw. der Passivität, des Dunklen und der Kühle (das kräftige Blau des Flusses) belegte.
Mir fällt gerade ein: Das wäre vielleicht mal ein Literaturtip für kunstinteressierte Augenmenschen und bisherige Goethe-Muffel, von denen man zuweilen bei Radio Horeb hören kann: Goethes Farbenlehre, abgeschlossen1808. Bekanntlich betrachtete Goethe selber nicht etwa seine vielen Dramen, ja, nicht einmal den „Faust“ als sein Hauptwerk, sondern diese Farbenlehre, die in der Forschung auch als „Farbentheologie“ ausgelegt wird. Super interessant! Aber das nur nebenbei.
Für heute schließe ich. Es geht aber demnächst noch weiter!
Cornelie Becker-Lamers
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