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PuLa-reloaded: Sola scriptura? Solus BAT!

Als ich den unten folgenden Text aus dem November 2013 las (ursprünglich hierkonnte ich mich eines Gefühls der Bedrückung nicht erwehren. denn nur 7 Jahre, nachdem ich ihn, damals im Kontrast zu den aktuellen Vorkommnissen im Bereich der EKD, schrieb, ist mit dem sog. “Synodalen Weg” Wirklichkeit geworden, was zu jenem Zeitpunkt noch wie ein unwahrscheinlicher Alptraum schien! 

Hoffen und beten wir, daß wir bald daraus erwachen, und daß es kein zu böses Erwachen wird! Denn wenn auch natürlich dieses Spektakel “Der Kirche” nicht im Kern schaden kann, die “Kollateralschäden” könnten erheblich werden. Am traurigsten und zornigsten zugleich machen mich dabei die jungen Menschen, die in den “Synodalversammlungen” schon entweder völlig verhetzt und verbohrt anlangen (namentlich die berufsjugendlichen Verbandsfunktionärinnen und -funktionäre), oder die armen, regelmäßig eher einfach gestrickten, richtig jungen Alibi-Figuren (aka “Die Basis”), die dort verheizt werden. Schrecklich! 

Heute also leider kein “Enjoy”, eher ein “Lesen und schaudern”: 🙁 

 

Sola scriptura? Solus BAT!

Von „synodalen Strukturen“ hören wir ja aus der jahrzehntealten Mottenkiste der „Reform“-Forderungen à la ZdK häufig genug. Wem nun das, was wir in der Causa Limburg an Wirken „synodaler Strukturen“ beobachten durften wie die frevelhafte Manipulation der Kathedralglocken, abtrünnige Priester, die im Hochgebet ihren Bischof nicht mehr erwähnen und ein Domkapitel, das nach dem Motto: ‚Rette sich wer kann‘ jahrelange Mitverantwortung öffentlich leugnet, wem das also noch nicht genug ist, der konnte am gestrigen Sonntag beobachten, wie ‚wohltuend‘ das Wirken „synodaler Strukturen“ sich auswirkt, wenn sie voll ausgeprägt sind, wie bei unseren protestantischen Brüdern und Schwestern.

Da wurde nun gestern Günther Beckstein, der bisherige Vertreter der Präses der Synode der EKD, Kathrin Göring-Eckardt, NICHT als ihr Nachfolger gewählt (sondern Irmgard Schwaetzer, ehem. Bundesbauministerin). Warum wurde er nicht gewählt? Weil er öffentlich Kritik am berüchtigten Familienpapier der EKD geübt hatte? Weil er überhaupt gefordert hatte, der Protestantismus in Deutschland müsse „frommer“ werden? Oder vielleicht, weil er einfach der ‚dumme polternde Bayer‘ ist, der sich in einer Sprache ausdrückt, die den Damen und Herren Synodalen nicht hinreichend ‚akademisch‘ verschwurbelt ist? Oder doch einfach nur, weil ein ehemaliger CSU-Politiker in der nach allgemeiner Meinung rot-grün (oder grün-rot?) dominierten Versammlung eh ein Fremdkörper war und ist? (vgl. z.B. hier)

Wahrscheinlich von allem ein bißchen, und die Anteile abzuschätzen kann sich allenfalls ein Insider zutrauen.

Interessant ist aber ein Aspekt, der, wie mir scheint, als Katalysator der Ablehnung gewirkt haben dürfte. G. Beckstein hatte im Vorfeld der Versammlung in deutlichen Worten Kritik geübt an einem alten Bekannten im deutschen ökumenischen Verhältnis, der auch den PuLa-Lesern vertraut ist. Er hatte nämlich gesagt: „Wir brauchen lutherische Theologie in der EKD und nicht nur Gundlach-Theologie“.

Gemeint war Thies Gundlach, theologischer Vizepräsident des EKD-Kirchenamtes. Mehr zu ihm und seinen bloß vermeintlich ökumenischen Vorstellungen in dem PuLa-Artikel hier.

Leider hat sich Beckstein für diese Äußerung mittlerweile entschuldigt und sich in ziemlich lavierender Weise rausgeredet, er habe nicht gewußt, daß Journalisten anwesend sind, naja, das kennt man ja.

Aber DAS war offensichtlich zuviel. Einen leitenden „Kirchenbeamten“, bzw. einen der leitenden Angestellten zu kritisieren, das hat, als Zünglein an der Waage, G. Beckstein vermutlich das Amt gekostet.

Nun, all das sind inner-evangelische Vorgänge und auch wenn ich aus ganzem Herzen glaube, daß Beckstein gerade mit seiner persönlich zugespitzten Kritik völlig recht gehabt hat, kann man fragen, was hat das auf einem katholischen Blog zu suchen? Wollte ich nur einfach mal wieder auf einen alten Artikel hinweisen können?

Na klar! 😉

Aber nicht nur. Denn in dem Zusammenhang fiel mir ein Kommentar aus der FAZ wieder ein, erschienen am Vorabend des „Reformationstags“ (also zwei Tage vor Allerheiligen… 🙂 ), der mir für diesen Vorgang sozusagen schon vor dem Ereignis den Schlüssel geliefert zu haben scheint. Da äußerte sich Reinhard Bingener, gewissermaßen das evangelische Pendant zu Daniel Deckers unter den Journalisten der FAZ, im „großen“ Kommentar auf der Seite 1 zu dem Thema: „Eine bürgerliche Religion“.

Der Text beginnt, unweigerlich in diesen Zeiten, mit einer Gegenüberstellung des armen Bischofs von Limburg mit Papst Franziskus und seinem „Armutsideal“ für die Kirche. Klar, wer dabei besser wegkommt aber im folgenden erweist sich Bingener dennoch, wieder einmal, als ein Meister darin, unterschwellig-subtil das Katholische als überlebt und jedenfalls irgendwie verdächtig erscheinen zu lassen. Das kann er wirklich erheblich besser als Herr Gundlach (von Arndt Brummer, dem „Kettenhund“ der EKD ganz zu schweigen).

Aber der entscheidende Dreh des Kommentars kommt dann erst noch: Weder „Prunksakralität“ (also katholisch à la T.v.E.) noch „Armutsideal“ (also katholisch à la Franziskus) seien die Lösung, denn: [Die Reformatoren] „formulierten Grundprinzipen einer bürgerlichen Religion“, die Ablehnung des „Imperativ, eine religiöse Existenz müsse irgendwie anders sein.“ Dieser bemerkenswerte Gedankengang endet mit dem Schlußsatz: „Die A13-Religion der deutschen Kirchenbeamten ist allemal besser als Armutsgesten oder Protzgehabe.“

Aha. Hätte ich diesen Satz losgelöst irgendwo gelesen, ich hätte mich vermutlich gefragt, wo der Verfasser denn wohl ausgebüxt sei, oder ob der Karneval schon am 30. Oktober begonnen habe, aber, wie gesagt, es handelt sich um den großen Kommentar einer überregionalen deutschen Tageszeitung am Vorabend des „Reformationstags“ auf der „Seite 1“.(man kann den Text zum Glück online nachlesen, hier).

Tja, wie hat der HErr so schön gesagt: „Wenn ihr nicht werdet wie die Beamten, könnt ihr das Reich Gottes nicht erlangen“. Wo stand das noch gleich? Im Evangelium nach dem Hl. Buerocratius vermutlich.

Aber ernstlich: Hat das noch etwas mit dem alt-reformatorischen Prinzip der Sola scriptura (das ich natürlich nicht teile!) zu tun? Sola scriptura? Nein, Solus BAT! scheint die Devise zu sein (BAT, Bundesangestelltentarif, auch wenn das System aktuell nicht mehr so heißt).

Dazu ließe sich nun so einiges sagen, vor allem über das grundverkehrte Kirchenverständnis („Kirche“ letztlich nur als geistige Realität unter Abwertung der irdischen Institution), das zuverlässig der Leugnung der Geschichtlichkeit des übernatürlichen Heilswirkens in der realen, irdischen Welt in die Hände spielt, und damit den Abfall vom Glauben überhaupt vorbereitet, aber das ist eine alte Geschichte und ein weites Feld.

Wichtig ist mir heute: Genauso, wie Herr Bingener den Protestantismus in Deutschland hier schildert, genauso hat sich die Synode der EKD in der Causa Beckstein gerade benommen: „Die A13-Religion der deutschen Kirchenbeamten“ am Werk, quasi (wobei Bingener am Samstag [9. November] in einem kleinen Kommentar bemerkenswerterweise diesen Verlauf praktisch vorhergesagt hatte (S. 10): Quod erat demonstrandum!)

Und da drängen sich dann zwei Beobachtungen auf:

1) (Neu-) Evangelisierung geht so bestimmt nicht. Oder denkt ernsthaft irgend jemand, man könne mit dieser bloßen Weltverdoppelung, obendrein in der peinlichsten Form politischen Personalgeschachers, geistlich bzw. spirituell irgendeinen Hund hinter dem Ofen hervorlocken? „Kommt alle zu uns! Hier geht es zwar genauso besch… zu, wie in der Welt, die ihr schon kennt, aber wir haben da noch ein paar nette, alte Geschichten auf Lager, die wir zwar selber nicht mehr so recht ernstnehmen, aber sie sind zu Weihnachten ganz kuschelig.“
Wohl eher nicht.

2) Und daran anschließend: Worüber soll ich denn mit solchen Menschen „ökumenisch“ reden? Es scheint mir höchste Zeit, den allseits ad nauseam (=bis zum Schlechtwerden) beschworenen „Zwang zur Ökumene“ einmal in diesem Licht zu sehen. Ich möchte mich nicht mit „Kirchenbeamten“ unterhalten, jedenfalls nicht, wenn sie gar nichts anderes mehr sein wollen. Diese Bemerkung zielt wohlgemerkt nicht primär auf die protestantische Seite (die muß selber sehen, was sie tut), sondern auf diejenigen in unserem eigenen Laden, die uns immer genau dies als Vorbild empfehlen, wie z.B. das nichts und niemanden außer sich selbst repräsentierende ZdK.
Oder auf einen Stadtdekan, der sich schon jetzt in „schönster“ Zivilkleidung als Mitglied eines Domkapitels in einer Pressekonferenz rumlümmelt, wie um zu demonstrieren, daß er schon vor Jahren die Abschaffung der konfessionellen Spaltung durch weitmöglichstes „Abschleifen“ alles Katholischen empfohlen hat.

Warum hören wir solchen Leuten überhaupt noch zu? Es ist lächerlich!

Zum Ende sei hinzugefügt: Ich kenne und schätze (lutherische) Protestanten, die leiden unter diesem Syndrom mehr und heftiger, als wir es naturgemäß je können, die mühen sich, etwas zu tun, gegen die „Diktatur der OberkirchenrätInnen“ (nicht meine Wortschöpfung!).

Unterstützen wir sie! Außer im Gebet geht das am besten – indem wir katholisch bleiben.

Gereon Lamers

PuLa-Reloaded: Das untilgbare Prägemal

Der folgende Text, ursprünglich ganz früh, nämlich am 2. Dezember 2012, als Sketchlet zum Advent veröffentlicht (hier) ist zunächst einmal genau das: ein Schafsketch(let): Niedlich, wenn man sich auf die Vorstellung einläßt, und lustig.

Aber das ist nur die eine Seite. Denn wie es uns damals mit dem, was da wirklich gesagt wird, ernst war, in Bezug auf das nähere Umfeld und auf die Kirche in Deutschland, so ist es das immer noch!

Ich will dieses Reload nicht überfrachten, aber es ist und bleibt ein Skandal, wie hierzulande Kirchenzugehörigkeit an den Mammon geknüpft wird! Und zwar auch ein kirchenrechtlicher. Erneut kümmert sich die DBK nicht um das, was aus Rom kommt, bzw. tut alles, um sich de facto darum herum zu winden.

Dieser Absatz war 2012 unser zweites PS und ist unverändert gültig:

Ich persönlich habe zu der traurigen aktuellen Diskussion über das deutsche Kirchensteuer(un)wesen bisher nichts besseres gefunden, als den luziden Aufsatz von Georg Bier in der HERDER-Korrespondenz (die ja bekanntlich nicht gerade ein „dunkelkatholisches Kampfblatt“ ist…). Nach der Lektüre haben Sie das Problem verstanden, aber keine bessere Laune 🙁  […]

Der Aufsatz ist glücklicherweise nach wie vor zugänglich und soweit ich es erkennen kann, hat sich an der Sachlage nichts geändert (vgl. auch hier).

Aber etwas hat sich geändert und dazu beigetragen hat ausgerechnet der sog. “Synodale Weg”.
Es ist nämlich durchaus nicht selbstverständlich, wenn ein deutscher Ortsordinarius (und nicht irgendeiner) so etwas sagt:

Frage: Trägt die Kirchensteuer nicht zur Verbürgerlichung bei?

Das ist ein sehr wunder Punkt. Vielleicht müssen wir von der Kirchensteuer befreit werden, um wieder christlicher zu werden – im Sinne der Entweltlichung Benedikts XVI.

“Befreit”!!
So Bischof Voderholzer (Regensburg) vor wenigen Tagen in einem Interview mit der NZZ (hier)

Danke, Exzellenz!

Gereon Lamers

 

Aber jetzt,
Enjoy: 🙂

Das untilgbare Prägemal

Einer schönen Tradition folgend, wollen wir auch in diesem Jahr an den Adventssonntagen zu den Wundersdorfer Schafen schauen:

Frühwinter ist es auf den Schafweiden rund um Wundersdorf und bis in den späten Vormittag hinein überzieht Rauhreif die Wiesen und Äcker mit weißlichem Glitzern. Doch die uns wohlbekannten Schafe haben heute morgen keinen Sinn für die Pracht der Natur: Wolle, Flocke, Kohle und die anderen haben Grauchen in ihre Mitte genommen und diskutieren ganz offenbar in aller äußerlichen Kälte ein heißes Thema.

 

Das untilgbare Prägemal

Ein Sketch für sieben Schafe, einen Hütehund und beliebig viele Schafstatisten

 

Kohle (aufgebracht zu Grauchen): Kein Hirte kann dich aus der Schafschaft ausschließen!

Wolle (ebenso): Kein Hirte und auch sonst kein Mensch!

Tatze (der beständig die Gruppe umrundet): Wuff! Nicht mal ein Hund könnte das!

Flocke: Daß wir Schafe sind, ist ein Character indelibilis!

Blütenweiß (zu Fixi): … ein untilgbares Prägemal.

Huf (kommt herangesprungen, mit im Moment völlig deplazierter Fröhlichkeit): Hey! Was macht ihr denn alle für lange Gesichter!

Fixi (gedämpft): Halt mal grad die Klappe.

Huf (sofort leise und mitfühlend): Was ist denn los?

Fixi (nimmt Huf ein wenig beiseite, während die anderen Schafe lautstark weiterdiskutieren): Sie wollen Grauchen aus der Schafschaft ausschließen, weil sie keine Milch mehr geben will.

Huf: Wer will das?

Fixi: Das DOH.

Huf: Wer?

Fixi: Das „Deutsche Oberhirtentum“. Das ist so eine Versammlung und die bestimmen das.

Huf (platzt heraus): So ein Blödsinn! Einmal Schaf – immer Schaf, das weiß doch jedes Lämmchen!

Fixi: Hm, klar! Bloß das DOH nicht.

Huf: Und warum?

Fixi: Weil sie keine Milch …

Huf: Stimmt, hattest du gesagt! (Huf denkt nach; nach einer kleinen Pause) Und warum will sie keine Milch mehr geben?

Fixi: Sie sagt, es paßt ihr nicht, daß damit so viel Käse gemacht wird.

Huf: Ok, ist ihr gutes Recht!

Tatze (will die beiden Lämmchen wieder näher bei der Gruppe haben): Kommt mal wieder ran, ihr zwei. (Er treibt sie zur Herde zurück.)

Kohle: Ich sage immer: Die Milch ist für unsere Lämmchen da! Ohnehin eine Unsitte, uns so auszuquetschen!

Huf: Wir sind doch hier nicht im Stift Melk!

Flocke: Ob wir vor der Kirche demonstrieren sollten?

Grauchen (resigniert): Was willst du denn skandieren?

Fixi: „Wir sind die Schafe!“ zum Beispiel.

Wolle (leise und fassungslos): Es geht ihnen nur um die Milch …

Flocke (zögerlich und unsicher): Das glaube ich nicht …

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Tja – so geht’s zu auf den Wiesen rund um Wundersdorf und bloß gut, daß bei uns in Weimar ja ohnehin niemand auf die Idee käme, unter „Kirche“ vor allem das Materielle zu verstehen 😉 , doch der aktuelle Bezug geht ja auch weit darüber hinaus, leider!

„no-one notices the customs slip away” (2/2)

Was hat Al Stewart mit Eugen Drewermann zu tun? 

Der Titel des Beitrags ist einem 45 Jahre alten Song von Al Stewart entnommen. Das Lied „On the border“, dessen Anspielungen sich eigentlich auf baskische Separatisten und Vorgänge in Simbabwe (damals noch „Rhodesien“) beziehen, beschreibt das Wegrutschen von Bräuchen und Traditionen. Man sieht die Veränderungen nicht von Tag zu Tag – aber irgendwann sind sie irreversibel. Leere Hüllen bleiben, obsolet und irgendwann vergessen.

Gerade in der katholischen Kirche müssen wir derzeit zusehen, wie Traditionen zur leeren Hülle erklärt und gewaltsam abgeschafft werden sollen: „Traditionis Custodes“ …
So konnte aber auch etwa Eugen Drewermann beim ökumenischen Kirchentag im Mai 2021 von der Sinnlosigkeit ererbter, erlernter Gebete sprechen (hier, ab min. 11.00) – eine Einschätzung, die ich aus eigener Erfahrung nicht teile.
Meiner Ansicht nach sind diese Gebete nicht sinnentleert, sondern wir können sie wieder mit Leben füllen – gemeinsam wie individuell. Da neue Abläufe und Positionen (nicht: tradierte Inhalte in neuen Formen – das gab es ja immer) nolens volens der Erinnerungstiefe entbehren, sind sie häufig inhaltsärmer. Vor diesem Hintergrund erscheinen mir persönlich gerade die alten Muster sinnreicher und lebensvoller.

Al Stewarts lyrische Analyse nahm mich ziemlich gefangen, als ich mir das in meiner Kindheit von meiner älteren Schwester häufig gehörte Lied vor einiger Zeit einmal auf YouTube aufrief. „The spirit of the century telling us that we’re all standing on the border.“ Nicht nur das Durch-die-Finger-Gleiten wertvoller kultureller Schätze, sondern auch das Zeitgefühl unserer Tage, in denen uns manche Zeitgenossen an der Schwelle zu Totalitarismus und Diktatur, andere an der Schwelle zur vollständigen digitalen Überwachung, alle aber irgendwie in einer Umbruchszeit sehen – auch dieses Zeitgefühl ist in diesem Songtext eingefangen. Und das empfinde nicht nur ich so. Auch ein sehr junger Freund unserer Familie, für den das Lied neu war, hat mir diese Einschätzung bestätigt. Ich möchte meinen Beitrag darum damit schließen. Den Text drucken wir aus Servicegründen hier ebenfalls ab.

Enjoy: 🙂

 

Cornelie Becker-Lamers

 

Al Stewart, On The Border (1976; aus dem Album Year Of The Cat)

The fishing boats go out across the evening water
Smuggling guns and arms across the Spanish border
The wind whips up the waves so loud
The ghost moon sails among the clouds
Turns the rifles into silver on the border

On my wall the colours of the maps are running
From Africa the winds they talk of changes coming
The torches flare up in the night
The hand that sets the farms alight
Has spread the word to those who’re waiting on the border


In the village where I grew up
Nothing seems the same
Still you never see the change from day to day
And no-one notices the customs slip away

Late last night the rain was knocking at my window
I moved across the darkened room and in the lampglow
I thought I saw down in the street
The spirit of the century
Telling us that we’re all standing on the border

In the islands where I grew up
Nothing seems the same
It’s just the patterns that remain
An empty shell
But there’s a strangeness in the air you feel too well

[Chorus]

„no-one notices the customs slip away” (1/2)

Was hat Al Stewart mit Eugen Drewermann zu tun? 

Oktober. Rosenkranzmonat. Auch in der christlichen Glaubenspraxis ist das meditative Gebet tief verwurzelt. Wissen wir. Aber es gab noch mehr als das. Und das wissen wir vielfach nicht mehr.

Die Beschäftigung mit älteren Texten zeigt nämlich, daß im Deutschland des 17. Jahrhunderts auch eine Verbindung geistlicher Inhalte mit körperbezogenen Praktiken ausgearbeitet worden war. Die Übung dieser Praktiken aber ist uns leider durch die Finger geronnen wie so vieles, das irgendeiner Generation unserer Vorfahren plötzlich der Weitergabe nicht mehr wert schien. Es könnte vielen Menschen etliche Therapiestunden ersetzen, wenn sie wieder breiter bekannt gemacht würde. Der folgende Text wird den Körper einbeziehende meditative Praktiken, wie Friedrich Spee sie in seinem „Güldenen Tugendbuch“ entworfen hat, in aller Kürze vorstellen. Vielleicht reicht das ja für den einen oder die andere schon als Anregung, zu erweiterten Gebetsformen unserer Tradition zurückzufinden und sie neu mit Leben zu füllen.

Bei der Beschäftigung mit Brahms‘ romantischer Klage „In stiller Nacht“, deren Text sich als drastische Verkürzung eines frühneuzeitlichen Gründonnerstagsgedichtes entpuppte, stieß ich in dem Buch „Geistliches Wunderhorn“ (im folgenden GW) auf den Hinweis zu Friedrich Spees „Güldenem Tugendbuch“. Dieses 1649 posthum erschienene, vermutlich aber bereits 1627/28 verfaßte Werk des 1591 geborenen Jesuiten widmet sich u.a. ausführlich der Tugend der Hoffnung und verzeichnet an dieser Stelle das Gedicht „Bey stiller Nacht“.

Sie erinnern sich: „Bey stiller Nacht“ (Text hier) imaginiert den zu Tode geängstigten Christus im Garten Gethsemane, der seinen Vater um den Erlaß des schmach- und leidvollen Todes bittet. Als dieser ablehnt und den Sohn zu ermutigen versucht, stellt Jesus sich seine Mutter vor und klagt ihr sein Leid. Kreuz und Marterwerkzeuge imaginiert er zuletzt so eindringlich, daß das lyrische Ich vor Mitleid vergeht und die compassio auch des ganzen Kosmos spürt: „Die Sterne lan/ ihr Glitzen stahn,/ mit mir sie wollen weinen.“

Dieses Gedicht, wie früher üblich zum lauten Vor-sich-hin-Sprechen verfaßt, steht im Zusammenhang eines ganzen „seelsorglichen Übungsprogramms“ für einen Menschen „in grosser betrübnuß und bedrangnuß des hertzens“ (Zitat durch Alex Stock, GW S. 209). Wer nicht mehr aus noch ein weiß, nirgends Rat und Trost finden kann oder zu erbitten wagt, wen die Sorge förmlich umtreibt und wen es „seines stands gerewet“ (ebd.), der stelle sich, so die Unterweisung des Tugendbuches, Jesus am Kreuz leibhaftig vor Augen. Christus selber wird dann bald zum Betenden zu sprechen beginnen:

„Was wiltu machen? Gehe in dein kämmerlein, setze dich da nider zu meinen füssen, ò mein hertziges, außerwehltes kind: Weine, vnd weine; Laß fliessen dein hertz, vnd augen: laß winden und wehen deine seufftzer, laß gehen in lufften deine begierden: zu mir, zu mir solt schreien vnd klagen, ich werd erhören dein gebett, dein gebett werd ich erhören.“ (Zitat ebd.)

Aus dem 14. Jahrhundert und möglicherweise aus der Feder Papst Johannes XXII. stammt ein Gebet, das ebenfalls um die eigene Stärkung angesichts der Leiden Christi bittet: „passio Christi conforta me“ (Leiden Christi, stärke mich), heißt es zu Beginn der zweiten Strophe. Ich liebe diesen Text und bete die Worte in jeder Messe mehrfach. Die lateinische, besser zu vertonende Originalfassung habe ich vor Jahren für die Cäcilini in eine ganz schlichte und einfache Melodie verpackt. Vor gut drei Jahren haben wir sie während der Heiligen Kommunion in einem Hochamt gesungen. Enjoy: 🙂

Spees „Güldenes Tugendbuch“ geht noch weiter als der spätmittelalterliche Gebetstext. Es bleibt nicht bei den Worten stehen. „Die Übung der Einbildungskraft geht in eine Übung des Körpers über“, stellt Axel Stock fest und beschreibt die „unmittelbar atemtherapeutische“ Wirkung des immer und immer wieder laut geseufzten Gebets. Denn Spee präzisiert seine performatorischen Anweisungen zum heilsamen Beten: „Die seufftzer aber sollen nit anders gehen, als: Ach Jesu! Ach Jesu, gar langsam vnd tieff, so blaset sich vill betrangnuß allgemach vom hertzen, wie offt durch die erfahrnuß beweret worden ist.“ (Zitat in GW S. 210) Zuletzt wird zur Indienstnahme der Musik geraten, die durch „trawrige Liedlein“ das Überfließen des Schmerzes in die tröstenden Tränen besonders gut befördern kann.

Als Pfarrer Preis Ende Juni dieses Jahres im Hochamt in Herz Jesu Weimar an die Lesung des Tagesevangeliums Mk 5, 21-43 – der Geschichte von der Tochter des Jaïrus und der blutflüssigen Frau – Bemerkungen über verschiedene Definitionen von Gesundheit anschloß, stellte er neben die Definition der Weltgesundheitsorganisation (Gesundheit als „Zustand völligen körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“) eine andere: nämlich Gesundheit als Fähigkeit zum Umgang mit Störungen. Das fand ich großartig und mußte damals sofort an Spees „Güldenes Tugendbuch“ denken, das so viele praktische Hinweise zur Bewältigung von Störungen und Trauer bereithält.

Ich wollte auf diese Inhalte bereits im Kontext von Gereons Ausführungen zur Lehre von den letzten Dingen hingewiesen haben. Wie tröstlich ist die Eschatologie in der Trauer angesichts des fremden und in der höchsten Angst angesichts des eigenen Todes. Priester sollten sie in Requien, aber auch in Lebenskrisen, wie sie die Coronamaßnahmen bei so vielen von uns durch die unzähligen und langanhaltenden Verbote existentiellster Lebensvollzüge ausgelöst haben, durchaus wieder häufiger und eindringlicher zur Sprache bringen. Spees „Tugendbuch“ zeigt, wie tief auch in der christlichen Glaubenspraxis nicht nur das meditative Gebet (Rosenkranz, Allerheiligen- oder Lauretanische Litanei …) sondern auch eine Verbindung geistlicher Gehalte mit beispielsweise atemtherapeutischen Körperübungen verankert war.

Lassen Sie uns vernachlässigte oder gar verschüttete Gebetsformen wiederfinden und erhalten. Lassen Sie uns die Traditionen, die einst Europa formten und zusammenhielten, mit neuem Leben füllen und unsererseits weitergeben!

 

Cornelie Becker-Lamers

Fortsetzung folgt …

 

… morgen mit einem Liedtext aus der Populärkultur, der das Thema durch zusätzliche Aspekte noch unterfüttern wird und die Überschrift erklären wird. 😉

 

PuLa-Reloaded: “Die dunkelste und wagemutigste aller Grenzüberschreitungen”

Der folgende Text, ursprünglich veröffentlicht am 1. September 2011 (hier) wurde geschrieben, ganz in der Vorfreude auf den Papstbesuch wenige Tage später.
Inhaltlich gibt es, mehr als 10 Jahre später im Grunde nichts hinzuzufügen zu dem, was uns damals bereits ausgerechnet Slavoj Zizek, ein marxistisch inspirierter, postmoderner Philosoph bescheinigt hat: Lesen Sie es unten nochmal nach.

Eines hat sich allerdings seit damals dramatisch verändert. Der heutige Papst hat sich seit genau dem 16. Juli 2021 endlich auch offen dazu bekannt, daß er “traditionsverbundene Katholiken […] als eine zum Aussterben verurteilte Rand- und Resterscheinung” versteht, ja, daß er genau das herbeiführen will.

Das ist sehr traurig und wird seinem Andenken in der Geschichte der Päpste schweren Schaden zufügen, aber, und das ist viel wichtiger, er wird selbstverständlich Unrecht behalten. Beten wir für ihn, daß (um seinetwillen) rechtzeitig seine Augen geöffnet und sein Herz bewegt werden, gerade heute, an einem Tag, an dem wir auch seines großen heiligen Vorgängers Pius V. gedenken, der die Form der Messe kodifiziert hat, die sein Nachfolger leider nicht mehr in ihrem dauerhaften Wert zu erkennen vermag! 

Und bis dahin nehmen Sie doch das folgende auch als Ermutigung, den großen Chesterton wieder einmal zu lesen!

Enjoy: 🙂

“Die dunkelste und wagemutigste aller Grenzüberschreitungen”

„Der bekannte radikale Philosoph Slavoj Zizek weist seine Zuhörer regelmäßig darauf hin, daß es in unserem Zeitalter der ‚abgesegneten Grenzüberschreitungen‘ nichts gibt, das ganz so radikal ist wie das, was G.K. Chesterton die ‚aufregende Liebesgeschichte Orthodoxie‘ nannte. So wird in unserem trunkenen Zeitalter die Orthodoxie für Zizek (den kämpferischen Atheisten) wie für Chesterton (den traditionellen Katholiken) zur ‚dunkelsten und wagemutigsten aller Grenzüberschreitungen‘.“

So schrieb Ashley Woodiwiss schon 2005 in Christianity today (und es darf gerne jeder an meiner Übersetzung rummäkeln; wenn er denn bessere Vorschläge hat 🙂 , Originaltext unten)

Wer mit den Werken des großen Chesterton ein bißchen vertraut ist, weiß natürlich; „Orthodoxie“, das meint hier weder die orthodoxen Kirchen, noch im engeren Sinne die „rechte Lehre“, sondern das, was Chesterton selbst „den Glauben der Apostel“ (the creed of the apostles) nannte. Traditionelles christliches Denken und Handeln, Einstellungen und Lebensführung (was er, klar!, in der römischen Kirche und ihrer Lehre idealtypisch verwirklicht sah).

Für Woodiwiss war das der Aufhänger, um über die überaus interessante angelsächsische theologische Strömung der Radical Orthodoxy zu berichten (vgl. letzter Satz englisches Original); es lohnt sich sehr, den ganzen Artikel zu lesen!

PuLa hingegen möchte seine Leser bitten, sich das einen Moment auf der Zunge zergehen zu lassen: Da bescheinigt uns ein prominenter Vertreter der postmodernen Philosophie (über die man viel sagen kann, aber zeitgenössisch ist sie ganz gewiß) in ironischer Weise nichts weniger, als daß wir heute eigentlich die einzig Interessanten seien! Daß es eine mutige, nein, fast die mutigste Haltung ist, die man heutzutage einnehmen kann, z.B. die christliche Ehe zu verteidigen. Daß wir vor allem eines nicht sind: langweilig.

Langweilig sind nämlich die, die immer noch nicht verstanden haben, daß sich die Kämpfe wie die Versprechen der Moderne mittlerweile schlicht erledigt haben. Das (philosophische) Denken hat sich gewandelt und, siehe, nachdem der Staub sich verzogen hat ist das traditionelle Christentum noch da und sieht, gerade in den Augen etlicher Betrachter von außen, attraktiver aus, denn je.

Wer also immer noch in den Schützengräben der 60er Jahre steckengeblieben ist, egal auf welcher Seite: „Rauskommen!“ Da fällt schon lange der Schuß nicht mehr.

Und wer sich hat einreden lassen, als traditionsverbundener Christ und als Katholik ganz besonders sei man ja eigentlich eine zum Aussterben verurteilte Rand- und Resterscheinung: „Den Kopf hochnehmen!“ Dann sieht man besser. Unerwartete Verbündete, z.B.

Und mit Joseph Ratzinger/Benedikt XVI empfangen wir bald einen Papst, der intellektuell noch nie in diesen Gräben gestanden hat (weshalb ihn ja „Kritiker“, die ihm geistig nicht das Wasser reichen können, auch nicht einzuordnen vermögen, wie z.B. das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung). Hier in unserer „Diaspora“, wo manche am liebsten immer noch vor allem geistig in Ruhe gelassen werden wollen, dürfen wir ihn empfangen. „Aufwachen und mit-machen!“ Und mit-denken. Und zuversichtlich und treu nach Rom schauen.

Denn dann werden wir alle miteinander wie der Igel fröhlich sagen können: „Ich bin all hier!“

Und wenn jemand möchte, hier noch ein bißchen mehr Zizek (allerdings auch auf englisch).

Originaltext:

(As the popular radical philosopher Slavoj Zizek routinely points out to his audiences, in our age of ordained transgressions, there is nothing quite so radical as what G.K. Chesterton called the „thrilling romance of orthodoxy.“ Thus in our besotted age, orthodoxy becomes for Zizek (the fighting atheist) as for Chesterton (the traditionalist Catholic), „the most dark and daring of all transgressions. We ought not to be surprised then, that at the dawn of the 21st century a movement dubbed Radical Orthodoxy (RO) has emerged at the cutting-edge of theology and postmodern philosophy.“)

 

Gereon Lamers

PuLa-Reloaded: Die Generalprobe

Als der folgende Text am 13. Dezember 2015 ursprünglich erschien, hiergeschah dies im Rahmen der alljährlichen sonntäglichen Sketche im Advent unter dem Reihentitel: “Das Unterstanding”, die wir Ihnen allesamt nur ans Herz legen können. Gerade die Nr. 4/4, hier, erfreut auch außerhalb der Jahreszeit das Herz nicht zuletzt mit einer immer wieder unglaublich gekonnten und witzigen Musiknummer! 

Aber hier ging es um etwas ganz anderes, es ging, erstaunlicherweise, um – Computer! Oder eigentlich doch um etwas ganz anderes?

Lesen Sie selbst: 🙂

Die Generalprobe

Ein Sketchlet für vier Personen

Wundersdorf/ Oderbruch. In der Küche der Familie Langenfeld. Emily und Teresa sind in ihren Zimmern, in der Endphase ihrer Vorbereitungen auf das Krippenspiel. Richard sitzt am Küchentisch, vor sich eine Tasse Tee. Er ist bester Wochenendlaune und möchte sie mit seiner Frau teilen. Die ist gerade damit beschäftigt, die Arbeitsplatten nach einer größeren Backaktion zu säubern.

Richard: Also, weißt du, die Frage nach dem richtigen Betriebssystem treibt mich schon um! Immerhin werden es bald Computer für vier Personen sein, auf die ich zu achten habe – was bedeutet: mehr als vier Geräte! Und jetzt, wo Windows 7 eben doch langsam in die Jahre kommt… Man muß sich Gedanken machen…

Edith (zerstreut): Mhm. (Sie schaut in den Backofen, ruft): Teresa, ich glaube, die Mince Pies können gleich raus. (Nach einem Blick auf die Eieruhr) Noch zweieinhalb Minuten. (Sie spült den Lappen aus.)

Teresa (aus ihrem Zimmer): Wo ist meine schwarze Leggins, Mama? (Sie kommt in die Küche gelaufen, alarmiert): Ist etwa meine schwarze Leggins in der Wäsche?

Edith (überlegt kurz): Nein, Teresa, dunkle 30 Grad ist durch – die Leggins müßte in deiner Schublade sein – schau doch nochmal genau nach. (Sie schiebt Teresa aus der Tür, holt zwei leere SIGG-Flaschen aus der Speisekammer und beginnt die erste mit Leitungswasser zu füllen.)

Richard: Ja, wie gesagt, die Situation entbehrt ja nicht der Ironie: Mit Windows 10 war ja jedem Kundigen klar: „Windows as a Service“ heißt nichts anderes als Umstieg auf ein Rolling Release-Modell! Gleichzeitig nennen sie die neueste Version doch tatsächlich 1511, verstehst Du „November 2015“ du weißt, woher wir das kennen, oder?

Teresa (kommt zurück): Die Leggins ist da nicht!

(Edith dreht den Wasserhahn zu, stellt die Trinkflasche ab und geht mit Teresa in ihr Zimmer. Von draußen): Hier! Das ist sie doch. (Sie kommt in die Küche zurück und macht mit den Trinkflaschen weiter.)

Richard: Naja, oder du weißt es auch nicht, jedenfalls klingt das völlig wie das Schema von Ubuntu, das aber, als Debian-Abkömmling, mit seinem gemächlichen Zyklus eben genau keine Rolling-Release-Distro ist. Das ist doch wirklich ulkig, denn natürlich stellt sich „die Linux-Frage“ gerade wenn man bedenkt: Es werden immer mehr Geräte. (Er schaut kurz aus dem Fenster.) Ok, im Moment gibt es bis nächsten Sommer (mit einem Trick vielleicht auch noch länger!) die Möglichkeit des kostenlosen Umstiegs auf Windows 10, aber im Prinzip kostet es ganz schön und irgendwann will Microsoft natürlich Geld verdienen, is ja klar, und da haben wir von Office im Abo noch gar nicht gesprochen, verstehst du?

(Bevor Edith antworten kann, klingelt die Eieruhr.)

Edith: Teresa! Deine Mince Pies!

Teresa: Kannst du mal gerade? Ich muß mich noch fertig anziehen.

Edith: Ok! (Sie stellt die fertigen Flaschen zurecht und beginnt, die Küchlein aus dem Ofen auf einen Kuchenrost zu bugsieren.)

Richard: Was ich sagen wollte: Es gibt natürlich noch eine ganze Reihe weiterer Aspekte: Immer noch kostet für Windows ja der Virenscanner extra, jedes Jahr. (Er seufzt und trinkt einen Schluck Tee) Jedes Jahr neu, für x Geräte! Da ist eben die Welt bei Linux noch weitergehend in Ordnung! Aber wenn man dort nach einer Rolling Release Distro sucht, landet man halt automatisch bei Arch und seinen Derivaten…

Emily (kommt in die Küche gestürmt): Mama, der Tacker ist leer.

Edith (mit den Küchlein zugange): Linke Schreibtischschublade, hinten rechts.

Richard: … ich meine, Arch ist cool, end-cool! Aber wie stabil ist es wirklich in einer Produktionsumgebung? Du reißt mir doch den Kopf ab, wenn du auf einmal nichts mehr schreiben kannst, weil das Update auf neue Pakete das System lahmlegt, vom Umstieg auf eine neue Kernel-Variante ganz zu schweigen… Ob ich das dann immer schnell genug gepatcht kriege?

Emily (mit zwei verschiedenen Schachteln in der Hand): Welche Größe?

Edith (blickt von ihren Mince Pies auf): Wozu brauchst du’s denn?

Emily (hibbelig): Ich muß die Königskrone noch fertigmachen.

Edith: Ach so! Für den großen Tacker? Die rechte Schachtel.

(Emily hält fragend die richtige Schachtel in die Höhe und stürmt wieder hinaus.)

Edith (für sich): Mit der Krone hätte sie ja auch mal einen Tag eher anfangen können!

Richard: Und dann, nicht zu vergessen, die Frage der Cloud-Integration! Ich meine, ohne geht ja nun mal gar nicht mehr, vor allem für die jungen Leute. Funktioniert onedrive-d auf, sagen wir, Manjaro? Oder Antergos? (Er macht eine Kunstpause.) Klar, es gibt auch andere Cloud-Angebote mit nativen Linux-Clients, aber was Microsoft da auf die Beine gestellt hat ist eben schon verdammt ausgefeilt; allein die Suchfunktion, das geht ja sowas von besser im Browser als mit dem doofen ollen Explorer! Und dann die Web-Apps … Andererseits, wann braucht man die wirklich? Letztlich formuliert man ja doch im lokalen Textverarbeitungsprogramm, so voll ohne Latenz, wenn die Gedanken „etwas schneller“ fließen, hihi …!

Teresa (kommt mit einem Hirtenkostüm in die Küche und stellt sich rückwärts vor ihrer Mutter auf): Kannst du mir mal grade den Reißverschluß zu machen?

Edith: Moment! (Sie läßt das letzte Küchlein auf den Rost gleiten und wendet sich dann Teresa zu.)

Richard: O, Mensch, Teresa, du bist ein toller Hirte, viel Erfolg, das wird gut!

Emily (kommt mit ihrer Königskrone auf dem Kopf in die Küche): Geht das so?

Edith (rückt die Krone ein bißchen zurecht): Ja! Sieht gut aus.

Emily (ruft): Teresa, beeil dich, wir müssen los.

Teresa (von draußen): Soll ich die Stiefel anziehen, Mama?

Edith: Ja, klar – die Kirche ist kalt.

Teresa (kommt auf einem Stiefel in die Küche gehüpft. Während sie den andern anzieht): Kann du das machen mit dem Puderzucker?

Edith: Über die Mince Pies? (Sie lächelt) Ja, kann ich.

Teresa: Danke! (Sie gibt ihrer Mutter einen Kuß.)

Emily (Gibt der Mutter auch einen Kuß; dann, zu Teresa): Los! (Mit einem Blick auf die Uhr) Es ist schon fünfundzwanzig! (Sie stürmen hinaus.)

Teresa (sich entfernend): Ich hasse es, zu spät zu kommen.

Edith: Halt! Eure Trinkflaschen! (Die Kinder kommen zurück, um die Flaschen zu holen.) Fahrt trotzdem vorsichtig! (Sie blickt ihre Kinder eindringlich an.)

Emily und Teresa: Machen wir! Tschüß Papa!

Richard (ruft den beiden hinterher): Tschü-üß! Viel Erfolg!

Emily und Teresa (von weitem): Danke! (Man hört die Haustür ins Schloß fallen.)

(Edith fällt auf einen Küchenstuhl und schaut Richard lächelnd an.)

Richard (kommt zum Thema zurück): Ja, oder man macht den ganz großen Sprung und schafft sich einen eigenen Server an, auf dem OwnCloud läuft, reicht ja ein raspi. Aber dann, dann heißt es Server einrichten, via SSH und Ports öffnen oder schließen, ich meine, mit dem Verfrachten eines raspbian-Images auf die Micro-SD ist es ja nicht getan…

Edith (schlägt sich an die Stirn): Apropos verfrachten! Das Paket an Deine Eltern muß ja auch noch los.

Richard (irritiert): Sag mal – hörst du mir überhaupt zu?

 

Cornelie Becker-Lamers/ Gereon Lamers

 

Ja, so geht’s zu in Wundersdorf! Bloß gut, daß es hier in Weimar gar nicht solche Computer-Freaks gibt… 😉

 

PS (2021): Ganz recht, solche Nerds gibt es in Weimar gar nicht, 😉 aber wie Richard mich hat wissen lassen, haben sich seine Überlegungen im Grunde alle bewährt. Er ist aber jetzt doch weiter, gibt sich mit Arch-Derivaten gar nicht mehr ab und hat stattdessen die ein oder andere Vanilla-Arch-Installation seit Jahren problemlos am Laufen, Respekt, Richard!
Nur die Cloud-Integration ist noch nicht ganz da, wo sie sein soll, aber das ist ein Thema für ein andermal/einen anderen Sketch? 

PPS: Von Windows 10, bzw. 11!!, wollen wir lieber gar nicht erst anfangen!

Gereon Lamers 

Elischeba

Heute ist der Gedenktag von Elisabeth, der Mutter Johannes des Täufers

Erinnern Sie sich? Vor zwei knapp Jahren, am 3. Oktober 2019, begingen die Weimarer Elisabethschwestern den hundertsten Jahrestag ihrer Ankunft in Weimar. Es gab ein Pontifikalamt, einen Festakt und ein Mittagessen und die Cäcilini waren zur musikalischen Umrahmung des Festaktes eingeteilt. Das stand lange nicht fest, weswegen der Schaffensprozeß der passenden Musikstücke einige Umwege machte und die Probenzeit knapp war. Aber natürlich haben die Cäcilini alles geschafft! 🙂 Ich habe das hier damals beschrieben.

Es entstand zuguterletzt zur großen Freude der versammelten Elisabethschwestern aus nah und fern bekanntlich der Liedzyklus „Dreimal Elisabeth. Dreimal Nähe zu Gott“, dessen erstes Lied den Glauben Elisabeths, der Mutter Johannes des Täufers einzufangen versucht. Das zweite geht um Elisabeth, die Thüringer Landgräfin aus dem Hochmittelalter. Und das dritte natürlich über die Motivation der Grauen Schwestern zu ihrem Dienst.

Und damit man die Lieder unterscheiden kann, trägt das erste den hebräischen Namen seiner Heldin, also Elischeba – zu deutsch „Gott ist Fülle“ –, das zweite die ungarische Form des Namens, Erzsébet, und das dritte den Titel Elisabeth! mit Ausrufezeichen. „Erzsébet“ ist schon länger online und Sie können es hier

hören. „Elischeba“ habe ich heute aus Anlaß des Gedenktages für YouTube zurecht gemacht. Hier ist das neue Lied des Cäcilini-Kanals.

 Enjoy 🙂

 

Cornelie Becker-Lamers

PuLa-Reloaded: Da Capo Allioli

Jaja, das heutige PuLa-reloaded kommt einen Tag zu spät, ich geb’s ja zu. Aber als wir gestern nach hause kamen – da war’s eben schon heute 😉 und wir hatten genug über katholischen Content gesprochen, in der “Weimarer Katholischen Stammkneipe”, darauf können Sie sich verlassen (wenn auch nicht unbedingt erfreulichen…).

Dafür paßt das Stückchen besonders gut, denn wie das Reload von letzter Woche vom Beginn der Adventszeit 2014 stammt, so wurde dieses ursprünglich zu deren Abschluß veröffentlicht, hier.

Bevor wir Ihnen aber viel Spaß wünschen: An der damaligen Empfehlung, sich unbedingt eine Allioli-Bibel anzuschaffen hat sich nichts geändert! Ja. die Überarbeitung der “Einheitsübersetzung”, die inzwischen erschien, hat die Dringlichkeit dieses Rats eher noch, na, sagen wir, ‘akzentuiert’?!
Aber jetzt,

Enjoy: 🙂

Da Capo Allioli

Seit dem 1. Dezember hat uns hier auf PuLa die Übersetzung der Heiligen Schrift von Joseph Franz Allioli durch den Advent begleitet.

Allioli 1851, Frontispiz (eigenes Bild)

Allioli 1851, Frontispiz (eigenes Bild)

Wir haben gemeinsam verfolgen können, wie dieser gelehrte geistliche Herr vor rund 180 Jahren ein ums andere Mal glückliche Formulierungen gefunden hat und wie das Original aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts seine mittlerweile ungefähr vier späteren „Bearbeitungen“ regelmäßig „in die Tasche steckt“! Hier auf PuLa werden wir künftig gewiß öfter auf diese große Leistung zurückgreifen!

Allioli 1851, Approbation, S. 1 (eigenes Bild)

Allioli 1851, Approbation, S. 1 (eigenes Bild)

Die nachgerade kaum zu überschätzende Bedeutung, die sein Werk, die von ihm gefundene Sprache dieser ersten päpstlich approbierten Bibel in deutscher Sprache für viele Generationen deutscher Katholiken hatte, steht im krassen Mißverhältnis zu seinem heutigen Bekanntheitsgrad, auch, was das Bildliche angeht.

J. Fr. Allioli (Bild: Wikimedia)

J. Fr. Allioli (Bild: Wikimedia)

Jedoch, dieser Name hat etwas Inspirierendes, gerade, was  das Bildliche angeht;

Voila, Spaghetti Allioli:

"Spaghetti Allioli" (eigenes Bild)

„Spaghetti Allioli“ (eigenes Bild)

Und in Wundersdorf haben unsere Freunde den Adventskalender wohl auch verfolgt, wenn man hier so schaut. 🙂

Mit diesem mittlerweile schon traditionellen „Bildnis des Bloggers mit eigentümlicher Kopfbedeckung“ (vgl. hier, hier und hier) verabschiedet sich PuLa, wenn nicht noch etwas ganz außergewöhnliches passiert, für dieses Jahr von seinen Lesern und wünscht einen guten, gesunden und fröhlichen Jahreswechsel!

PS: Sollte jemand rufen: „Er war schon mal besser rasiert!“, so antworte ich: Schauen Sie sich mal echte italienische Köche an! 😉

Gereon Lamers

PuLa-Reloaded: Die Schafe Egalias

Ok, ok noch ist es nicht soweit, aber die wichtige Grenze von 100 Tagen bis Heiligabend ist, Moment, … genau heute! 😉

Daher fühlen wir uns mehr als berechtigt dazu, ein Adventsskechtlet zu bringen, ursprünglich veröffentlicht am 30. November 2014, hier.

Enjoy! 🙂

Sketchlet zum Advent No 1: Die Schafe Egalias

Auf der uns wohlbekannten Schafweide bei Wundersdorf im Oderbruch herrscht reges Treiben. Einige Schafe fertigen festlichen Weideschmuck aus Heu und getrockneten Blumen, andere schmücken schon die Bäume damit, wieder andere trainieren die Standardsituationen eines Krippenspiels, da sie erst zur Generalprobe in die Kirche geholt werden sollen. Eine kleine Gruppe um Kohle ist in eine heftige und emotionale Diskussion verwickelt.

Um was geht’s?

Die Schafe Egalias

Ein Sketchlet für sechs Schafe, zwei Lämmchen und beliebig viele Schafstatisten

Kohle: Eine himmelschreiende Ungerechtigkeit!

Wolle (kommt neugierig aus der Krippenspielgruppe herangetrabt): Um was geht’s?

Flocke: Kohle hat beim Twittern von der Diskussion um die Frauenquote in den Vorständen gelesen. Und jetzt regt er sich total auf.

Grauchen: Da sieht man’s wieder: Man sollte die Böcke gar nicht twittern lassen!

Wolle (muß nochmal nachfragen): Ja, aber – die Frauen, die wir so kennen, betrifft das doch gar nicht – Edith, Hanna, Silke …

Flocke (unterbricht sie): Es geht ihm ja auch nicht um die Frauen, sondern um sich.

Wolle: Mä?

Kohle (laut): Begreift ihr denn gar nicht? „Rechts werden die Schafe und links die Böcke stehen“, heißt es bei Matthäus [Mt 25, 31-46; hier: 33f. 41]. Und dann sagt der Richter zu denen an seiner rechten Seite: „Kommt her! Euch hat mein Vater gesegnet. Nehmt das Reich Gottes in Besitz, das er seit Erschaffung der Welt für euch als Erbe bereithält!“ Und die auf der linken Seite sind verflucht! (Verzweiflung steht ihm ins Gesicht geschrieben.)

Grauchen: Aber Kohle! Das ist doch metaphorisch gemeint! „Die Schafe und die Böcke“. Das sind doch einfach nur die Guten und die Bösen.

Kohle: Ah ja? Metaphorisch? Und warum sind die Böcke dann die Metapher für das Böse, hm? Neineinein! Es paßt genau zum ganzen Tenor dieser Texte. Denk doch mal nach! Wenn ein Lamm geopfert werden muß, zum Pessachfest oder so, wer ist es, hm? Natürlich wieder ein männliches! (Er macht eine Kunstpause.) Dadurch sind wir überall in den Herden unterrepräsentiert!

Wolle (charmant): Aber, aber! Geht es dir denn so schlecht bei uns? So als Bock im Korb? (Sie blinzelt ihm zu.)

Kohle (ärgerlich): Nein! Mir jetzt konkret natürlich nicht! Aber es geht ums Prinzip! Verstehst du das denn nicht?!

Blütenweiß (sanft): Aber Kohle! Du siehst das völlig falsch! Daß immer nach einem männlichen Lamm gesucht wird zum Opfern – das ist doch eine Ehre!

Kohle (platzt): Eine Ehre? Wir werden umgebracht! Reihenweise umgebracht! (erhobenen Hauptes) Ich fordere eine Quotierung bei den Sündenböcken!

Die Schafe brechen in schallendes Gelächter aus.

Flocke (kriegt sich als erste wieder ein): Entschuldige, lieber Kohle, aber jetzt ist es wirklich gut. Es heißt Sündenbock. Da hört man doch schon am Wort, daß es ein männliches Tier sein muß!

Kohle (verzweifelt): Das ist es ja! Bis in die Sprache hinein ist die Bibel böckefeindlich! Was sage ich – die Bibel! Unsere ganze Gesellschaft!

Grauchen: Aber Kohle! Jetzt bist du es, der ungerecht ist. Denk doch mal an den Ausdruck „Ich hab keinen Bock“. Damit wollen Jugendliche zum Ausdruck bringen, daß sie keine Lust haben. Also ist da „Bock“ doch ein positives Wort. Bock = Lust! Das ist doch toll!

Kohle (mit tränenerstickter Stimme): Toll? Wir werden auf unsere Sexualität reduziert! Als hätten wir nichts in der Birne! Es ist zum Heulen!

Hilflos und betroffen stehen die Schafe um Kohle herum. Sie beginnen langsam zu verstehen, daß es ihm wirklich schlecht geht und überlegen nun fieberhaft, wie sie ihm helfen können.

Wolle (aufmunternd): Da freu dich doch, daß es in unserer Herde immer Krutzi ist, die sich zum Opferlamm stilisiert.

Die Schafe lachen und sehen zu Krutzi hin, die den ganzen Morgen schon mit gerecktem Kopf am Wiesenrain steht und nach dem Hirten Ausschau hält.

Blütenweiß: Ja! Weil Krutzi halt lieber ein Bock wäre!

Flocke (blickt liebevoll zu Fixi und Huf hinüber, die am Bach herumtollen): Völlig unverständlich!

Wolle: Aber es gibt so Schafe, die haben einfach nichts begriffen …

Grauchen (seufzt; dann, resolut): Okay! Aber um Krutzis Probleme geht’s jetzt nicht. Kohle geht es schlecht!

Flocke: Am besten, wir kreisen ihn ein und wärmen ihn ein bißchen.

Blütenweiß (mitfühlend): Ich glaube auch: Mehr können wir jetzt nicht für ihn tun …

Die Schafe kreisen den unglücklichen Kohle ein, wärmen ihn und versuchen ihm Mut zuzusprechen.

Die Schafe (leise, durcheinander): Kooooohliiiiiii! – Wir wissen alle ganz genau, wie tatkräftig du bist … – … und was du alles für die Herde tust! – Denkt mal, damals, auf dem Pritschenwagen …  – Erinnere mich nicht an den Pritschenwagen!

 

ENDE

 

Ach ja, die Schafe! Wie sich doch so manches unserer Probleme in ihrer Herde widerspiegelt! Manches direkt und manches eben auch spiegelverkehrt. Wir blenden uns an dieser Stelle aus der Szene aus und erwarten gespannt, wie es mit Kohles Initiative um eine gerechtere Welt weitergehen wird …

Und für alle, die sich über den Titel dieses Sketchlets wundern, hier die Auflösung: „Die Schafe Egalias“ bezieht sich auf einen zu Recht berühmten feministischen Roman, der in der Bundesrepublik der 80er Jahre maßgeblich zur – sagen wir: – emotionalen Durchdringung der sogenannten „Frauenfrage“ beigetragen hat (hier).

Cornelie Becker-Lamers

(Noch kein) PuLa unterwegs: Glauchau

Mariä Geburt führte uns zu einem lang geplanten Ausflug nach Glauchau (das ist in Südwest-Sachsen, für unsere westlichen Leser) im Tal der Zwickauer Mulde.

Ökologisch völlig korrekt per Bahn angereist, war es ein ganz wunderbarer Ausflug bei ebensolchem Wetter. Acht Stunden haben wir die Stadt zu Fuß erkundet und und uns gewiß nicht eine Minute gelangweilt! Verblüffend fanden wir daher die Einlassungen eines städtischen Bediensteten im Schloß- und Stadt-Museum, der die Stadt für gar nicht interessant erklärte – aber wie sich herausstellte, war das auch kein Glauchauer… 😉 .
Stichwort Glauchauer: wir fanden die Menschen, die wir dort getroffen haben, durch die Bank außerordentlich freundlich und zugewandt! Manchem westlichen Schreiberling, der Sachsen (wie den ganzen “Osten”) pauschal abwertet, würde man dieses Erlebnis gönnen!

Jedoch: Interessante Topographie hin, freundliche Bewohner her, reiche Zeugnisse der Industriearchitektur hin, großes Villenviertel her, erfahrene Leser wissen: Wir können gar nicht unterwegs sein in der Mitteldeutschen Diaspora, ohne nach dem Katholischen Leben vor Ort zu fragen, in Geschichte und Gegenwart! Daraus entstehen dann die Beiträge mit dem Label “PuLa unterwegs” und wir schmeicheln uns, schon so einiges gefunden zu haben, was nicht so ohne weiteres zu erwarten gewesen wäre! 

In Glauchau fanden wir u.a. das hier:

Relief im Innenhof von Schloß Forderglauchau (eigenes Bild)

Schön, nicht? Es handelt sich  (so die darunter angebrachte Tafel) um die Kopie einer Arbeit des Florentiner Renaissance-Künstlers Andrea della Robbia (1435-1525), ein Hochrelief aus Ton mit farbiger Glasur, ,,Maria, das Jesuskind anbetend“.

Nur, wie kommt denn ein so offenkundig “katholisches” Motiv an den Südflügel des Innenhofs von Schloß Forderglauchau (doch, das heißt wirklich so!), wurde doch auch in jener Gegend unseligerweise ab der Mitte des 16. Jahrhunderts die “Reformation eingeführt” und zwar, wie regelmäßig, ganz wesentlich von dem örtlichen Adelsgeschlecht, den dort seit dem 12. Jahrhundert ansässigen Schönburgern

Schloß Forderglauchau, Innenhof, Blick nach Osten (eigenes Bild)

 

Die Antwort ist im einzelnen richtig kompliziert aber grob gesagt ist es so, daß sich, wie bei diesen alten Geschlechtern nicht unüblich, zwei Linien des Hauses herausbildeten, die wiederum in verschiedene Äste mal zerfielen, mal sich wieder vereinten.

Bei den Schönburgern war es auch so und in beiden großen Linien kam es im Verlauf des 19. Jahrhunderts zu Konversionen! Bereits 1822, also in der typischen, romantischen Zeit für derartige Entscheidungen, in der Fürstlichen Linie, dem Ast Schönburg-Hartenstein.

Der Forderglauchauer Zweig der Gräflichen Linie Schönburg-Glauchau aber konvertierte (“erst”)  im Jahr 1869 zum Katholischen  Glauben und richtete sich natürlich im Stammschloß eine Kapelle ein! Und über dem Zugang zu ihr hängt das Relief! 

Schloß Forderglauchau, Südseite mit Kapelle (eigenes Bild)

Und in die Kapelle kamen wir gestern nicht mehr herein, weil – das Museum schloß…

Ohne Bilder aus dem Innenraum kann aber natürlich kein vollwertiges ‘PuLa Unterwegs’ entstehen, womit die eigentümliche Überschrift des heutigen Beitrags schon erklärt wäre, jedoch, es gibt dafür noch mehr Gründe!

Erstens war auch die heutige Pfarrkirche “Mariä Himmelfahrt” ärgerlicherweise verschlossen, ein stattlicher Bau, vermutlich von Anfang der 60er Jahre, gar nicht einmal soo weit vom Stadtzentrum entfernt, und ohne (Innenraum-) Bilder von ihr geht es natürlich auch nicht ab.

Zweitens aber knüpfen sich an die Konversion der “Forderglauchauer” so viel interessante Geschichten, daß wir sie erst ansatzweise übersehen, Geschichten zumal, die auch über Glauchau hinausführen!

Also, das wird noch ein bißchen brauchen, bis wir Ihnen ein “rundes” ‘PuLa Unterwegs’ präsentieren können, bis dahin aber können wir nur wiederholenWie reich und tief die Welt dem wird, der mit dem katholischen Blick auf sie schaut, das haben wir schon anhand dieses (bewußt!) wenig vorbereiteten Besuchs erneut erfahren dürfen und sind darob sehr froh und dankbar! Einen Besuch in Glauchau aber können wir aus vollem Herzen empfehlen!

 

Gereon Lamers