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PuLa-Reloaded: Dove Sveta 

Am 13. November 2016 zuerst erschienen und erster in einer vierteiligen Reihe, die wir jetzt im Zusammenhang bringen, hat uns ‘Dove Sveta’ seither kontinuierlich Freude gemacht – und nicht nur uns!

Daher fällt es heute  glücklicherweise einmal wieder besonders leicht zu schreiben:

Enjoy! 🙂

Dove Sveta (1/4)

Ein Sketch für drei Personen, fünf Schafe, zwei Lämmchen und eine Menge Heiliger

Wundersdorf, Oderbruch. Ein wenig abseits der uns wohlbekannten Schafweide stromern Fixi und Huf, Kohle, Flocke, Wolle, Grauchen und Blütenweiß den planierten Feldweg entlang. Kohle und Fixi tragen Phablets vor sich her, die ihnen als Navigation zu dienen scheinen.

Die Schafe mit Navigation um die eigene Weide herum? Was soll das nun schon wieder? Das fragen sich wohl auch die drei Mitglieder der Familie Langenfeld, die da gerade vorn an der Weggabelung sichtbar werden.

Teresa (stürmt auf die Lämmchen zu): Fixiiiii! Huuuuuf! (Sie umarmt die beiden, die ihr blökend entgegengesprungen sind.)

Kohle (freudig): Hallo Richard, hallo Edith! (weltmännisch) Das ist ja eine Überraschung!

Richard (streichelt den Schafen nacheinander übers Fell): Hallo Schafe! Das wollten wir auch gerade sagen.

Edith (krault Blütenweiß hinter den Ohren): Was rennt ihr denn hier mit euren Riesensmartphones herum?

Huf: Das sind sogenannte Phablets.

Flocke: Wir testen gerade eine neue App.

Blütenweiß: Wo ist Emily?

Edith (seufzt): Zu viel zu tun für die Schule.

Richard: Was für eine App?

Grauchen: „Dove Sveta“.

Teresa: Doofes was?

Kohle: „Dove – Sveta“.

Teresa: Ah! Ich hatte „Doofes Wetter“ verstanden.

Fixi: Ja … äh … das schwingt auch mit.

Huf: Es ist ein Wortspiel.

Flocke: Wenn doofes Wetter ist, spielt man „Dove Sveta“.

Richard (lüpft eine Augenbraue): Aha. Und was soll das ganze sein?

Wolle (wichtig): Es handelt sich um nichts Geringeres als die spirituelle Urform von „Pokémon GO!“

Edith, Richard und Teresa (wie aus einem Munde): „Pokémon GO!“ ???

Kohle (scheinbar ganz schlicht): Ja, „Pokémon GO!“

Richard: Was habt ihr denn mit „Pokémon GO!“ zu schaffen?

Edith: Und wieso kennt ihr das überhaupt?

Blütenweiß (mit aufflammender Empörung): Man kriegt ja damit zu tun – ob man will oder nicht!

Flocke: Wußtet ihr das gar nicht?

Edith: Was?

Grauchen: Auf unserer Weide war doch ein PokéStop .

Richard (kann es kaum fassen): Auf eurer Weide … war … ein PokéStop? (Er beginnt zu lachen.)

Blütenweiß: Das ist überhaupt nicht witzig!

Kohle: Weißt du, wie nervig das ist, wenn alle naselang irgendwelche Pickelgesichter über den Weidezaun klettern, unser Futter zertrampeln und alles mit leeren Energy-Drink-Dosen zumüllen?

Richard (hat sich wieder gefangen): Entschuldigung! Das ist natürlich schrecklich!

Edith: Aber davon hatten wir ja keine Ahnung!

Wolle: Da seht ihr mal, wie lange ihr nicht hier draußen wart!

Edith: Das ist aber auch wahr! Wir haben unglaublich lange nichts voneinander gehört.

Teresa: Aber warum sind alle über den Weidezaun geklettert?

Flocke: Wir denken, das Biest saß an der Tanne.

Richard: Frechheit!

Edith: Und? Wie seid ihr es los geworden?

Grauchen: Kohle war beim Hirten.

Richard: Du hast dich beim Hirten beschwert?

Kohle (einfach): Ja, klar! Er ist doch für uns zuständig.

Edith: Und was hat er gemacht?

Kohle: Ich glaube, er hat an Niantic gemailt, daß sie den Quatsch lassen sollen.

Flocke: Und offenbar haben sie den PokéStop rausgenommen, denn nach einigen Tagen hörte der Spuk auf.

Richard: Apropos Spuk – wie ist das mit dieser neuen App zu verstehen? Stichwort „spirituelle Urform von Pokémon GO!“?

Kohle (stolz): Meine Erfindung! Hört zu:

Fortsetzung folgt (morgen)

Cornelie Becker-Lamers

PuLa-Reloaded: Martin Mosebach und die Literaturpreisverleihung

Martin Mosebach erhielt am 23. Juni 2013 den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, der traditionell in Weimar verliehen wird (weil Weimar Weimar ist und Bernhard Vogel das so eingestielt hat) und ungeachtet der Tatsache, daß wir keine Fans des Romanciers Mosebach sind, als Essayist ist er eine wichtige Figur des deutschen traditionellen Katholizismus, hat er ganz unbezweifelbare Verdienste erworben! Deshalb hat PuLa über dieses Ereignis natürlich berichtet und dabei auch Anlaß gefunden, über den stes sprungbereiten Antikatholischen Affekt in der sich “besser” dünkenden Gesellschaft (hier repräsentiert durch das deutschsprachige Feuilleton) zu sprechen.

Acht jahre später ist Mosebach, der gerade in einem von ihm unterstützten Institut der Tradition seinen 70. Geburtstag gefeiert hat, erneut sehr präsent, auch international, mit seinen Einlassungen in Bezug auf ‘Traditionis Custodes’ und den sog. ‘Synodalen Weg’ und gerade in den letzten Tagen mußten wir erleben, wie eine ehemals (…) große deutsche Volkspartei sich im Wahlkampf nicht entblödete, in Muster des Antikatholizismus und der Vulgäraufklärung zu verfallen, die man zumindest so prominent dann doch nicht erwartet hatte. 

Daher paßt vor allem der zweite Teil des Titels, den wir damals gewählt haben, nach wie vor nur allzugut; lesen Sie:

Provinz? Eher nicht! Feinde? Aber sicher!

Ach ja! War das ein schöner Tag, dieser Sonntag, der 23. Juni. So recht dazu angetan, einen für ein paar Stunden vergessen zu lassen, daß wir in unserem Weltkulturdorf Weimar eben doch in der Provinz leben.

Bloß gut, daß es stets genug Menschen gibt, die einen zügig wieder daran erinnern!

Wobei, auf den Begriff ‚Provinz‘ wird noch zurückzukommen sein.

Ausgelöst hat diese temporäre Hochstimmung die diesjährige Verleihung des Literaturpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung. Die 21. schon, nebenbei bemerkt und ich war unglaublicherweise schon bei der ersten im Jahr 1993 dabei; Uff! 😉

Die fand noch im Hotel ‚Russischer Hof‘ statt, da war der Neubau des Musikgymnasiums Belvedere, wo diese Veranstaltung jetzt ihre Heimat gefunden hat, nämlich noch gar nicht errichtet. Bei der Einweihung desselben 1996, an die ich mich auch gut erinnere, da hatte die Deutsche Bank noch Chefs, mit denen man sich als bürgerlicher Mensch gerne zusammen sehen ließ…

Musikgymnasium Schloß Belvedere, Neubau (Bild: Wikipedia, Most Curious)

Aber bevor wir in Nostalgie versinken: Es war auch heuer wieder richtig schön. Das Wetter (das diese Veranstaltung eigentlich nie im Stich läßt) wurde im Verlauf immer besser, die Reden und die guten Gespräche in der hier einmal gelungenen Mischung alter und neuer Architektur, und die bewährte Gastfreundschaft der bundesweit renommierten Schule, einfach angenehm!

Und was hat das mit „Katholisch in Weimar“ zu tun, bzw., wo liegt der Obligatory Catholic Content (OCC)?

Im Preisträger! Es handelte sich nämlich um Martin Mosebach, den Frankfurter Romancier, der sich mit der „Häresie der Formlosigkeit“ (2002) und zuletzt mit „Der Ultramontane, Alle Wege führen nach Rom“ (2012) große Verdienste erworben hat um diejenigen Teile des deutschen Katholizismus, die sich nicht bloß noch in dessen ebenso harm- wie auswirkungslosen Rückzugsräumen bewegen wollen… (Unvergessen auch seine „12 Fragen an Kardinal Lehmann“ aus dem Jahr 2009, hier!).

Aus seiner Dankesrede sei hier nur ein Satz zitiert: „Auf dem Weg durch die nachrevolutionären Jahrhunderte haben die Menschen Gewicht abgeworfen, die Schuldunfähigkeit, die sie sich attestieren, hat sie federleicht gemacht.“

Schön, nicht? Woher kennen wir nur auf PuLa schon diesen Gedanken des inneren Zusammenhangs von spezifischen Unfähigkeiten mit dem Phänomen der Leichtgewichtigkeit?  Woher nur?

Jedenfalls spielte Mosebachs Katholizismus auch in allen Reden, die an diesem Tag gehalten wurden, eine Rolle, obwohl das natürlich anläßlich der Verleihung eines Literatur-Preises nicht im Vordergrund stand.

Musikgymnasium Schloß Belvedere, Westansicht mit Altbau (Bild: wikipedia, Most Curious)

Die Reden können Sie übrigens nachhören, die KAS hat die Audiofiles zur Verfügung gestellt (hier). Ich empfehle, neben der Ansprache des Preisträgers natürlich, besonders die Laudatio von Professor Heinrich Detering, Göttinger Germanist und Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung (die charmanten Eingangsworte, man solle seine Bemerkungen lediglich als „Nachtrag zu den Ausführungen der Ministerpräsidentin“ betrachten, die müssen Sie allerdings nicht zum Nennwert nehmen).

Diese Rede von Professor Detering war hinsichtlich dessen, was uns hier interessiert, gleich in mehrerer Hinsicht bemerkenswert, aber hier möchte ich nur auf eines eingehen, auch wenn das leider geeignet ist, die gute Stimmung in der Erinnerung an die schönen Stunden zu trüben.

Detering erinnerte nämlich an den Ausspruch der österreichischen Kritikerin Sigrid Löffler, Mosebach sei ein „Ayatollah des Katholizismus“. Und auch wenn ich diesen Ausdruck so nicht habe finden können, es kann gar kein Zweifel daran bestehen, daß Frau Löffler genauso denkt, wenn man z.B. ein Interview nachliest, das sie anläßlich der Verleihung des Büchner-Preises an Martin Mosebach im Jahr 2007 gegeben hat (hier).

In diesem Interview machte Frau Löffler den Stil von Martin Mosebach in einer Weise runter (anders kann man das nicht ausdrücken), die sogar für die bekannt ruppigen Töne der österreichischen Literaturkritik bemerkenswert ist: Hier werde in einem „verschmuckten und gespreizten Prunkstil geschrieben“, einer „gewollten Schönschreiberei gehuldigt“ und sich „aus der bürgerlichen Mottenkiste des 19. Jahrhunderts“ bedient. Ein „ Poseur“ sei da am Werk, dessen „sprachliche Hochstapelei“ „ständig ins Lächerliche abstürze“.

Nun ja, ich kann das anhand des allerdings bisher nur wenigen, was ich von Mosebachs literarischen Werken gelesen habe, nicht nachvollziehen aber das soll ja auf einem katholischen Blog auch nicht das Thema sein.

Frau Löfflers Grundthese, wie sich bald herausstellt, hat nämlich auch mit ästhetischer Kritik gar nichts zu tun. Diese These besteht in der Behauptung, Matin Mosebach habe den Büchner-Preis gar nicht für sein Schreiben, sondern für seine „konservativ-reaktionäre“ Gesinnung erhalten. Um diese Haltung zu belegen wird, offenbar unvermeidlicherweise, zu einem ganz frühen Zeitpunkt auch der „vorkonziliare Katholik und Befürworter der lateinischen Messe“ bemüht, ebenso wie der „Feuilletonkatholik“. Der Zeitgeist habe sich gewandelt: „Womit man sich vor 15 Jahren vielleicht noch unmöglich gemacht hat, das gilt heute als salonfähig.“

So geht das munter weiter, mit dem Ausdruck der rechten, also linken Gesinnung, nicht angekränkelt von irgendeinem Zweifel an der eigenen Position oder irgendeinem Bemühen, vielleicht zu verstehen, was nach Jahrzehnten der erdrückenden Vorherrschaft des linksliberalen Mainstreams denn gerade an einer Haltung wie der Mosebachs widerständig und also im Sinne des Büchner-Preises auszeichnungswürdig sein könnte. Nebenbei bemerkt: In der Literaturwissenschaft gibt es unterdessen Stimmen, die Georg Büchner von seiner einseitigen Inanspruchnahme durch eine bestimmte politische Richtung zu befreien versuchen (hier). Im Grunde ist es urkomisch, zu beobachten, wie auf der einen Seite der Vorwurf erhoben wird, ein Literaturpreis werde aufgrund der Kunst fremder Kriterien („Gesinnung“) vergeben und auf der anderen Seite ein Werk und eine Person aufgrund politischer Kriterien geradezu exekutiert wird.

Aber wer das nun bis zum Ende genau liest, macht eine interessante Feststellung: War zu Beginn noch qualifizierend, ergo einschränkend, die Rede von bestimmten Erscheinungsformen des Katholischen (“vorkonziliar“), so entfallen eben diese, nachdem sich Frau Löffler so richtig in Rage geredet hat: zum Ende wird bloß noch vom Katholizismus als solchem gesprochen: „Man sieht das sehr gut an der Wiederkehr des Katholizismus, das Feuilleton hat ja in gewissen Kreisen den Katholizismus wieder angenommen.“

Das, geschätzte Leserschaft, ist die Wirklichkeit, in der wir leben, wenn man genau hinschaut und das Aufheulen, als Erzbischof Gerhard Ludwig Müller von der „Pogromstimmung gegen Katholiken“ sprach, ist nur ein weiterer Beleg dafür. Womit wir es zu tun haben, ist nichts weniger als weltanschauliche Feindschaft, die sich ins Gewand des bloß Vernünftigen und „Zeitgemäßen“ kleidet und deswegen umso gefährlicher ist.

Und die erste Voraussetzung etwas dagegen zu tun, unsere Freiheit (und die anderer) zu verteidigen, ist, nicht gleich bis ins Mark zu erschrecken, wenn einer den Begriff „Feind“ auch nur in den Mund nimmt! Das spielt eben demselben nämlich in die Hände…

Aber damit will ich, angesichts des schönen Anlasses, nicht schließen. Wir wollten ja noch auf die Frage nach der „Provinz“ zurückkommen.

Der Preisträger, der sich, wie könnte es an der Wirkungsstätte des gebürtigen Frankfurters Goethe anders sein, Gedanken über den Weg von Frankfurt nach Weimar machte und darüber, wie er beide Städte empfindet, hat uns Weltkulturdörfler tüchtig provoziert, als er doch tatsächlich Weimar eine „puppenstubenhafte Geisterstadt“ nannte, in der es zu viele „Betten, in denen niemand mehr schläft und Tische, an denen sich niemand mehr zum Essen setzt“, gäbe! Da umwölkte sich die Stirn des ihm freundschaftlich verbundenen Präsidenten der Stiftung Weimarer Klassik für einen Moment und sehr zu recht!

Allein, wir sollten großzügig sein, denn wir mußten dem Schriftsteller nur weiter gut zuhören, wie er von der „Stadt ohne die Geistesriesen, die hier eigentlich um jede Ecke kommen müßten“ sprach.

Ja, verehrter Preisträger, aber was erzeugt denn dieses berechtigte Gefühl? Doch wohl nur die Tatsache, daß sie uns in dieser „Stadt von fast perfekter Schönheit“ (Mosebach) eben nicht eigentlich gestorben sind, die „Riesen“, daß sie in Weimar geistig überaus präsent sind (manchmal fast unheimlich präsent!) Jedenfalls können wir ihnen da doch ruhig ein bißchen Platz freihalten ‚in den Betten und an den Tischen‘, oder? 🙂

Hinsichtlich dieses Phänomens ist Weimar wahrscheinlich wirklich das Exempel und die Verkörperung der deutschen Stadt überhaupt, die, unabhängig von ihrer jeweiligen Größe (ich kenne noch viel kleinere) genau so funktioniert! Deutschland hat es eben nie von einer Zentrale her gegeben, viele kleine Höfe (nirgends mehr als in Thüringen) bzw. andere politische Einheiten haben ihre „Riesen“ oder zumindest „Größen“ hervorgebracht, bzw. zur Entfaltung kommen lassen und dort ist dann die Erinnerung an diese Persönlichkeiten gepflegt, ja, wie es so schön und richtig heißt, ‚lebendig erhalten‘ worden.

Und in diesem Sinne gibt es in Deutschland eben gar keine ‚Provinz‘, keine echte ‚Geistesferne‘!

Niemand hat etwas von Deutschland begriffen, der das nicht verstanden hat und es gehört zu den Elementen des Trostes, wenn einem wieder einmal bewußt gemacht wird: In vieler anderen Hinsicht können wir ihr nicht ausweichen, der ‚Provinz‘, bzw. der Provinzialität.

Weimar, Stadtschloß in der Abendsonne (eigenes Bild)

Gereon Lamers

PuLa-Reloaded: Der Zufallstreffer

Heute also der letzte der Texte, die sich mit unseren Freunden aus Qíjī cūn beschäftigen – der vorerst letzte… 😉

 

Freuen Sie sich auf: 

Der Zufallstreffer

Ein Sketch für zwei Personen 

Qíjī cūn, Studentenwohnheim. Am Morgen nach der Semester-Abschluß-Fête. Die Sommersonne versendet die ersten, sofort kräftigen Strahlen und kitzelt Shi Fu und Wang Peng hinter den fadenscheinigen Vorhängen an ihren Nasen. Langsam werden die beiden wach und wälzen sich noch ein bißchen in ihren Betten.

Shi Fu (noch ein wenig schlaftrunken): Wang Peng?

Wang Peng grunzt.

Shi Fu (schon wacher): Wang Peng! Höl mal! Wenn du jetzt hiel ein PuLa aufmachst…

Wang Peng: Ja? Was ist dann?

Shi Fu: Zu PuLa, da gehölen doch auch die Sketche!

Wang Peng: Ja klal! Und? Ich hab‘ da schon eine Idee!

Shi Fu (beugt sich über die Bettkante und blickt auf Wang Peng hinunter): Vielleicht wie Lang Tsu die Lechtsabteilung bemüht hat, um dem Altenheim das Gemälde des Heiligen Siding Zhao Long wiedel abzuknöpfen, das unsel altel Pliestel ihnen übellassen hatte?

Wang Peng (stützt sich auf die Unterarme, unternehmungslustig): Zum Beispiel. Odel daß sie den Pfallgemeindelat noch nachträglich etwas absegnen läßt, was sie im Kilchenvolstand beleits dulchgedlückt hat, wäle dann das nächste.

Shi Fu: Pel Umlaufbeschluß …

Wang Peng: … wo kaum jemand weiß, was das übelhaupt ist …

Shi Fu: … und natüllich noch viel wenigel, unter welchen Bedingungen und auf welchel Glundlage so etwas übelhaupt statthaft ist…

Wang Peng (läßt sich in die Kissen fallen): Es ist ein Elend!

Shi Fu: Abel, Wang Peng, wo sollen diese Sketche denn spielen?

Wang Peng (überlegt kurz): Na, am besten im Ausland. Dann kommt die Zensul vielleicht nicht so schnell dahintel.

Shi Fu: Wil könnten ja Weimal nehmen.

Wang Peng: Hätte was. Schließlich spielen die Weimalel Sketche ja gewissermaßen in Qíjī cūn.

Shi Fu: Echt, wieso?

Wang Peng: Ja! Wundelsdolf heißt übelsetzt Qíjī cūn, wußtest du das nicht?

Shi Fu: Nein! Das ist ja gloßaltig! Das ist ja sozusagen unsele gebolene Paltnelgemeinde!

Wang Peng: Sozusagen. (Er steigt aus dem Bett und sucht sein Waschzeug zusammen.)

Shi Fu: Abel, Wang Peng …

Wang Peng (dreht sich zu Shi Fu um): Was denn noch?

Shi Fu: Wang Peng, wie nennen wil denn Lang Tsu dann?

Wang Peng: Oh! Dalübel habe ich noch nicht nachgedacht.

Shi Fu: Ich meine, wie heißt man denn so in Thülingen? Als Flau?

Wang Peng (runzelt die Stirn): Puh! Das ist echt ein Ploblem. Das weiß ich noch nicht.

Shi Fu: Also – mal übellegen. Wie heißt denn zum Beispiel diese Ministelpläsidentin mit Volnamen?

Wang Peng (tritt an Shi Fus Bett): Liebelknecht.

Shi Fu: Nee! Das ist del Nachname!

Wang Peng: Stimmt! Die schleiben das ja andelslum. Dann – äh – Chlistine, glaube ich.

Shi Fu (klatscht in die Hände): Dann nennen wir Lang Tsu doch einfach Chlistine, und feltig die Laube.

Wang Peng (wendet sich zum Gehen): Bingo, Shi Fu! So machen wil das! Ich geh mich nul eben waschen, dann legen wil los! 

ENDE

Cornelie Becker-Lamers, Weimar 

Ja, so geht’s zu in Qíjī cūn! Was werden wir da wohl alles zu lesen kriegen? 😉

Bloß gut, daß bei uns in Weimar ja niemals jemand auf die Idee käme, den Pfarrgemeinderat auf schwankendem Grund längst Beschlossenes nachträglich noch schnell akklamieren zu lassen…

 

 

PuLa-Reloaded: Das Franchise-Modell

Der folgende Text erschien ursprünglich am 31. Juli 2013 als “Summer-Special-Sketchlet” und warum wir uns entschieden haben, gerade diese kleine China-Reihe in Gänze erneut zu bringen, das verraten Cornelie und ich im Anschluß; es haben sich jedenfalls noch mehr Aspekte “eingestellt”, als ursprünglich erwartet. 

Aber jetzt erst einmal viel Vergnügen mit:

Das Franchise-Modell

Ein Sketchlet für zwei Personen

Lange haben wir nichts gehört von unseren tapferen chinesischen Freunden aus Qíjī cūn, nahe Tianshui in der zentralchinesischen Provinz Gansu. Aber chinesische Studenten sind bekanntlich sehr fleißig und arbeitsam. Doch im Sommer entspannen auch sie etwas und widmen sich Dingen, die ein wenig außerhalb ihres alltäglichen Gesichtskreises liegen… 

Qíjī cūn, Studentenwohnheim. Im uns bereits bekannten Zimmer des angehenden Informatikers Shi Fu und seines Medienwissenschaften studierenden Zimmergenossen Wang Peng. Shi Fu kommt reichlich angetrunken von einer Semester-Abschluß-Fete nach Hause und findet seinen Zimmergenossen am Laptop sitzend vor.

Shi Fu (haut Wang Peng kräftig auf die Schulter): Wang Peng – hup! – altel Schwede – hup! – was – hup! – wasmachssu?

Wang Peng: Hallo Shi Fu, da bist du ja endlich! Gelade lese ich ein bißchen übel Thülingen.

Shi Fu: Thü – Thü – Thülingen? – hup! – Wo diese Ministelpläsidentin gelade hiel wal?

Wang Peng: Genau.

Shi Fu (schwärmerisch): Ihl Bild wal liiiiiiiiiiiiesengloß auf del Außenwand unseles Hölsaalgebäudes zu sehen (er beschreibt mit beiden Armen einen großen Kreis). Also ich fand sie unglaublich sympathisch!

Wang Peng: Hm. Ich fülchte, ihle Landeskindel finden sie gloßenteils nul noch unglaublich.

Shi Fu: Wie – hup! – wie kommssu dalauf? (Er liest über die Schulter von Wang Peng auf dem Bildschirm) „Das Bild des Plofessols zeigt „die Hiltin“ in dem Moment, als sie elfählt, daß del Vatel von Jesus nicht del Zimmelmann wal.“ – Hm!

Wang Peng: Ich glaube, sie hat gelade einen velmeidbalen Fehlel gemacht. – Abel das kliegt sie bestimmt wiedel hin! Eigentlich sitze ich gelade an unselem Blog …

Shi Fu: Oh nein! Ich gehe – hup! – ich geh ins Bett! (Er wendet sich ab.)

Wang Peng: Shi Fu! Walte! Schau kulz! (Er dreht seinem Freund voller Stolz den Bildschirm zu.)

Shi Fu (liest): „Die Glundvollzüge del Kilche – Leitulgia, Diakonia und Maltylia (Gottesdienst, Dienst an den Menschen und Zeugnis)“ … (er stöhnt) Das ist mil jetzt zu anstlengend.

Wang Peng: Was denn? Kanntest du die Glundvollzüge del Kilche?

Shi Fu (geht ins Bett): Natüllich! Aber vol allem kenne ich Leute, die ohne Glund volle Bezüge elhalten; hiel und andelswo… (Er zieht sein Hemd über den Kopf.)

Wang Peng: Abel guck doch mal hiel – es ging mil jetzt gal nicht um den Inhalt …

Shi Fu (tritt noch einmal an den Tisch) „Pulchla ut Luna. Katholisch in Qíjī cūn“ … (Er schaut Wang Peng verdutzt an) Was soll das denn?

Wang Peng (begeistert): Del Machel von PuLa hat sein Konzept als Flanchisemodell zul Velfügung gestellt. Übelall auf del Welt kann man jetzt Blogs wie PuLa einlichten.

Shi Fu (begreift): Nach dem PuLa-Motto: „Kosmisch glauben – lokal was tun“?

Wang Peng: „Kosmisch glauben – lokal was tun“ – genau! (Er strahlt.)

Shi Fu: Das ist natüllich eine sehl sehl gute Nachlicht! Abel schlafen muß ich jetzt tlotzdem.

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Ja, so geht’s zu in Qíjī cūn!

Bald werden wir hier ein wesel-tlich wesentlich näherliegendes Beispiel kennenlernen (müssen), wo ein „Franchise-PuLa“ dringend vonnöten wäre, aber das soll heute nicht die gute (Urlaubs-)Stimmung verderben!

PuLa-Reloaded: Der Weckruf

Ein Sketch für zwei Personen
(ursprgl. erschienen am 21.8.2012)

(Ein Studentenwohnheim in Qíjī cūn, nahe Tianshui in der zentralchinesischen Provinz Gansu. Shi Fu, seines Zeichens Student der Informatik, wälzt sich im Bett im erkennbaren Versuch weiterzuschlafen, während sein wißbegieriger Zimmergenosse am gemeinsamen Schreibtisch am Rechner sitzt und surft. Es ist 4.25 Uhr Ortszeit.)

Wang Peng (voller Begeisterung): Shi Fu! Wach auf, Shi Fu!

(Shi Fu grunzt, dreht sich auf die andere Seite und zieht sich das Kissen über den Kopf.)

Wang Peng: Schau doch! Shi Fu! Das mußt du lesen! (Er scrollt einen Text entlang und liest.)

Shi Fu (unter dem Kissen): Laß mich in Luhe!

Wang Peng (ermunternd): Shi Fu! Wofül intelessielst du dich eigentlich?

Shi Fu (resignierend): Fül meinen Nachtschlaf.

Wang Peng: „Schlafen kann ich, wenn ich tot bin“, hat Lainel Welnel Faßbindel einmal gesagt.

Shi Fu (setzt sich seufzend auf): Ich ziehe nie wiedel mit einem Medienwissenschaftlel in ein Zimmel. (Er fährt sich mit der Hand über die Augen.)

Wang Peng (grinst): Da wil uns das sowieso nicht aussuchen können, mach das Beste dlaus!

Shi Fu (richtet sich weiter auf, um auf den Bildschirm sehen zu können): Und jetzt liest du wohl gelade wiedel diesen Blog aus Deutschland?

Wang Peng: Du hast es elfaßt! Dolt ist es jetzt spät am Abend und sie stellen Texte ins Netz, bevol sie schlafen gehen.

Shi Fu (sinkt in die Kissen zurück): Na bitte! Nimm dil ein Beispiel!

Wang Peng (eifrig): Das ist hochintelessant, Shi Fu! Jetzt haben sie Wahlen. (Er scrollt und liest.)

Shi Fu: Walen? Was velkaufen sie denn?

Wang Peng: Nicht Walen – Wahlen! Man wählt! Sogal in del Pfallgemeinde! Ist das nicht ille?

Shi Fu: Echt wahl?

Wang Peng: Ja! Echt: Wahl!

Shi Fu: Und man bestimmt wilklich mit?

Wang Peng: Ich denke, so ist es gedacht. Abel das welden wil sehen. Deshalb lese ich ja „PuLa“.

Shi Fu: Ich weiß nicht, Peng … Diese ganzen ausländischen Angelegenheiten … Das ist uns doch alles flemd! Kümmel‘ dich liebel um Lang Tsu. Sie stand schon wiedel mit dem Kölbchen vol del Kilche und keinel von uns weiß, wo das ganze Geld bleibt!

Wang Peng: Abel Fu! Deshalb lese ich doch hiel, um helauszufinden, ob es das woandels auch gibt.

Shi Fu (setzt sich auf, plötzlich hellwach): Was sagst du da? Das geht vielleicht gal nicht bloß uns so?

Wang Peng: Ja, das glaub ich, Fu.

Shi Fu (blickt nachdenklich vor sich hin): Das ist ja elstaunlich …

Wang Peng: Shi Fu! Höl zu, Shi Fu! Laß uns auch bloggen!

Shi Fu: Bloggen – was bloggen?

Wang Peng (visionär): Na – unsele Situation schildeln – und uns mit andelen austauschen.

Shi Fu (skeptisch): Auf einem Blog? Wenn du uns da nicht mal gehölig was einblockst! All unsele Plobleme plötzlich weltweit im Intelnet … Ich weiß nicht …

Wang Peng: Abel Shi Fu! Sei nicht dumm! Das velstehen doch ohnehin nul die, die sowieso wissen, was los ist! – Denk doch mal an die Diplomalbeit von Shao Hi …

Shi Fu: „Technische Velfügbalkeit und soziale Lelevanz netzbasieltel plivatel Infolmationsangebote“?

Wang Peng: Genau! Und technische Velfügbalkeit und soziale Lelevanz sind eben nicht das gleiche.

Shi Fu: Soll heißen: Das lesen nicht Hundelte von Millionen von Intelnetnutzeln, bloß weil es dasteht?

Wang Peng: Genau! Deshalb wal ihle Ausgangsthese ja auch: Diese Blogs lesen nul die, die es angeht und die die Pelsonen kennen, von denen man schleibt.

Shi Fu: Abel du liest doch tlotzdem diesen Blog aus – wie heißt das?

Wang Peng: Weimal.

Shi Fu: Weimal. Stimmt.

Wang Peng: Ja, denn ihl Endelgebnis wal ja, daß man diffelenzielen muß. Elstens kann man auch übel unbekannte Pelsonen lesen, um Anlegungen zul Lösung del eigenen Plobleme zu bekommen – so wie ich das tue. Und außeldem gibt es natüllich Themen, die sind pel se von weltweitem Intelesse …

Shi Fu: Wie die Eine Katholische Kilche (er strahlt).

Wang Peng: Genau so ist es, mein liebel Fu! Und deshalb bleiben wil dlan.

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

PuLa-Reloaded: “Ich hatte eine Farm in Afrika”

Der folgende Text aus dem November 2014 verfügt nicht nur über eine heftige Dosis elegischer Musik, nein, er ist elegisch, in hohem Maße. Denn er führt uns erneut in die schlimmste Phase der Herrschaft der damaligen “Gemeindeleitung”, in der einfach alles passieren konnte – und man nicht nur nichts erfuhr, sondern für Fragen zu Dingen, die einen angingen auch noch vera…, veralbert wurde.
Das sollte in der Form, wie wir heute wissen, nicht mehr lange Bestand haben, aber die Personen, die uns damals die blöden und absichtsvoll irreführenden Antworten gegeben haben, sie sind alle noch da und machen weiter, mit dem,was sie immer gemacht haben, bzw. sie machen auch weiterhin nicht das, was sie tun müßten, und wofür sie bezahlt werden; von uns bezahlt werden. Und bei den Ehrenamtlichen kann man ja nicht mal auf den Eintritt des Ruhestands hoffen… 

Kurz: Einen Boni-Bus haben wir wieder, und das ist aller Ehren wert!, aber die lange Verlustliste wurde eben nicht in Angriff genommen, dafür haben die “also: Weimarer” „erfolgreich” gesorgt. Ebenso wie für die Verhinderung jeder echten Aufarbeitung. 

Der Text endet mit einem Zitat von Papst Benedikt im Rahmen seiner Deutschlandreise im Jahr 2011, unverändert in seiner Aktualität und sinngemäß vom Papa-emeritus gerade noch einmal bestätigt.

 Und Cornelie meinte, ich solle hier zum Schluß die Frage aufwerfen, wie er wohl, 12 Tage nach #TraditionisCustodes, seine persönliche “Verlustliste”, nach dem Regimewechsel im Vatikan betrachten mag. 

Und das ist nun wirklich ein Schluß, so elegisch, daß mir heute das sonst übliche “Enjoy” im Halse stecken bleibt, aber vielleicht haben Sie ja dennoch ein wenig Freude mit: 

Gereon Lamers

„Ich hatte eine Farm in Afrika“

„Ich hatte eine Farm in Afrika am Fuße der Ngong-Berge …“

… erzählt Karen Blixen.

und blickt gegen Ende ihres Lebens, wieder in Dänemark, wehmütig zurück auf ihren Verlust, wobei, nebenbei bemerkt, dieser Verlust viel zu tun hatte mit der erschreckenden und tieftraurigen moralischen Desorientierung der „besseren“ Kreise jener Jahre, als die Moderne-Besoffenheit erste traurige „Höhepunkte“ der „Befreiung“ zeitigte aber immerhin manchmal aus der Misere noch Literatur geboren wurde – vermutlich, weil sich die Menschen immerhin noch an anderes erinnerten. Heutzutage sind wir da natürlich „weiter“ und die Verwirrung hinsichtlich der  praktischen Folgen, gerade hinsichtlich der praktischen Folgen der Aufweichung des Eheverständnisses hat auch höchste Kirchenkreise erreicht, wie wir angesichts der jüngsten vorbereitenden Synode feststellen durften. Ja, wir sind wahrlich erheblich „weiter“… 🙁

Das elegische Schlußthema aus „Jenseits von Afrika“ paßt zum nun folgenden.

Aber bevor Sie jetzt meinen, ich wollte Kardinal Kasper u.a. empfehlen, Blixen zu lesen (obwohl das vielleicht am Ende keine so schlechte Idee wäre…), nein, nein, wir ‚bleiben bei unserem Leisten‘!

Das Tor zur Farm in Afrika? (Eigenes Bild)

Und schauen daher lieber auf das, was unsere Pfarrei Herz-Jesu-Weimar alles einmal hatte. Und das war einiges, von Literaturkreisen und Lateinkursen über Kinder- und Jugendchöre, professionellen Organisten und deren Studenten, überdurchschnittlich vielen Kantoren und Lektoren und jeder Menge netter Kinder und Jugendlicher, die gerne ministrierten.

Und – wir hatten einen Boni-Bus.

Ach so, Sie kommen nicht aus der mitteldeutschen (oder anderen) Diaspora und wissen daher nicht, was ein Boni-Bus ist? Na, dann müssen wir ein bißchen ausholen!

Ein „BONI-Bus“ des Bonifatiuswerkes (Foto: Klaus-Peter Semler)

Das ist ein Boni-Bus! Ein VW-Bus (es gibt auch Boni-Caddys, auch sehr hübsch!) in leuchtendem Gelb, der überwiegend, nämlich zu zwei Dritteln, finanziert wird von der Verkehrshilfe des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken:

„Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken unterstützt katholische Christen überall dort, wo sie in einer extremen Minderheitensituation, in der Diaspora, ihren Glauben leben.

Mit seiner Bau-, Verkehrs-, Kinder- und Glaubenshilfe fördert es Projekte in Deutschland, Nordeuropa und dem Baltikum.“

Genau so war das auch bei uns! Der Bus fuhr Jugendliche in die Bildungshäuser, (gelegentlich) Sternsinger in die Staatskanzlei, Ministranten ins Schwimmbad oder Pfadfinder ins Eichsfeld und und und.

Wir wollen jetzt mal davon schweigen, daß er für die „falschen Leute“ natürlich nie zur Verfügung stand, denn was nun geschehen ist, ist noch viel gravierender:

Der Bus ist nämlich weg!

Wirklich, wer schon seit längerem glaubt, ihn nicht mehr gesehen zu haben, der täuscht sich nicht:

Otto-Neururer-Haus ohne Boni-Bus (eigenes Bild)

Dort stand er jahrelang – und nun nicht mehr. Und fährt nicht mehr hier, in der Diaspora, herum und macht ergo auch keine Werbung mehr für „Katholiken unterwegs“; traurig eigentlich, oder?

Kaum mehr eine Spur („vestigia non cognoscentur“ , für Kenner 😉 ) (Eigenes Bild)

Da die jüngsten Protokolle des Pfarrgemeinderates, wenn sie nach ihrer „Absegnung“, d.h. meist Wochen nach der entsprechenden Sitzung, im Schaukasten hingen, allesamt keine Auskunft über eine etwaige Diskussion zum Thema Boni-Bus gaben, hat PuLa für Sie nachgefragt.

Wir haben in drei verschiedenen Situationen jeweils einzeln drei Gemeindemitglieder befragt, die entweder hauptamtlich in der Pfarrei beschäftigt sind oder in einem der wenigen verbliebenen Ehrenämter der Gemeinde einen theoretisch verantwortungsvollen Posten bekleiden.

Die Frage: „Was ist eigentlich mit dem Boni-Bus?“ lieferte folgende drei Antworten.

Antwort 1: „Der wird verschenkt – und ich könnte jemandem dafür [zensierter Kraftausdruck]!“

Antwort 2: „Der ist verkauft. Der war schon kaputt, wenn man die Fenster öffnen wollte, fielen sie raus. Der war schon alt. Der ist verkauft, an eine Gemeinde in Sachsen.“

Antwort 3: „Der ist weg. Den gibt’s nicht mehr. Das ist eine Sache, die muß man nicht verstehen, aber er ist weg. – Er war schon alt.“

Alles klar?

Klar ist jedenfalls (und das haben weitere Äußerungen von Leuten, die sein Fehlen jetzt ausbaden müssen, bestätigt!):

Der Bus wurde gebraucht!

Und klar scheint weiterhin, hier wurden, wieder einmal, einsame Entscheidungen getroffen.

PuLa ist ja bekanntlich kein Freund intensiver Gremienhuberei, aber das hätte nun einmal wirklich auch den PGR betroffen, denn hier geht es um ganz praktische pastorale Belange.

Den Kirchenvorstand sowieso, denn wer meint, der Bus, der tatsächlich ca. 10 Jahre alt gewesen sein muß, wäre nichts mehr wert gewesen, der irrt gewaltig! Jeder, der sich auch nur ein ganz klein bißchen auskennt, weiß ja ohnehin, daß der „Bulli“, wie er gern liebevoll genannt wird, also der VW-Transporter in seinen verschiedenen Ausprägungen, nichts weniger ist, als eine deutsche Auto-Ikone (gebaut seit 1948!!, vgl. hier) und von einem geradezu legendär hohen Wiederverkaufswert!

Wie sich  leicht auf verschiedenen Bewertungsportalen im Internet nachvollziehen läßt, war auch unser ehemaliges Exemplar sicher noch bis zu ca. 10.000 € wert! Da hätte man, um auf Antwort 2 einzugehen, ganz gewiß ein paar Fenster reparieren lassen können…

Tja, klar ist jedenfalls auch, von einem möglichen Verkaufserlös müssen, analog zur gesponserten Anschaffung, auch wieder Zweidrittel an das Bonifatiuswerk abgeführt werden, wer damit also u.U. irgendein Loch in der Kasse (es wird ja gerade mal wieder gebaut…) stopfen wollte, wird nicht soviel davon haben, denn das Bonifatiuswerk weiß natürlich von dem Verkauf (oder dem weniger wahrscheinlichen Verschenken). So wurde uns jedenfalls beim zweiten Anruf dort versichert (ob zwischen unserem ersten und unserem zweiten Anruf hier irgendwelche „Brände zu löschen“ waren, darüber wollen wir nicht spekulieren).

Weitaus schwerwiegender als diese finanziellen Fragen ist aber der Zweifel, ob es unter diesen Umständen mit Aussicht auf Erfolg möglich sein wird, erneut einen Boni-Bus zu beantragen! Denn die Pfarrei, die das Fahrzeug abgibt (egal, ob verkauft oder verschenkt), signalisiert damit aus Sicht des Bonifatiuswerks natürlich. „Wir haben keinen Bedarf (mehr)!“. Und das, so unsere Gesprächspartner dort, verringert natürlich die Chancen auf eine erfolgreiche Neubewerbung um eines der begehrten Fahrzeuge erheblich.

Hm, lassen wir einmal die letzten Jahre ausschnittweise an uns vorüber ziehen:

Kindergarten in Trägerschaft der Pfarrei – weg.

Jugendchor – weg.

Lateinkurs – weg.

Kinderschola – weg.

Literaturkreis – weg.

Orgelprofessor- weg.

Alte Beichtstühle – weg.

Viele Lektoren und Kantoren – weg.

„Zugezogene“ in den Gremien – weg.

Boni-Bus – weg.

Wie vieler Verluste bedarf es eigentlich, bis endlich jemand handelt?

Und was haben wir eigentlich dafür bekommen?!

Ach ja, einen neuen Fußboden und Kissen auf den Kirchenbänken, ich vergaß! 🙁

Irgendjemand hat dazu mal was gesagt, wer war das noch gleich?

Stimmt, der Papst:

„Viele Erleichterungen dürfen wir seitens der Kirche dankbar hervorheben, seien es neue Möglichkeiten der pfarrlichen Aktivitäten, seien es Renovierung und Erweiterung von Kirchen und Gemeindezentren, seien es diözesane Initiativen von pastoraler oder kultureller Art. Aber die Frage steht natürlich vor uns: Haben diese Möglichkeiten uns auch ein Mehr an Glaube gebracht? Ist der Wurzelgrund des Glaubens und des christlichen Lebens nicht tiefer als in der gesellschaftlichen Freiheit zu suchen? Viele entschiedene Katholiken sind gerade in der schwierigen Situation einer äußeren Bedrängnis Christus und der Kirche treu geblieben. Wo stehen wir heute?“

(Predigt von Papst Benedikt XVI. auf dem Erfurter Domplatz am 24.September 2011, Hervorhebungen von mir, vgl. hier und hier)

Ich habe das schon einmal geschrieben: Er hat von uns gesprochen!

Gereon Lamers

Eilmeldung: Benefizkonzert

Am heutigen Samstag Abend geben Professoren der Musikhochschule und andere Berufsmusiker und –musikerinnen ein Benefizkonzert in unserer Pfarrkirche Herz Jesu Weimar: Martin Sturm (Orgel) und Thomas Müller-Pering (Gitarre), Benedikt Blum (Gesang) und Franz Hofereiter (Violoncello), das Duo Moreno-Brümmer (Viola und Klavier) sowie Angela Kovac (Klarinette) spielen zugunsten der Flutopfer in Altenahr. Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende zugunsten der betroffenen Menschen gebeten – eine Spende, die auch überwiesen werden kann:

Um eine Platzreservierung wird über das Reservierungssystem der Homepage gebeten.

 

Cornelie Becker-Lamers

 

PuLa-Reloaded: Die unerhörte Kunde

Die unerhörte Kunde

Ein Sketch für fünf Personen

Wir schreiben das Jahr 1294. Gut 300 Jahre nach der erfolgreichen Erhebung der Liutizen und Abodriten gegen die fränkische Herrschaft haben Christianisierung und germanische Besiedlung der Gebiete zwischen Elbe und Oder wieder Fahrt aufgenommen. Überall im Land erfreut man sich einer regen und tatkräftigen Geistlichkeit, die in spiritueller Erfülltheit und mit viel körperlichem Fleiß die Urbarmachung des Landes wie der menschlichen Seelen vorantreibt.

Überall? Nein. Ein winziges Dörfchen, dessen Gründungslegendegeschichte von einem wunderbaren Fischfang aus der Stobrava erzählt, dümpelt in geistlicher Entwicklung und seelsorglicher Hinsicht ein wenig vor sich hin: Tschudowitz, heute bekannt unter seinem eingedeutschten Namen Wundersdorf im Oderbruch. Pfaffe Conradus von Mihildorpa, zur eigenen Reifung und Bewährung sowie zum Wohle der Christenheit auf Betreiben des Landgrafen Abrecht II. aus den lieblichen Thüringer Besitzungen des Bistums Mainz zum Dienst in die rauhe sächsische Ostmark entsendet, hat in Organisation und Aufbau einer christlichen Gemeinde keine glückliche Hand.

Wir treffen ihn, als er sich gerade in seiner Hütte seinen Haferschleim und einen Humpen Dünnbier servieren läßt. An seiner Seite Ortrud, die ihm einst versprochen hatte, sein Leben in die Hand zu nehmen. An der Tür der bucklige Labun, der Hochwürden Haus und Stall in Ordnung hält.

Es ist bitterkalt, die Christnacht ist nahe, als ein Bote aus der Bischofsstadt Brandenburg vor der priesterlichen Behausung von seinem dampfenden Pferd springt. Es ist Wigger der Gradlinige, als Brandenburger Mönch damals natürlich ein Prämonstratenser, den Conradus von einem kurzen Aufenthalt im Kloster her kennt.

Labun (kommt von der Tür herangehumpelt): Herr!

Conradus: Was ist?

Labun: Ein Bote, Herr! Ihr kennt ihn.

Conradus: Frohe oder böse Kunde?

Labun: Frohe, Herr!

Ortrud (unwirsch): Nun sag schon!

Labun (mit einer Verbeugung): Es ist Bruder Wigger der Gradlinige, ein Prämonstratenser aus Brandenburg.

Conradus (springt auf): Wie ich mich freue! Bruder Wigger! Herein mit ihm!

(Labun humpelt zur Tür und führt den Boten herein.)

Conradus (geht mit ausgebreiteten Armen auf Wigger zu): Wigger, mein Freund! Wie ist die Lage! (Die beiden umarmen sich.)

Wigger (verstört und abgehetzt): Bruder Conradus! Wie ich mich freue! Ich habe jedoch nicht lange Zeit. Ich bringe traurige Kunde!

Conradus (jovial): Das kann warten! (Zur Haushälterin, in abfälligem Befehlston): Hey! Bärin! Noch ein Bier für meinen Freund!

Wigger: (will sich kaum setzen): Ich muß noch weiter, Bruder Conrad, hab vielen Dank aber ich kann nicht rasten!

Conradus: Hoooo! Für ein Bier ist immer Zeit. (Er setzt sich und schiebt dem Gast einen Holzhocker hin.) Was bringst du für Neuigkeiten?

Wigger: Traurige, Conrad, traurige! Unser allerheiligster Vater und guter Hirte, Seine Heiligkeit Coelestin V., Papst der Christenheit und Bischof von Rom mit Sitz in Neapel ist vor einigen Tagen, am Fest der Heiligen Lucia, von seinem Amt ZURÜCKGETRETEN!  (Er birgt, übermannt von seiner Bewegung, sein Gesicht in den Händen. Dumpf) Schon wieder ist die Christenheit ohne Führung und ohne Oberhaupt.

Conradus (überrascht): Ohne Führung? Klingt gut! (Er schaut zu Ortrud hinüber, deren Gesicht in maliziösem Lächeln verzogen ist.)

Wigger: (heftig auffahrend): Conradus! Du Unheiliger! (sofort wieder leise) Oh! Verzeih mir, Bruder! Sicherlich nimmt nur der Schmerz dir die Herrschaft über deine Gedanken!

Conradus (beleidigt): Das will ich meinen. (Er hebt den Becher) Aber jetzt laß uns erstmal anstoßen, du bist ja völlig geschafft und brauchst Ruhe! (Er winkt der Haushälterin ungeduldig nach dem Bier, das sie Wigger nun bringt.)

Wigger: Ich kann jetzt nichts zu mir nehmen, Conrad, hab vielen Dank für deine Gastfreundschaft! Ich muß weiter – so vielen ist die Kunde noch zu überbringen. Ich will dir nur das bischöfliche Schreiben mit den Anordnungen für die kommenden Wochen verlesen und dann gleich nach Petershagen weiterreiten.

Conradus (runzelt die Stirn): Anordnungen?

Wigger (zieht eine Schriftrolle aus seiner Kutte, entrollt sie und beginnt zu lesen): Wir, Bischof Dietrich von Brandenburg, gottesfürchtigster Diener und …

Conradus (ungeduldig): Jajaja – nun sag schon, was will er?

Wigger (irritiert): Du sollst eine Messe lesen, eigens wegen des Rücktritts seiner Heiligkeit Papst …

Conradus: Jajaja, ist ja schon gut. Wie – Messe? Das machen wir doch schon jede Woche ein paarmal!

Wigger (zieht die Augenbrauen hoch): Du solltest täglich eine Messe zelebrieren, Bruder, das weißt du. Und diese hier für den Papst noch einmal gesondert.

Conradus (auffahrend): Zusätzlich? Und das im Advent? Weißt du, wo mir der Kopf steht? Wieviel zu tun ist in einer Gemeinde, die ein so großes Gebiet umfaßt? Ihr in euren Klöstern habt ja keine Ahnung! Wenn ihr wüßtet, was hier täglich los ist!

Wigger (kühl): Also – seit ich hier bin, finde ich es ziemlich ruhig. Keine Kranken vor der Tür, keine Bettler und keine weinenden jungen Mütter. Und du hast Hilfe und Bedienung (er sieht sich um und nickt Labun und der „Bärin“ zu. Auf Ortrud bleiben seine Augen voll Mißtrauen haften.) Ich denke, du kannst das leisten!

Conradus: Du hast recht, die Leute habe ich mir in mühsamer Kleinarbeit vom Hals geschafft. Und du hast abermals Recht: Ortrud hilft mir kräftig dabei (er grinst die ihn holdselig anblickende Ortrud an. Die beiden Hausangestellten scheint er überhaupt nicht zu bemerken.) Aber dennoch: Eine Messe zusätzlich? Wann soll das gehen? Die Leute arbeiten über Tag!

Wigger (mit Nachdruck): Eine Messe ist auch gültig, wenn du sie alleine zelebrierst, wie oft soll ich dir das noch sagen?! Außerdem werden die Menschen schon kommen, wenn sie den Anlaß erfahren, die besondere Meinung – und wenn du früh genug liest. Um 5 oder 6 Uhr.

Conradus (mit erstarrtem Gesicht): Um um um 5 Uhr? Früh? Äh … äh … natürlich, Bruder Wigger, ich will sicherlich für alles sorgen. Nun spute dich, daß du nach Petershagen kommst, es wird rasch dunkel jetzt.

Wigger (erhebt sich und legt ein kleines Pergament auf den Tisch): Hier sind die Gebete und der liturgische Ablauf für diese besondere Messe. (zugewandt und eindringlich zu Conradus) Du mußt es schaffen, Conrad! Ermanne dich! Wir haben ein wichtiges Amt! Es geht sogar noch um mehr als nur um die Menschen um dich herum! (Er verabschiedet sich durch ein Kopfnicken von allen im Raum und wendet sich zum Gehen. An der Tür): Gott zum Gruß, Conradus. Und laß die Kinder, wenn sie mit diesen ausgestopften Schweinsblasen herumkicken, nicht immer „Thor, Thor, Thor“ rufen, das ist unchristlich! (Er geht und hinterläßt betretenes Schweigen).

Ortrud (greift sich das Pergament): Dann wollen wir mal sehen! (Sie liest und kichert.)

Conradus (brütet schlecht gelaunt vor sich hin): NOCH eine Messe! Ich denke überhaupt nicht daran! Wegen einem Papst! Pff! In Rom oder Neapel oder wo dieser jetzt gerade wohnte. (In Aufruhr) Der tut doch auch nichts für mich!

Ortrud (legt ihm besänftigend die Hand auf den Arm): Du hast vollkommen Recht, mein Lieber, das machen wir natürlich NICHT mit! – Was hat dir der Bischof eigentlich zu sagen? Du bist hier der Pfarrer! Und Dietrich ist nicht einmal bestätigt. (Listig) Er wird nicht wagen, dich zu ermahnen (sie lächelt höhnisch.)

Conradus (schiebt sein Essen weg): Der Appetit ist mir jedenfalls gehörig vergangen! (Er steht auf) Laß uns ein Stück gehen! Das wird uns gut tun! (Laut) Bärin! Meinen Pelz!

(Die Haushälterin bringt dem Pfarrer seinen Mantel von einem Haken an der Wand und hilft ihm hinein. Ortrud nimmt ein dickes Wolltuch um und gemeinsam mit Conradus verläßt sie das Haus. Labun und die Bärin blicken sich an.)

Die Bärin (ernst): Das ist nicht gut!

Labun (nickt ernst): Ja, Bärin, das ist es nicht! Gott vergebe uns!

Die Bärin (packt einen Korb mit Lebensmitteln und Kräutern): Achte jetzt auf das Feuer, Labun. Ich will die alte Notburga pflegen gehen. Sie wird sterben, und ob der Pfarrer sie besuchen wird? (Sie geht hinaus. Labun bekreuzigt sich und bleibt sinnend am Feuer zurück.)

 

ENDE

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

PuLa-Reloaded: Der Fang, eine Fischergeschichte

Haben Sie sich schon jemals gefragt, warum Wundersdorf eigentlich Wunders-Dorf heißt? Vielleicht, weil es da wunderlich zugeht? Nein, weit gefehlt! Heute wird auf PuLa das Geheimnis gelüftet: Meine Damen und Herren, die Gründungslegendegeschichte von Wundersdorf:

Der Fang

Ein Sketch für zwölf Fischer und einen Mönch

Nach dem aufregenden Gleichnis, das Merten der Mönch den Fischern am seichten Ufer der Stobrava erzählt hat, haben sich die Männer wieder beruhigt und sind, nach dem Beispiel der Jünger in der Bibel, wieder fischen gegangen. Die Netze wurden voll, und als sie die Fische an Land gezogen und gezählt haben, sind es einhundertzweiundfünfzig.

Faske: Hohoooo! Einhundertzweiundfünfzig Fische!

Selmer (hat noch einen Fisch in der Hand): Hier, Faske, einer ist euch aus den Netzen gesprungen. Der gehört auch noch dazu.

Faske (sauer): Wenn du nicht immer alles besser machen kannst! Hundertzweiundfünfzig habe ich gesagt und dabei bleibt es.

(Es donnert und blitzt) Eine Stimme: Hundertdreiundfünfzig ist richtig.

Die Fischer blicken sich erschrocken um und suchen den, der da gesprochen hat. Nur Merten und Selmer schauen zum Himmel, das Gesicht voll Ruhe und Zuversicht.

Selmer: 153, weil es 9 x 17 ist?

Die Stimme: Nein, weil es 1³ + 5³ + 3³ ist. Es ist ein Bild für die Dreifaltigkeit!

Selmer (überschlägt rasch die Summe, erfüllt): Stimmt! Das ist großartig! Ich danke dir, HErr.

(Er kniet sich etwas abseits auf die Erde, das Gesicht nach Osten gewandt, und beginnt zu singen.)

Selmer: Und in Gewittern von den Bergesspitzen/ Der Herr die Weltgeschichte schreibt mit Blitzen,/ Denn seine sind nicht euere Gedanken.

Die Fischer (derweil in heller Aufregung, durcheinander): Ein Wunder! – Ein Wunder ist geschehen! – Wir haben so unglaublich viel gefangen und, und Seine Stimme hat zu uns gesprochen! – Hier ist ein Wunderort! – Ein Wunderort! – Laßt uns hier einen Altar bauen und eine Kapelle! – Wundersdorf!

Faske (ist die ganze Zeit über muffig und ungerührt geblieben. Mit Blick auf Selmer zu Merten): Oh, Mann! Geht der Typ mir auf die Nerven! DEN dürfen wir doch aber wenigstens rausschmeißen, oder?!

Merten: Nein, Faske, keinen!

 

ENDE

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar

 

Tja, der Rest ist Geschichte!

Und übrigens ist damit auch endlich die lange Spekulation über die Bedeutung der Zahl von gerade 153 Fischen in Joh 21, 11 beendet;

Ex oriente lux! 😉

PuLa Reloaded: Das Gleichnis. Eine Fischergeschichte

Am Freitag, dem 16. Juli 2021 hat Papst Franziskus ein Motu Proprio mit dem Incipit „Traditionis Custodes“ erlassen. Darin hebt er explizit das Motu Proprio seines Vorgängers, Benedikt XVI, aus dem September 2007, „Summorum pontificum“, das Messen im vetus ordo ausdrücklich wieder für alle interessierten Gläubigen ermöglichte, auf. Und er fordert die „Hüter der Tradition“ (so die Übersetzung des Texttitels), also die Ortsbischöfe auf, nur noch unter sehr restriktiven Umständen die weitere Zelebration in dieser Form zuzulassen. Zusammen genommen mit dem weltweit nicht nur als harsch und ungerecht, sondern als wirklich grausam empfundenen Begleitbrief wird deutlich, daß sich in Rom für den Moment diejenigen durchgesetzt haben, die die ‘Alte Messe’ hassen und ihr Absterben wünschen.

Umfragen im Vorfeld, die diese Entscheidung motiviert haben sollen, blieben bisher unveröffentlicht, so daß nur Gerüchte die Runde machen, welche Stimmen aus welchen Ländern den Papst vor allem zu diesem Schritt bewogen haben mögen, der so viele Gläubige derzeit ihrer Fassungslosigkeit überläßt.

PuLa bedauert die Entwicklung sehr und sieht darin gerade nicht den behaupteten Weg zu einer größeren Einheit der Kirche. Aber man hörte ja auch zu Regierungszeiten Benedikts XVI. bereits, daß der Papst unter Druck stehe – ein Druck, dem er acht Jahre lang standhielt und schließlich zurücktrat.

Schon dieser Rücktritt hat besonders Gereon damals sehr mitgenommen und wir haben daraufhin drei aufeinander aufbauende Erzählungen unserer Wundersdorfer Freunde für Sie, liebe Leserschaft, niedergeschrieben. Heute und in den folgenden beiden Tagen möchten wir Ihnen diese Sketche aus gegebenem Anlaß in der Reihe PuLa Reloaded in Erinnerung rufen.

(Wie immer spiegeln die originalen Texte natürlich auch unsere damalige Situation vor Ort wider.)

Freuen Sie sich daher heute auf “Das Gleichnis. Eeine Fischergeschichte”, morgen auf “Der Fang. Eine Fischergeschichte” und übermorgen auf “Die unerhörte Kunde”!

Cornelie Becker-Lamers & Gereon Lamers

Und wenn wir Ihnen auch heute mit diesen Geschichten ‘Viel Vergnügen’ wünschen, dann meinen wir das ganz ernst, trotz der durch dieses unselige Dokument nochmals verschlimmerten Lage, in der die Kirche sich befindet.
Der ‘Liturgische Bürgerkrieg’ der damit völlig ohne Not erneut vom Zaun gebrochen wurde, wird selbstverständlich Anfang des 21. Jahrhunderts noch viel weniger, sehr viel weniger!, als vor 50, 60 Jahren das Ende der Messe in ihrer ehrwürdigen, überlieferten Form herbeiführen! Aber dieser “Krieg” wird nicht bloß viel Leid bringen, nein, er wird vor allem viel Kraft an der ganz falschen Stelle binden, denn, worauf gerade Kardinal Zen auf seinem Blog hingewiesen hat, das eigentliche Problem ist doch, daß die Menschen nicht mehr in die Messe gehen, egal in welche Form!
Und wer meint, in dieser Lage (die Mitte der Sechziger-Jahre so nur von ganz wenigen, wie einem gewissen Joseph Ratzinger, z.B., geahnt wurde) könnten wir es uns leisten, weltweit den wohl jüngsten!, eifrigsten, ja feurigsten Teil der Kirchenbesucher zu Bürgern zweiter Klasse zu erklären, dem kann ich wirklich nicht mehr helfen – und wenn er der Papst wäre.

Gereon Lamers

Aber jetzt, Enjoy: 🙂

 

Das Gleichnis, eine Fischergeschichte
(1. März 2013)

Den gestrigen sehr emotionalen Tag habe ich versucht zu verbringen, wie es sich für einen katholischen Blogger ziemt: Erst den Abflug von Papst Benedikt aus dem Vatikan per Twitter verfolgt (und wer immer meint, ein solch technisches Medium eigne sich nicht, Emotionen hervorzurufen, hat es nur noch nicht mit dem richtigen Anlaß versucht: Der letzte Benedikt-Tweet von 17.00 Uhr war herzerreißend…), dann in die Messe im Erfurter Dom ab 18.00 Uhr. Ein ordentliches Pontifikalamt mit allen „verfügbaren“ Geistlichen, die Predigt hat unser Altbischof Dr. Wanke gehalten.

Erfreulicherweise war ich lange nicht das einzige Weimarer Gemeindemitglied, das offenbar das Bedürfnis verspürte, an diesem Abend nicht allein zu sein, sondern im Kreis anderer Glaubender an den scheidenden Papst zu denken und ihm zu danken.

Freilich, es blieb einem Weimarer Katholiken mit diesem Wunsch auch nicht viel anderes übrig, denn einen besonderen Gottesdienst in unserer Pfarrkirche gab es nicht. Warum auch, ist ja nur der Papst, wenn man schon nicht hingeht, wenn er kommt, warum was machen, wenn er geht? Nur so nebenbei: In anderen (kleineren) Thüringer Gemeinden gab es solche besonderen Messen sehr wohl! Ach, Sie meinen, auf der Homepage stehe auch nichts? Ja, das stimmt, da ist man hier konsequent. Anderswo in der mitteldeutschen Diaspora sei das aber anders? Ja, das stimmt wohl auch!

Naja, bevor wir in Melancholie versinken, dem emeritierten Papst geht es gut, er liest, wie man hört, Urs v. Balthasar und das letzte, was er sich von uns wünschen wird, wäre Passivität, nicht wahr?

Daher beginnen wir heute auf PuLa ein neuartiges Format: Literarische Texte, die in einer Reihe aufeinander aufbauen. Freuen Sie sich auf einen ganz besonderen Besuch in Wundersdorf…

GL

Das Gleichnis

Ein Sketch für zwölf Fischer und einen Mönch

Wundersdorf im Oderbruch. – Halt! Falsch! Die Stelle, an der einmal das Haus Markt 6 in Wundersdorf/ Oderbruch stehen wird. Direkt neben der Durchreiche zur Küche. An einer seichten Stelle der Stobrava (heute der Stobber geheißen) sitzen im Kreis Faske, genannt der Starke, außerdem Balyschk und Jander, der kleine Jelatz, Halatze und Gulicke, die beiden Milchgesichter, Kalatz und Tzizik, Kosse, Loske und der eitle Krull. Sie alle fristen ihr Leben durch Fischerei und gehören zum Stamm der Liutizen, und Faske der Starke war selbst dabei, als man im großen Wendenaufstand die verhaßte ottonische Herrschaft abschüttelte, die Bischöfe von Havelberg und Brandenburg vertrieb (die fürderhin als sogenannte Titularbischöfe ihr Leben außerhalb Ihrer Besitzungen zubringen mußten) und dem „germanischen Spuk“ ein für allemal ein Ende gemacht zu haben glaubte…

Mit anderen Worten: Man schreibt das 22. Jahr der glorreichen Regierungszeit Drahomírs des Befreiers.

Wie bitte? Ach so: Für uns Christen gesagt, das dritte Jahr der Regierungszeit Heinrichs II.

Na gut, na gut: Das Jahr des Herrn 1005.

Es sitzen also elf sehnige Fischer um ein Lagerfeuer und lauschen den klugen Worten eines hageren Mönchs. Der Merten hat nämlich bleiben dürfen, damals, als man die Christen eigentlich alle rausgeschmissen hat. Der Merten hat bleiben dürfen, weil er so schöne Geschichten kennt, immer Streit schlichtet und außerdem total gut mit Pferden kann. Etwas abseits übrigens, aber nicht minder beteiligt Selmer, ebenfalls Fischer, aber ein bißchen anders als die andern.

Merten: Da lagen also zwei Boote am Ufer, und weil so viele Menschen hören wollten, was er sagt, stieg Jesus in eins der Boote und unterrichtete sie vom Wasser aus.

Kosse: Und er trieb nicht ab?

Merten: Nein. Er trieb nicht weiter ab, sondern kam wieder an Land und sagte dann zu Simon, er soll nochmal rausfahren ins tiefe Wasser und die Netze auswerfen.

Jelatz: Aber sie haben doch die Netze gerade schon saubergemacht.

Merten: Du hast gut aufgepaßt, Jelatz. Genau das sagte Simon auch: Wir haben die ganze Nacht gefischt und nichts gefangen.

Balyschk: Und dann?

Merten: Dann sind sie natürlich doch rausgefahren, weil ja Jesus es gesagt hatte, und siehe da: Sie haben so viele Fische gefangen, daß sie dachten, die Netze halten nicht.

Gulicke: Ou! Das ist ganz gefährlich! Das ist meinem Großvater mal …

Die andern Fischer: Pscht!!!

Tzizik: Das hast du uns schon tausendmal erzählt!

Merten: Sie haben die Freunde im andern Boot zu Hilfe gerufen und haben dann die Netze in beide Boote ausgelehrt und da waren beide Boote so voll bis zum Rand, daß sie fast sanken.

Gulicke (brummelt leise vor sich hin): Wie bei meinem Großvater …

Loske: Ach! Das wünsch ich mir auch mal! So viele Fische, daß man sie kaum heimschleppen kann!

Halatze: Einmal richtig satt zu essen!

Merten: Wer weiß? Vielleicht hat es auch sein Gutes, daß man nicht von allem zu viel hat?

Faske (poltert los): Was soll das denn heißen?

Merten: Vielleicht kommt eine Zeit, in der die Menschen so viele Fische fangen, daß sie wieder welche ins Meer zurückwerfen?

(Die Fischer schütten sich aus vor Lachen.)

Balyschk: Hör mal, du Mönch, übertreib’s nicht, sonst schicken wir dich doch noch fort, dann kannst du andern deine Schauermärchen aus der Zukunft erzählen.

Selmer (von abseits): Vielleicht hat er Recht?

Faske: Was weißt du denn schon, du Träumer?

Merten: Ruhig! Nicht streiten! Ich freue mich, daß ihr euch so etwas gar nicht vorstellen könnt. Der Fischfang ist nämlich ein Bild für die Gemeinde.

Loske: Hä?

Gulicke: Wie: „Bild“?

Merten: Na, man erzählt von einer Sache und meint damit eine andere, mit der es sich ähnlich verhält.

Jelatz: Versteh ich nicht!

Halatze: Warum erzählt man nicht gleich die andere?

Merten: Weil die vielleicht nicht ganz so leicht zu akzeptieren ist. Hört zu: Als die Jünger so viel gefangen haben, sind sie ganz erschrocken, weil sie erkennen, wie mächtig Jesus ist. Und Simon wirft sich zu seinen Füßen und sagt: Herr geh weg von mir, denn ich bin ein sündiger Mensch.

Balyschk: Ja!

Merten: Aber Jesus geht nicht weg. Im Gegenteil. Er nimmt sie mit sich mit und sagt: Von nun an werdet ihr Menschen fischen.

Jander: Ui!

Merten: Ja, und deshalb ist es mit den Menschen wie mit den Fischen. Habe ich es richtig verstanden: Ihr würdet niemals Fische aus dem Netz zurück ins Meer werfen?

Die Fischer (tumultuös): Niemals! – Wie blöd kann man sein? – Der Loske vielleicht … – Jeder Fisch ist besser als nichts, wenn man Hunger hat! – Was die Götter, äh Gott geschenkt hat muß man achten!

Merten: Gut! Dann werdet ihr auch keinen Menschen aus eurer Gemeinschaft ausschließen oder jemanden wieder fortschicken, der zu eurer Gemeinschaft dazustoßen will!

(Die Fischer schauen Merten entgeistert an. Es ist totenstill.)

Faske (nach einer Weile): Aber welche von den Hevellern doch!

Gulicke: Genau, die Heveller aus dem Westen!

Tzizik: Aus Poztupimi! (schnaubt verächtlich)

Merten: Auch die Heveller nicht.

Balyschk: Aber die Sachsen und die Franken oder die … die Bajuwaren.

Jander: Na, von so weit wird schon keiner kommen!

Merten: Niemanden, der in friedlicher Absicht und vielleicht gar mit seiner Familie kommt. Ihr sollt keinen ausschließen! Jeder Mensch hat seinen ganz besonderen Wert.

(Die Fischer schauen vor sich hin, überlegen, kratzen mit einem Stock im Sand etc.)

Selmer (abseits): Oh Täler weit, oh Höhen, oh schöner grüner Wald!

Merten: Was singst du da, Selmer? Das ist hübsch!

Faske: Laß den! Der spinnt!

 

FORTSETZUNG FOLGT

 

Cornelie Becker-Lamers, Weimar